Zuhören können: Telefonseelsorge MV sucht Ehrenamtliche
Die Telefonseelsorge in Mecklenburg-Vorpommern kommt an ihre Grenzen. Immer mehr Menschen rufen dort an, so dass es manchmal Wartezeiten gibt. Zugleich ist es schwieriger geworden, Ehrenamtliche zu finden.
Anonym, kostenlos, rund um die Uhr. Die Telefonseelsorge kann jeder nutzen, der irgendein persönliches Problem hat. In Mecklenburg-Vorpommern zählt die Einrichtung der evangelischen und katholischen Kirche, der Diakonie und der Caritas, jährlich rund 35.000 Kontakte, also im Schnitt etwa 100 pro Tag. Ehrenamtliche zu gewinnen, das allerdings ist in jüngster Zeit etwas schwieriger geworden, sagt Sabrina Männel, die die Seelsorge am Standort Rostock leitet. Weil zugleich auch viele der "alten Hasen" in absehbarer Zeit aufhören, wird sie im Herbst eine Schulung für Neueinsteiger anbieten.
Neulinge lernen viel über sich selbst
Was ein ehrenamtlicher Seelsorger mitbringen sollte? "Man sollte Lust haben, sich auf andere Leute einzulassen und deren Lebensgeschichten anzuhören", sagt die Sozialpädagogin. Darüber hinaus sei es wichtig, dass die Ehrenamtlichen bereit sind, Neues zu lernen. Im Grundkurs etwa lernen die Teilnehmer einiges über Gesprächsführung, über gutes Zuhören, über vorhandene Hilfe-Netzwerke im Land. Vor allem aber lernen sie vieles über sich selber. Denn, so sagt Sabrina Männel: "Nur wer über sich Bescheid weiß und sich in einer psychisch stabilen Lebenssituation befindet, kann auch anderen gut zur Seite stehen."
Bei jungen Menschen beliebt: Seelsorge per Chat
Die Telefonseelsorge Mecklenburg-Vorpommern gibt es seit 1991 in Rostock und Schwerin, seit 2001 in Neubrandenburg und seit 2004 in Greifswald. Seit fünf Jahren gehört dazu auch eine Chat-Seelsorge, also schriftlich als Online-Unterhaltung, die vor allem bei jüngeren Menschen gut ankommt. Finanziert wird die Arbeit von evangelischer und katholischer Kirche, Diakonie, Caritas und nicht zuletzt auch über Spendengelder.
"Das trifft einen mit voller Wucht"
In Rostock hat die Seelsorge zur Zeit 70 Ehrenamtliche, eine Anzahl, die gerade so ausreicht, um die Tages- und Nacht-Schichten lückenlos abdecken zu können. Der Maschinenbauingenieur Klaus D. ist einer von ihnen. Sein wirklicher Name soll nicht genannt werden, denn bei der Telefonseelsorge sind Namen tabu – zum Schutz der Mitarbeiter und der Anrufer gleichermaßen. Seit sieben Jahren gehört Klaus zum Team, freut sich immer wieder darüber, wie dankbar viele sind, wenn sie einfach mal erzählen können, was sie bedrückt. Zugleich staunt er regelmäßig darüber, mit was für Problemen viele zu kämpfen haben. "Wenn man das dann hört, diese Tragik, die in den Sachen drin steckt, das trifft einen manchmal mit voller Wucht."
"Nur" zuhören fällt manchmal schwer
Gelegentlich falle es schwer, Schwierigkeiten nicht lösen zu können, sondern einfach nur zuzuhören. Aber das müsse ein Seelsorger aushalten. Zur Unterstützung gibt es nicht nur den Kollegen, mit dem bei der Übergabe ein paar Worte gewechselt werden können, sondern einmal im Monat auch eine Supervision, also ein Gespräch, bei dem die Ehrenamtlichen selber über ihre Arbeit reden können.