Wenn der Job an den Nerven zehrt - Polizeiseelsorger hören zu
Sie sind nicht beim Staat angestellt und sie unterliegen einer strengen Schweigepflicht - die beiden kirchlichen Seelsorger der Landespolizei in Mecklenburg-Vorpommern. Sie sind da, wenn die Ordnungshüter jemanden zum Reden brauchen.
Der Umgang mit Anfeindungen, Einsätze, die an den Nerven zehren: Polizist zu sein, ist nicht immer einfach. Der evangelische Seelsorger Thomas Cremer muss sich regelmäßig Dinge anhören, die auch ihm nahegehen: "Man sagt ja immer: Dort, wo normale Bürger weglaufen, müssen Polizisten hinlaufen. Und das heißt: Polizisten sind stark konfrontiert mit schlimmen Bildern durch Unfälle, durch Gewalteinsatz - mit Bildern, die nachklingen, die man verarbeiten muss." Gemeinsam mit seiner katholischen Kollegin Christina Innemann ist er in ganz Mecklenburg-Vorpommern unterwegs, um zu helfen - auch bei Problemen in der Familie, mit den Kindern oder den Vorgesetzten. Alles in allem um die 6.000 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen hat die Landespolizei zwischen Heringsdorf auf Usedom und Boizenburg an der Elbe - vom Schutzpolizisten bis zum Kriminalisten, von den Akteuren der Polizeipuppenbühne bis zu Verwaltungsfachleuten. Und die beiden Theologen sind nicht nur für sie, sondern auch für deren Angehörige da.
Viele hoch motivierte Polizisten
Zwei Seelsorger für 6.000 Ordnungshüter - das klingt nach einem Tropfen auf dem heißen Stein. Thomas Cremer relativiert allerdings: "Wir sind ja nicht die Einzigen." Auch innerhalb der Behörde gibt es den sozialpsychologischen Dienst, einen Psychologen und die sozialen Ansprechpartner, mit denen er eng zusammenarbeitet. Seit Juni 2023 ist Cremer im Dienst, Christina Innemann seit Oktober 2022. Sie blickt zurück: "Ich hätte nicht erwartet, dass es hier so viele Menschen gibt, die eine sehr große ethische Motivation haben." Und auch die Bandbreite unterschiedlicher Charaktere, auf die sie bei ihrer Arbeit trifft, überrascht sie immer wieder: "Vom langjährigen Schutzpolizisten, der sehr pragmatisch an die Dinge herangeht, bis zu den Kollegen, die mit mir philosophische Gespräche führen." Wobei sie ausdrücklich betont: Ein christlicher Hintergrund ist keineswegs Voraussetzung, um von den kirchlichen Seelsorgern Unterstützung zu bekommen.
Den eigenen Beruf reflektieren
Für das gerade begonnene Jahr haben sich die beiden Einiges vorgenommen. Zum Einen sind sie mit den Einsatzkräften im Gespräch über anstehende Herausforderungen - wie etwa die Fußball-EM im Sommer oder den Tag der Deutschen Einheit, für den die zentralen Feierlichkeiten 2024 in Schwerin stattfinden sollen. Zum Anderen bereiten sie auch Weiterbildungen vor, bei denen es unter anderem darum geht, den eigenen Beruf zu reflektieren. So wird es zum Beispiel eine Veranstaltung geben, die den Mauerfall vor 35 Jahren thematisiert und bei der auch Polizisten zu Wort kommen, die den Systemwechsel im Dienst erlebt haben.