Wendelstein 7-X: Was passiert im Sonnen-Simulator?
Energie wie auf der Sonne zu erzeugen, ist ein alter Traum der Menschheit. Mit dem Greifswalder Kernfusionsexperiment Wendelstein 7-X kommt die Wissenschaft der Erfüllung einen Schritt näher.
Kernfusion - was soll das bringen?
Seit jeher hat die Menschheit einen stetig wachsenden Energiebedarf. In den 1950ern kamen Physiker auf die Idee, aus der Fusion von Atomen Energie zu gewinnen. Kernfusion ist eine Reaktion, die normalerweise nur in der Sonne abläuft. Dort verschmelzen Wasserstoff-Atome unter hohen Temperaturen (15 Millionen Grad Celsius) und extremem Druck (100 Millionen bar) zu Helium-Atomen. Bei diesem Vorgang geben sie Energie ab.
Was ist der Unterschied zu bisherigen Kernkraft-Anlagen?
Kernkraftwerke, wie wir sie kennen, gewinnen Energie aus der Kernspaltung. Dabei wird frei werdende Energie aus dem Zerfall von radioaktiven Elementen (Uran) abgezweigt. Diese Reaktion muss künstlich gebremst werden, damit sie nicht außer Kontrolle gerät (GAU). Bei einer künstlichen Kernfusionsanlage bestünde diese Gefahr nicht: Dort muss die Reaktion nicht gebremst, sondern zunächst erzeugt werden. Bei einem Versagen der Technik würden Temperatur oder Druck rapide abfallen - die Fusion käme sofort zum Erliegen.
Was wird in Greifswald erforscht?
Damit eine Fusion überhaupt erst in Gang kommt, muss der Wasserstoff (Deuterium und Tritium) enorm erhitzt und komprimiert werden. Die Wissenschaftler in Greifswald verwenden für ihren Test einen bestimmten Bautyp (Stellarator) - im Gegensatz zu dem Versuchsreaktor ITER (siehe unten) in Frankreich (Tokamak). In Greifswald soll allerdings keine Fusionsernergie erzeugt werden. Die Forschung beschränkt sich auf einen möglichen zukünftigen Reaktortyp und die Technik, um das sogenannte Plasma im Vakuum kontrollieren zu können. (Ausführliche Informationen finden Sie auf der Internetseite des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik)
Gibt es schon einen Kernfusionsreaktor?
Im französischen Ort Saint-Paul-lès-Durance bauen Wissenschaftler seit 2007 am Kernforschungszentrum Cardarache an einem einsatzfähigen Kernfusionsreaktor vom Typ Tokamak. Das multinationale Forschungsprojekt ITER hat sich zum Ziel gesetzt, Plasma über einen Zeitraum von 400 Sekunden stabil erhitzen und Energie daraus gewinnen zu können. Das bereits geplante Nachfolgeprojekt DEMO soll ab 2050 Strom ins Netz einspeisen.
Was kostet das alles?
Die Gesamtkosten für das 1996 gestartete Wendelstein 7-»-Projekt belaufen sich auf 1,3 Milliarden Euro, die Kosten für die Anlage selbst betragen 400 Millionen Euro. Finanziert wird das Vorhaben von Bund, Land und der EU.
Besteht eine Gefahr für die Umwelt durch Strahlung oder die Entstehung eines Schwarzen Loches?
Die Technik, sollte sie jemals funktionieren, hätte immense Vorteile. Im Gegensatz zur Kernspaltung entstünden bei der Fusion nur minimale Mengen Radioaktivität. Zudem kann die Fusion im Gegensatz zur Kernspaltung nicht zu einer Kettenreaktion führen (siehe oben). Auch die manchmal geäußerte Befürchtung, dass sich durch die Experimente in Greifswald ein so genanntes Schwarzes Loch entstehen, entbehrt jeder Grundlage.
Wann ist mit Ergebnissen zu rechnen?
In der Anlage vom Typ "Stellarator" kann Wasserstoff auf mehrere Millionen Grad erhitzt werden, sodass er zu Plasma wird, ein geladenes Gas. Diese hohen Temperaturen können jedoch nur im luftleeren Raum erreicht werden. In der Anlage schließt ein Magnetfeld das Plasma wärmeisolierend ein und hält es vom Gehäuse fern. In Greifswald gelang es bereits, das Plasma acht Minuten lang zu erhalten. Angestrebt werden nun bis zu 30 Minuten. Damit soll gezeigt werden, dass die Bauform "Stellarator" später in einem Fusionskraftwerk genutzt werden kann, wo dann auch Energieerzeugung stattfinden soll.
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