Debatte über Wolf: Weicht Berlin den Schutzstatus auf?
Niedersächsische Weidetierhalter, Jäger und auch die Landesregierung fordern angesichts vieler Wolfsrisse schon lange, Abschüsse zu erlauben. Lenkt die Bundesumweltministerin ein?
Wölfe leichter abschießen zu können ist rechtlich nicht einfach umzusetzen, denn der Wolf ist auf mehreren Ebenen streng geschützt: international durch das Washingtoner Artenschutzabkommen, in der EU durch die FFH (Flora-Fauna-Habitat)-Richtlinie und in Deutschland selbst durch das Bundesnaturschutzgesetz. Das hat zur Folge, dass in Deutschland bis jetzt nur einzelne, auffällig gewordene Wölfe zum Abschuss freigegeben werden dürfen. Das lasse sich aber in der Praxis kaum umsetzen, kritisieren Weidetierhalter, Jäger und auch die niedersächsische Landesregierung. Das Problem der Wolfsrisse bekomme man so nicht in den Griff, kritisieren Weidetierhalter.
SPD und FDP wollen Zahl der Wölfe reduzieren
Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) fordert, den Wolfsbestand in bestimmten Regionen, in denen es sehr viele Wölfe gibt, regulieren zu können. Und das wollen in Berlin auch Teile der Ampelkoalition, wie die FDP-Bundestagsfraktion sowie die niedersächsischen SPD- Bundestagsabgeordneten. Für Susanne Mittag, SPD-Sprecherin für Landwirtschaft und Ernährung aus Delmenhorst, heißt das konkret: mehr Daten darüber wo, wie viele Wölfe und Rudel leben und schnellere und einfachere Verfahren, um einzelne Tiere entnehmen zu können. "Die Wölfe müssen merken: Weidetiere gehören zum Menschen, und das ist für uns gefährlich", sagt sie. Auch die Grüne Bundesumweltministerin Steffi Lemke erkennt mittlerweile Handlungsdruck. Heute will sie neue Vorschläge zum Umgang mit dem Wolf vorlegen. Doch wie weit diese Änderungen gehen könnten, ist offen.
Wolf genießt hohen Schutzstatus
Bisher argumentiert das Bundesumweltministerium mit dem strengen Schutzstatus des Wolfes im EU-Recht. Im Anhang IV der FFH-Richtlinie wird der Wolf als eine besonders geschützte Art aufgelistet, die bewahrt und wieder angesiedelt werden soll. Allerdings gilt dieser hohe Schutzstatus nur so lange, bis der Wolf einen "günstigen Erhaltungszustand" erreicht hat. Ob der in manchen Gebieten Europas mittlerweile erreicht sein könnte, lässt die EU-Kommission gerade aufgrund aktueller Daten überprüfen.
Bund könnte Gesetz ändern
Aber, so heißt es aus Brüssel, die Bundesregierung müsse nicht auf die EU warten, sie könnte auch selbst tätig werden. Denn laut Bundesnaturschutzgesetz muss der Wolf überall in Deutschland einen "günstigen Erhaltungszustand" erreicht haben, auch in Gebieten, wo er sich bisher noch gar nicht angesiedelt hat. Diese Vorgabe im Bundesnaturschutzgesetz könnte Deutschland ändern, indem der "günstige Erhaltungszustand" auch regional festgestellt wird.
NABU lehnt Abschüsse ab
Das würde den Forderungen der Weidetierhalter, Jäger und der niedersächsischen Landesregierung entgegenkommen. Der Naturschutzbund NABU dagegen sieht für Deutschland keinen Grund, geltendes EU-Recht auszureizen, wie er schreibt. Auch Debatten über den Schutzstatus hält er für keine Option. Der NABU setzt statt auf Abschuss des Wolfes weiter auf den Herdenschutz.