Wo früher Raps stand, soll heute Strom geerntet werden
Immer mehr landwirtschaftliche Flächen werden in Mecklenburg-Vorpommern zu Standorten für Photovoltaikanlagen umgewandelt. Allein in Mecklenburg-Vorpommerns Norden werden etliche geplant, beispielsweise in der Nähe von Klein Belitz und Zepelin bei Bützow, Ribnitz-Damgarten und Kröpelin. Allerdings kommt die Landesregierung mit den Genehmigungen der Anlagen nicht hinterher.
Die Vorteile des Solarausbaus auf Ackerflächen scheinen auf der Hand zu liegen: Landwirte und Landwirtinnen können mit dem genutzten Land dutzende Jahre sicheres und hohes Einkommen durch Pacht erwirtschaften. Gemeinden können an Klimazielen arbeiten, erhalten Arbeitsplätze in einer zukunftsträchtigen Branche und zusätzliche Einnahmen unter anderem durch die EEG-Umlage (0,2 Cent pro KWh). Aber: Laut Landesraumentwicklungsplan (LEP) dürfen Kommunen Photovoltaikanlagen nur auf versiegelten oder landwirtschaftlichen Flächen genehmigen, die einen Abstand von bis zu 110 Meter zu Bahnschienen, Bundesstraßen und Autobahnen haben.
Das Zauberwort: Zielabweichungsverfahren
Seit 2021 jedoch ermöglicht das Energieministerium den Kommunen zusätzliche Zielabweichungen vom LEP. Statt der Bebauung innerhalb eines Streifens um Verkehrswege gibt es nun andere Bedingungen: Zum Beispiel darf der Boden nicht sehr fruchtbar sein und die kommunale Vertretung muss zustimmen. Dann jedoch ist eine Genehmigung aus Schwerin erforderlich.
Alle müssen mitziehen
"Da fehlt die Fläche für die Nahrungsmittelproduktion!", könnte man meinen. Dem Bauernverband MV ist deshalb vor allem wichtig, dass Landwirte mit ins Boot geholt werden. Sie kennen ihre Böden am besten und können ertragsschwache Felder, auf denen sowieso nicht so viel wächst, für die Bebauung freigeben. Das sichert den Betrieben außerdem eine sichere Einkommensergänzung, die Ernteeinbrüchen durch Hitzewellen entgegenwirkt.
Zepelin: 138 Hektar für Photovoltaik geplant
Solch ein Verfahren wurde im April 2022 für den Solarpark bei Zepelin in der Nähe von Bützow (Landkreis Rostock) eingereicht. Der Antrag beim Wirtschaftsministerium sieht eine ungefähr 138 Hektar große Anlage vor. In Spitzenzeiten hätte sie eine Leistung von fast 180 Megawatt. Eine sonnenreiche Stunde würde also schon ausreichen, um 72 Durchschnittshaushalte ein Jahr zu versorgen oder eine Viertelmillion Tiefkühlpizzen zu backen. Die Flächenverpächter sind sowohl die Gemeinde als auch der Mühlenhof Zepelin. Letzterer ist der landwirtschaftliche Betrieb von Benedikt Ley-Röckenwagner. Bei den Böden, die er für das Bauprojekt stellt, handelt es sich seiner Aussage nach "ausschließlich um Flächen mit geringer Bonität, die ackerbaulich sehr schwierig zu bewirtschaften sind und keine stabilen Erträge erzielen." Außerdem wird der Biobetrieb das Land auch während der Nutzung mit Rindern und Schafen beweiden. Nach Ende der Pachtzeit ist der Boden weiterhin landwirtschaftlich nutzbar, erzählt Ley-Röckenwagner. Bauherr in Zepelin sind die Karlsruher Altus AG und die GLS Bank.
Sonnenfinsternis aus Schwerin?
Wie auch der Solarpark Zepelin warten auch mehr als 100 weitere Anlagen auf ihre Genehmigung. Stand Ende vergangenen Jahres sind von über 115 Anträgen erst 13 genehmigt worden. Das geht aus einer Anfrage der der Grünen an die Landesregierung hervor. Das Ministerium will daher nun mehr Personal einsetzen, um die Verfahren abzuarbeiten. Aus der Antwort wird auch ersichtlich, dass die eingereichten Vorhaben das maximale Kontingent von 5.000 Hektar Photovoltaikfläche fast ausschöpfen, das sich die Landesregierung als Obergrenze für Zielabweichungsverfahren gesetzt hatte. Ob diese Grenze nochmal angehoben wird, wie es die Grünenfraktion vergangenes Jahr beantragt hat, bleibt abzuwarten.