Klimaschutz und Weidehaltung vereinbaren: Ein Versuch
In Elsfleth startet das Pilotprojekt "Green Moor" zur Wiedervernässung von Moorböden - zusammen mit Landwirten, die dort Kühe halten und vom trockenen Boden abhängig sind. Klimaschutz und Weidehaltung sollen unter einen Hut gebracht werden.
Die Kuhweiden in der Wesermarsch sind nass wie lange nicht mehr. Teilweise gleichen sie einer Seenlandschaft, so viel hat es geregnet. Ausgerechnet jetzt startet das Grünlandzentrum e.V. ein Pilotprojekt, um Wasser in die Weideböden einzustauen. Das Landwirtschaftsministerium fördert das Projekt mit 400.000 Euro.
Nasser Moorboden speichert CO2 - Kühe brauchen trockenen Boden
Was viele nicht wissen: Unter den saftigen Wiesen befindet sich metertiefer Moorboden. Und der speichert viel schädliches CO2. Aber nur, wenn er nass ist. Trockenes Moor gibt das Klimagas ab und trägt damit zur Erderhitzung bei. Allerdings werden die Weiden seit Jahrhunderten entwässert, damit dort Kühe grasen können - mit entsprechenden Folgen für das Klima. Der Versuch soll nun klären, wie viel Wasser in die Böden eingestaut werden kann, sodass Viehhaltung dort gerade noch möglich ist.
Langfristiger Blick auf Wesermarsch
Es mag auf den ersten Blick paradox erscheinen, dass das Projekt ausgerechnet jetzt startet, wo die Wesermarsch gerade nahezu absäuft. Aber hier werden grundsätzliche Fragen geklärt, wie Arno Krause vom Grünlandzentrum sagt: "Wir müssen auf eine Region Wesermarsch gucken, nicht wie sie heute aussieht, sondern auch, wie sie in 30 Jahren aussieht. Wir haben ja klimatische Veränderungen vor uns. Wir sehen zukünftig im Sommer auch wieder staubtrockene Flächen."
Klimaschutz und Weidehaltung: Geht das zusammen?
Milchbauer Dirk Hansen aus Elsfleth stellt für den Versuch siebeneinhalb Hektar Fläche zur Verfügung: viereinhalb zur Wiedervernässung, drei bleiben zur Kontrolle so wie sie sind. Dabei ist Hansen einer der großen Kritiker der Moorvernässung. Sein "Großvater würde sich im Grabe umdrehen", wenn der wüsste, dass jetzt Wasser aufgestaut werden soll, sagte er vor genau zwei Jahren zum NDR. Inzwischen ist er aber bereit zu gucken, ob Klimaschutz und Weidehaltung unter einen Hut gebracht werden können: "Wir hatten ja auch schon Zeiten, da war es viel zu trocken hier in der Wesermarsch. Weil hier das Wasser auch immer abgepumpt wird. Im Sommer könnte man es höher lassen. Da können wir ruhig mal eine Ecke nehmen und das probieren."
Bauern können von Wiedervernässung profitieren
Auch wenn das Projekt vordergründig dem Klimaschutz dienen soll, könnten die Bauern am Ende profitieren. Zwar ist es dieses Jahr - zumindest aktuell noch - viel zu nass. Aber nach Prognosen von Klimaforschern wird das nicht so bleiben. 2022 und 2023 war es viel zu trocken. Zwei extreme Dürrejahre in Folge - und das wird Voraussagen zufolge immer häufiger passieren.
Dürren bedrohen Weidehaltung in Deutschland
Krause spricht deshalb nicht nur von Klimaschutz, sondern auch von einem neuen Wassermanagement, das für die Weidehaltung zwingend notwendig sei: "Wir erwarten Mitte des Jahrhunderts bis zu drei Dürreereignisse pro zehn Jahren. Und der Boden braucht bis zu drei Jahre, um sich von so einer Dürre zu erholen. Das heißt, die Böden können sich dann gar nicht mehr nachhaltig erholen." Deshalb unterstützt auch die Ammerländer Molkerei das Projekt, stellt die Bewässerungsanlagen und Messgeräte zur Verfügung. Denn die Molkerei setzt auf Weidehaltung. Das ist ihr Markenkern.
Ziel: Win-win-Situation für Klima und Milchbauern
Hansen bleibt skeptisch. Für ihn ist es wichtig, dass er weiterhin seine Kühe auf die Weide treiben und dass er Heu ernten kann. Aber er ist bereit, den Versuch ergebnisoffen zu begleiten. Im besten Fall wird es eine Win-win-Situation. Für das Klima und die Milchbauern.