FDP-Spitzenkandidat in MV: Mit Trump-Sprüchen ins EU-Parlament?
Der Schweriner Paul Bressel will einen vorderen Platz auf der FDP-Bundesliste zur Europawahl. Im Netz fällt er vor allem durch islamkritische Äußerungen auf. Der Landesvorstand geht vorsichtig auf Distanz.
Die indonesische Insel Bali ist gut 11.500 Kilometer von Mecklenburg-Vorpommern entfernt. Wetter auf der Trauminsel: heiter bis wolkig bei mehr als 30 Grad. Dort verbringt der Unternehmer Paul Bressel derzeit seinen Urlaub - und deshalb konnte er auch am FDP-Landesparteitag in Güstrow vor gut einer Woche nicht teilnehmen. Er kandidierte dort mit einer aufgezeichneten Videobotschaft, Fragen zu seinen politischen Positionen konnten die Delegierten ihm deshalb nicht stellen. Trotzdem wurde er zum Spitzenkandidaten der Liberalen gekürt – durch Losentscheid. Denn im zweiten Wahlgang hatte er genau so viel Delegiertenstimmen erhalten wie sein Gegenkandidat Niklas Wagner, Landesvorsitzender der Jungen Liberalen.
Bressels Wahl ein Betriebsunfall?
Dass Bressel überhaupt so viele Stimmen erhielt, wundert manchen Liberalen im Nachhinein. Ein Mitglied des FDP-Landesvorstands mutmaßte gegenüber dem NDR, dass viele Parteitagsdelegierte womöglich gar nicht gewusst haben, wen sie da ins Rennen für das Europaparlament schicken. Ein Blick auf die Medienplattform X (vormals Twitter) hätte allerdings schnell für Klarheit gesorgt. Vor allem das Thema Migration treibt Bressel um: "Der Islam ist eine Gefahr für die freie Welt", kann man da lesen, auch fordert er Europa auf, über "ein Burka und Niqab-Verbot" nachzudenken. Im Interview mit dem NDR relativierte er dieses Aussage allerdings wieder - die EU könne ja kein Kleidungsverbot erlassen.
Feindbild Islam?
Zum Hashtag "Migration" schrieb Bressel im September dieses Jahres: "Make Germany great again" - Donald Trump lässt grüßen. Im Interview mit dem NDR sagte Bressel auf die Frage, ob er nicht mit seinen Äußerungen alle Muslime unter Generalverdacht stelle. "Trivialerweise gibt es nicht den einen Islam." Aber: "Es gibt massive Probleme im politischen Islam, der Teil der gesamten Religion ist. Somit geht von dieser Religion auch eine Gefahr aus.“ Das sage nicht sein Bauchgefühl, das zeigten Studien.
Jusos werfen Bressel Spaltung der Gesellschaft vor
Marvin Müller sieht das ganz anders. Der Landesvorsitzende der Jungsozialisten, der Jugendorganisation der SPD, wirft Bressel vor, beim Thema Islam nicht genügend zu unterscheiden. Bei allen Problemen, die es derzeit etwa mit radikal-islamischen Kräften gebe, müsse man trotzdem differenzieren. Viele Muslime in Deutschland würden die Extremisten nicht unterstützen. Bressels Äußerungen seien spalterisch und zum Teil schon fast hetzerisch. "Ich glaube nicht dass das, was er kommuniziert und wie er sich äußert, die Probleme in diesem Land löst", so Müller.
FDP-Landesspitze distanziert sich
Der Landesvorsitzende der Liberalen, René Domke, forderte Bressel in einem Interview mit dem NDR auf, "weniger eigene Meinungsprägungen" zu äußern, sondern als Spitzenkandidat vor allem die Haltung der FDP zu präsentieren. Als Maulkorberlass für Paul Bressel will er das aber nicht verstanden haben. Ob der sich aber an den Rat seines Vorsitzenden hält, ist offen. Bressel hat auch ein Problem mit sogenannten Linken in der eigenen Partei. So schrieb er auf "X": "Linksliberale in der FDP, die der individuellen Freiheit skeptisch gegenüberstehen, sollten dazu ermutigt werden, sich als Sozialdemokraten zu bekennen."
FDP-Landeschef dementiert Rechtsruck
Auch davon distanziert sich der Landesvorsitzende René Domke: "Jeder, der liberal denkt, ist in der FDP gut aufgehoben. Und wenn jemand sagt: ich bin sozialliberal oder ich bin konservativ-liberal oder nationalliberal oder was auch immer - alle sollen bei uns ihre Heimat finden und sich einbringen können." Obwohl immerhin die Hälfte der Parteitagsdelegierten in Güstrow für Bressel stimmten, kann Domke keinen Rechtsruck in der FDP Mecklenburg-Vorpommerns erkennen.
Hürden für Brüssel
Ob Paul Bressel einen sicheren Platz auf der Bundesliste der Freien Demokraten zur Europawahl bekommt, ist allerdings offen, das entscheidet sich erst auf einem Parteitag Anfang kommenden Jahres. Bei der Wahl zum Europäischen Parlament im Jahr 2019 konnte die FDP gerade einmal fünf Mandate erringen. Viel mehr dürften es im Juni kommenden Jahres wohl kaum werden. Ende November wollen sich die ostdeutschen FDP-Landesverbände auf einen Kandidaten einigen, der auf dem Parteitag für einen vorderen Listenplatz kandidieren soll. Sollte das für Paul Bressel nicht klappen, dürfte sich die Enttäuschung in der Parteispitze wohl in Grenzen halten.