Kabinettsklausur: Land will Bürokratieabbau vorantreiben
Die Landesregierung hat in Salzgitter beschlossen, Abläufe, Genehmigungen und den Datenaustausch zu vereinfachen, und durch bessere Kommunikation mehr Vertrauen in die Demokratie schaffen
Nach der zweitägigen Kabinettsklausur in Salzgitter haben die Ministerinnen und Minister heute in Hannover die Ergebnisse der Kabinettsklausur vorgestellt. Ministerpräsident Stephan Weil und der Rest der niedersächsischen Minister haben beschlossen, Bürokratie abzubauen. Zuletzt hatte sich zum Beispiel der Ausbau erneuerbarer Energien in Niedersachsen verlangsamt. Der Branchenverband hatte moniert, dass das an komplizierten Genehmigungsverfahren liege.
"Schneller, einfacher, günstiger"
Und genau solche Prozesse will die Landesregierung in Niedersachsen vereinfachen. Denn hinter vielen Regelungen stehe "zwar eine gute Absicht", aber es seien einfach zu viele, hatte Weil zum Auftakt der Kabinettssitzung gesagt. Und sie schaden der Wirtschaft. Deswegen sollen zum Beispiel bei Infrastrukturprojekten wie dem Bau von Brücken und Straßen Anwohnerinnen und Anwohner sowie Umweltverbände früher einbezogen werden. So sollen Konflikte und zeitintensive Klagen vermieden werden. Daneben sollen Fristen verkürzt und Anhörungen gebündelt werden. "Anstelle maximaler Risikovermeidung soll zukünftig stärker Wert gelegt werden auf zügige Erledigungen", sagt Weil.
Einfachere Behördengänge dank Digitalisierung
Der Abbau von Bürokratie soll auch allen Bürgerinnen und Bürgern zugute kommen, die etwa Anträge an Behörden stellen. Dabei müssen sie bei jeder Behörde die gleichen Daten immer wieder angeben - und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Daten abgleichen und prüfen. In Zukunft sollen die Daten digital zwischen den Behörden ausgetauscht werden. Das spart Zeit und Arbeit. Besonders wichtig, da wegen des Fachkräftemangels die Behörden dünn besetzt sind. Alle Ministerien sollen im kommenden Jahr Vorschläge sammeln, wie Bürokratie abgebaut werden kann. Ab 2025 sollen die Änderungen dann umgesetzt werden.
Besser kommunizieren – Demokratie stärken
Angesichts der steigenden Umfragewerte der Alternative für Deutschland will die Landesregierung das Vertrauen in die Demokratie stärken. Denn das habe unter den globalen Krisen und auch Problemen vor Ort gelitten. Die Menschen seien verunsichert, sagt Weil. Dafür haben sich die Ministerinnen und Minister mit dem Kommunikationswissenschaftler Lars Rademacher von der Hochschule Darmstadt ausgetauscht. Er hat ihnen drei Tipps gegeben:
- Den Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern suchen, zu den Menschen aufs Land oder in die Stadt fahren, Dorffeste besuchen und in Betriebe und Sportvereine gehen
- Soziale Medien nutzen, um die Reichweite der Inhalte der Landesregierung zu erhöhen; über Plattformen wie Instagram und Tiktok vor allem junge Menschen adressieren
- Den Dialog mit den Menschen suchen, die das Vertrauen in die Demokratie verloren haben; sich dem Konflikt mit Vertretern der AfD stellen, da diese ansonsten immer das Argument in der Tasche hätten, dass demokratische Rechte nicht für sie gelten würden.
Kultusministerin Hamburg will Sozialindex einführen
Auf der Kabinettsklausur ging es am Rande auch um weitere Themen. So will die Kultusministerin und stellvertretende Ministerpräsidentin Julia Willie Hamburg will einen Sozialindex für Schulen in Niedersachsen einführen. In Zukunft soll dann zum Beispiel geschaut werden, wie viele Schülerinnen und Schüler einen Förderbedarf haben, keine Muttersprachler sind oder aus schwierigen Verhältnissen kommen. Die Schulen sollen dann mehr Geld und Personal bekommen. Dazu will Hamburg den Lehrermangel angehen: "Wir haben in den nächsten Jahren mit erheblichen Personalabgängen zu rechnen", warnt Hamburg.
CDU-Chef Lechner kritisiert fehlende Maßnahmen
Kritik an den Ergebnissen der Kabinettsklausur kommt von der CDU. Landtags-Fraktionsvorsitzender Sebastian Lechner kritisiert, dass der Abbau von Bürokratie zu lange dauert und zu spät komme. "Meine Erwartung ist aber, dass eine Landesregierung, die ihr Amt antritt, eine Vorstellung davon hat, wie sich Niedersachsen zu einem modernen Staat entwickeln soll." Er glaube nicht, dass die rot-grüne Koalition die Planungsprozesse beschleunigen könne. "Nicht eine konkrete Maßnahme konnte die Landesregierung heute präsentieren, obwohl sie die Amtsgeschäfte vor rund 15 Monaten übernommen hat." Die AfD-Landtagsfraktion kritisiert den Sozialindex. Lehrkräfte, die an Brennpunktschulen zusätzlich eingesetzt werden, würden an anderer Stelle fehlen.