AfD gegen Polizeipräsident Kühme: Das Warten auf ein Urteil
In drei Wochen geht der Oldenburger Polizeipräsident Johann Kühme in den Ruhestand. Die Klage der AfD beim Verwaltungsgericht gegen ihn ist noch nicht entschieden. Hat das Vorgehen der Partei System?
Beim Verwaltungsgericht Oldenburg hat der Vorgang das schlichte Aktenzeichen 1 A 2586/23. Dahinter verbirgt sich eine Klage, die nicht nur juristisch interessant ist, sondern auch politisch. Es stellt sich grundsätzlich die Frage, inwieweit Polizeipräsidenten davor warnen dürfen, wenn eine Partei Behauptungen über Fachthemen aufstellt, die aus Sicht eines Polizeiführers falsch sind und unbegründete Ängste verbreiten. Kühme hatte in einem Interview im vergangenen August die AfD kritisiert. "Die AfD manipuliert das subjektive Sicherheitsgefühl der Menschen. Und damit stellt sie sich gegen die Arbeit der Polizei", sagte der Polizeipräsident.
Gesetz fordert politische Neutralität
Das Gesetz verlangt von Beamten politische Neutralität, aber auch das Einstehen für demokratische Werte - es geht also bei Kühme um den juristischen Einzelfall, aber politisch natürlich um Grundsätzliches. Beim Verwaltungsgericht Oldenburg sei noch kein Entscheidungstermin absehbar, sagte ein Sprecher des Gerichts dem NDR.
AfD will Zeichen setzen
Dass sich das Oldenburger Verfahren über Monate hinzieht, hat offenbar auch damit zu tun, dass die AfD keinen Eilantrag gestellt hat. Klaus Wichmann, AfD-Fraktionsvorsitzender im Landtag, bestätigt das und erklärt: "Es geht darum, ein Zeichen zu setzen. Das gesellschaftliche Klima geht immer mehr in die Richtung, dass Behördenleiter sich bemüßigt fühlen, irgendwie in die Politik einzugreifen."
Strategie der Einschüchterung?
Doch die Klage gegen Kühme ist nicht der einzige Fall. Autor Hendrik Cremer hat in einem Buch über die AfD ähnlich gelagerte Fälle zusammengetragen: Aus Schulen, aus der Bundeswehr. Er sieht darin eine Strategie: "Es ist ein fester Bestandteil der AfD, Personen und Institutionen, die sich kritisch über die Partei äußern, einzuschüchtern, indem sie beispielsweise mit Klagen droht." AfD-Fraktionschef Wichmann weist das zurück. Er sagte dem NDR, es gehe um die Überschreitung von Grenzen, die nicht hinnehmbar seien.
"Es gibt zu viele Wegducker"
Andreas Voßkuhle, früherer Präsident des Bundesverfassungsgerichts, wertet Kühmes Äußerung in einem Interview im vergangenen Jahr als aktives Eintreten für die Demokratie. Es gebe zu viele "Wegducker" im Land, die lieber kein Risiko eingingen. "Zu den Dienstpflichten eines Polizisten gehört auch, auf Missstände im demokratischen Zusammenhängen hinzuweisen, die mit einer konkreten Partei und konkreten Verhaltensweisen verknüpft sind. Da ist es Aufgabe eines hohen Polizeibeamten, auf solche Missstände hinzuweisen."