Erste Bezahlkarten an Geflüchtete in Niedersachsen verteilt
Die Landesaufnahmebehörde in Braunschweig hat am Montag die ersten Bezahlkarten an Geflüchtete ausgegeben. Etwa 140 Menschen sollen sie in dieser Woche erhalten. Kritik kommt weiter vom Flüchtlingsrat Niedersachsen.
"Die Bezahlkarte ermöglicht, dass die Nutzerinnen und Nutzer kein Konto benötigen, sondern direkt mit der Karte bezahlen können", sagte der Präsident der Landesaufnahmebehörde (LAB NI), Klaus Dierker am Montag. Die Karten sollen in der ersten Woche an allein reisende Frauen und Männer ausgegeben werden, bevor in den nächsten Wochen dann auch Familien hinzugenommen würden, heißt es von der Behörde. Für die ersten fünf Monate sind nach Angaben von Dierker 8.300 Karten bestellt worden.
Karte wird als Plastikkarte oder digital angeboten
"Mit der Bezahlkarte wird die Leistungsgewährung im Asylbewerberleistungsrecht zeitgemäß digitalisiert", sagte Innenministerin Daniela Behrens (SPD). Die Karte werde als Plastikkarte oder digital angeboten und monatlich aufgeladen - ein Überziehen sei nicht möglich. Behrens erhofft sich durch die Bezahlkarte mehr Teilhabe Geflüchteter und weniger Bürokratie. Ein Einsatz der Karten im Ausland ist nach Angaben des niedersächsischen Innenministeriums nicht möglich.
Viele Diskussionen um Bargeld-Obergrenze
Das Abheben von Bargeld am Geldautomaten wird auf 50 Euro pro Monat beschränkt sein und ist kostenpflichtig. Da an den meisten Stellen digital bezahlt werde, hält Behrens die Bargeld-Grenze für akzeptabel. Im Einzelfall könne der Betrag aber angehoben werden. Kommunen könnten - etwa bei einer Schwangerschaft - nach eigenem Ermessen den Betrag erhöhen, heißt es aus dem Innenministerium. Über die Bargeld-Obergrenze war viel diskutiert worden. Die Grünen als Koalitionspartner in der Landesregierung hatten vor allem das 50-Euro-Bargeld-Limit kritisiert.
Flüchtlingsrat: "Stigmatisierend und diskriminierend"
Der Flüchtlingsrat Niedersachsen kritisiert das neue Bezahlsystem weiterhin. "Die Ausgestaltung der Bezahlkarte ist stigmatisierend und diskriminierend", sagte der Geschäftsführer, Kai Weber am Montag. Die Begrenzung für Bargeldabhebungen auf 50 Euro reduziere die ohnehin zu geringen Leistungen faktisch noch weiter, so Weber. Zudem könne die Karte in vielen Bereichen nicht eingesetzt werden - etwa bei Einkaufen auf dem Flohmarkt oder um die Mitgliedschaft in einem Sportverein zu bezahlen.
Onay: Bezahlkarten-Modell ist ein Hindernis für die Integration
Hannovers Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne) kritisierte das Modell der Bezahlkarte für Geflüchtete ebenfalls. "Das vom Land vorgestellte Modell der Karte führt zu zusätzlichem Verwaltungsaufwand in den Kommunen." Die geplante Einschränkung bei der Bargeldabhebung auf 50 Euro pro Monat sei zudem diskriminierend und "ein Hindernis für die Integration." Die Landeshauptstadt Hannover hatte bereits im Dezember 2023 eine eigene Bezahlkarte in Form der "SocialCard" eingeführt. Die Nutzerinnen und Nutzer konnten damit bisher die vollen Sozialleistungen von bis zu 460 Euro pro Person in bar abheben. Die Stadt Hannover hat sich laut Onay gewünscht, dass das Modell zunächst weitergeführt werden kann. Nun muss die "SocialCard" aber durch das Bezahlmodell des Landes ersetzen.
Kommunen verteilen Bezahlkarten ab Februar
Die jährlichen Kosten für das Land Niedersachsen liegen laut Behrens bei rund einer Million Euro. Zunächst sollen die etwa 4.100 Bewohnerinnen und Bewohner in der Landesaufnahmebehörde versorgt werden. Die Aufnahmebehörde hat Standorte in Braunschweig, Oldenburg, Osnabrück, Celle, Bramsche (Landkreis Osnabrück) und Friedland (Landkreis Göttingen). In den Kommunen sollen die Karten für etwa 23.000 Menschen ab Februar ausgegeben werden, heißt es aus dem Innenministerium. Das System mit einem einheitlichen Dienstleister soll in 14 Bundesländern eingeführt werden. Bayern und Mecklenburg-Vorpommern verfolgen eine eigene Agenda.