Wild- und Rinderseuche auf dem Vormarsch?
Eigentlich galt sie in Deutschland als ausgerottet. Seit einigen Jahren treten aber immer wieder Fälle der Wild- und Rinderseuche auf. Für betroffene Landwirte kann das fatale Folgen haben.
Landwirt Veit Vielhaber ist merklich angespannt, wenn er an den Sommer 2021 zurückdenkt. Damals starben auf seiner Weide innerhalb weniger Tage 14 Wasserbüffel. Und lange ist nicht klar warum. Erst als er persönlich ein totes Tier zum zuständigen Landesamt für Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit und Fischerei nach Rostock bringt und auf eine sofortige Untersuchung drängt, bekommt er Gewissheit: In seiner Wasserbüffelherde hat sich die Wild- und Rinderseuche ausgebreitet.
Tiere sterben innerhalb weniger Stunden
Die Wild- und Rinderseuche wird durch zwei spezielle Kapseltypen des Bakteriums Pasteurella multocida verursacht. Neben Rindern können auch Rot- und Damwild sowie Wildschweine erkranken. Behandelt werden können kranke Tier mit Antibiotika. Oft bleibt dafür aber gar nicht genug Zeit: Treten erst Symptome auf, führt die Krankheit häufig innerhalb weniger Stunden zum Tod. Fieber, vermehrter Speichelfluss, Schwellungen der Schleimhäute und Atemnot bestimmen das Krankheitsbild.
Landwirte können nicht vorbeugen
Als klar war, dass die Wild- und Rinderseuche die Ursache für den Tod von Veit Vielhabers Tieren ist, hat auch er ein Antibiotikum für die anderen bekommen. Außerdem wurde speziell aus den Proben seiner verendeten Tiere ein Impfstoff für seine Herde entwickelt – der darf auch nur seinen Tieren verabreicht werden. Einen allgemeinen Impfstoff zur Vorbeugung gibt es für die Wild- und Rinderseuche nicht.
Hitze und Feuchtigkeit sind wichtige Faktoren
Für den Menschen stellt die Seuche keine Gefahr dar. Laut Friedrich-Loeffler-Institut kommt sie vor allem in Süd- und Südostasien, dem Mittleren Osten und in Teilen Afrikas vor. Sie ist generell mit hoher Luftfeuchtigkeit und Hitze sowie schlechter Tierhaltung und schwachem Immunsystem verbunden. Der Klimawandel könnte eine Ausbreitung auch bei uns begünstigen.
Zusammenhang mit dem Wolf?
Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Bakterien über Tiertransporte nach Deutschland gekommen sind. Es gibt aber auch die These, dass Wölfe dabei eine Rolle spielen könnten. Spezialisten für die Wild- und Rinderseuche vom Landeslabor Berlin-Brandenburg ist ein räumlicher Zusammenhang aufgefallen: Dort wo sich Wölfe angesiedelt haben, ist auch die Krankheit aufgetreten. Sie haben daraufhin von 150 toten Wölfen Proben genommen und in der Mundschleimhaut von dreien tatsächlich den Bakterientyp gefunden, der die Wild- und Rinderseuche verursacht.
Weitere Forschung notwendig
Die Datenlage für diesen Zusammenhang ist bisher dünn. Es bedarf weiterer Studien. Deshalb weisen die Autoren daraufhin, dass ebenso andere Infektionsquellen beispielsweise Tiertransporte oder andere Tierarten wie Wildschweine eine Rolle spielen könnten. Darauf verweist auch das Landwirtschaftsministerium von Mecklenburg-Vorpommern: "Die aktuelle Studienlage deutet nicht daraufhin, dass Wölfe hierbei ein besonderes Gefährdungspotential darstellen."
Landwirte bleiben auf den Kosten sitzen
Veit Vielhaber kritisiert das: Er wünscht sich, dass mehr zu dem Zusammenhang geforscht wird. Auch um mögliche Infektionsketten besser verstehen zu können. Und er beklagt, dass es keine Ausgleichszahlungen für Tierhalter gibt, denen durch die Wild- und Rinderseuche ein Schaden entstanden ist. Er beziffert seine Verluste durch die 14 toten Tiere, die Kosten für Antibiotika und die Impfstoffe und die Folgen des ganzen Ausbruchs auf rund 50.000 Euro.
Auf denen bleibt er sitzen. Denn die Tierseuchenkasse zahlt nur bei Ausbrüchen meldepflichtiger Krankheiten. Die Wild- und Rinderseuche ist seit den 1960er Jahren nicht mehr meldepflichtig in Deutschland. Dadurch liegen auch keine repräsentativen Daten über die Ausbreitung der Krankheit vor. Veit Vielhaber kämpft seit dem Sommer 2021 dafür, dass sich das vielleicht mal ändert.