Paul Bressel (FDP): Politik muss zurück zu einer bürgernahen Politik
Seinen Job als Spitzenkandidat verdankt Paul Bressel (FDP) im wahrsten Sinne des Wortes gleich zwei Zufällen. Und nicht erst seither pflegt er sein Image als Provokateur in der FDP in Mecklenburg-Vorpommern.
Im November auf dem Nominierungsparteitag der FDP nimmt die politische Karriere von Paul Bressel so richtig Fahrt auf, obwohl er selbst gar nicht dabei ist. Kurz vor dem Parteitreffen in Güstrow zog der eigentlich auserkorene Kandidat seine Bewerbung zurück. Der 39-jährige Bressel ist in diesen Wochen im Urlaub - 11.600 Kilometer entfernt auf Bali. Kurzentschlossen nimmt er dort ein Bewerbungsvideo auf und schickt es zum Parteitag. Im zweiten Wahlgang kommt es zum Patt mit dem Mitbewerber und dann, so sieht es die Satzung, entscheidet das Los. So gewinnt der Mann aus Schwerin, der erst seit zwei Jahren überhaupt in der FDP aktiv mit dabei ist, den Spitzenjob für die Europawahl.
Ein Kandidat, der die Partei entzweit
Nicht erst seither ist Paul Bressel in seiner Partei bekannt für provokante Äußerungen. Vor allem im Netz, auf dem Kurznachrichtendienst X ist er aktiv. Dort kritisiert er immer wieder den Islam, der "eine große Gefahr für die Welt darstellt" und behauptet, dass "die Verbreitung muslimischer Ideologien stetig zunimmt". Seine Kritik, finden viele Parteimitglieder, verunglimpfe pauschal Menschen muslimischen Glaubens, viele Protestmails erreichen die Parteizentrale. Von dort aus gibt es immer wieder Ordnungsrufe, man distanziert sich: Paul Bressel äußere seine Privatmeinung, nicht die des Landesvorstands oder der Partei. Bressel selber ficht so etwas nicht an, ihm gehe es nicht um Ämter oder Mandate, manchmal müsse man eben Themen zuspitzen, um überhaupt Debatten auszulösen. Auch wenn er selbst, wie er sagt, Morddrohungen und Polizeischutz bei Veranstaltungen erhalten habe.
Stattdessen sieht sich Paul Bressel selbst eher als Vorkämpfer. "Ich habe gesehen, dass die aktuelle Politik immer mehr an den Bürgern vorbei regiert", sagt er. Wenn alle Parteien, auch die FDP, wieder anfingen, eine bürgernahe Politik zu machen, dann hätten sie auch wieder mehr Zuspruch bei den Wählern. Dass er selbst in der Presse den Stempel "FDP-Rechtsaußen" aufgedrückt bekommt, wischt er weg und betont, gerade das Erstarken rechtspopulistischer Parteien wie der AfD habe ihn bewogen, überhaupt erst in die Politik zu gehen.
Seine politische Heimat: Schwerin
Seine politische Heimat ist der Kreisverband Schwerin, der gerne von sich behauptet, eine besondere Rolle in der Partei einzunehmen. Hier schätzt man "den Paul", wie ihn alle nennen. Er sei engagiert, organisiere, packe an, sei ein Machertyp. Im Kreisverband deklinieren sie Liberalismus ohnehin ein wenig anders als im Rest der Partei. Als es bei der Oberbürgermeisterwahl zu einer Stichwahl zwischen Amtsinhaber Badenschier (SPD) und Herausforderer Holm (AfD) kommt, spricht der Kreisverband keine Wahlempfehlung aus, obwohl das eigentlich so üblich ist. Liberale Wähler bräuchten keine Bevormundung, auch nicht durch die eigene Partei, war das fast trotzige Argument damals. Bressel selbst toppt das Ganze und postet, man habe ja ohnehin nur die Wahl "zwischen Pest und Cholera". Diesen Post löscht er später allerdings wieder.
Vorfall mit Badenschier bei Straßenwahlkampf
So kommt es im Straßenwahlkampf am Pfingstsamstag auch zu dieser Situation: Bressel verteilt seine Flyer und zufällig kommt Oberbürgermeister Badenschier am Stand vorbeigelaufen. Bressel will ihm scherzhaft eine Broschüre in die Hand drücken, Badenschier wendet sich abrupt ab. "Das mit Pest und Cholera, das vergesse ich Ihnen nicht", ruft er im Weggehen dem FDP-Mann zu. Die Gräben scheinen tief zu sein. Auf der Straße wirkt der im Netz so meinungsstarke Bressel fast ein wenig schüchtern, vorsichtig. Auch wenn er noch so von Selbstbestimmung und Freiheit zur Entscheidung spricht, im Gespräch über ein Tempolimit lässt sich ein älterer Herr so gar nicht von ihm überzeugen. Er findet ein Gesetz sinnvoller, dann müsse sich jeder dran halten.
Bressel will auf jeden Fall weitermachen
Mit Blick auf den Wahltag sagt Paul Bressel deutlich, dass er keine Chance haben wird, in das Europaparlament einzuziehen. Beim zu erwartenden Wahlergebnis für die FDP haben höchstens die ersten vorderen Plätze eine Chance. Er selbst ist irgendwo in der Mitte gelandet. Fast wichtiger ist ihm ein gutes Ergebnis bei der Kommunalwahl. Hier kandidiert er nämlich auch auf Platz zwei. Bressel ist gelernter Tischler, gründete eine Internetfirma und verkaufte sie. Seither, sagt er, sei er finanziell unabhängig und habe Zeit für die Politik. Er wolle weitermachen, solange es ihm Spaß mache.