Umstritten: Bundeswehr wirbt bei Teenagern
Luca und Tom Sauerländer sind auf dem Heimweg von der Schule. Es ist der zweite Schultag nach den Sommerferien - Der Bus hat sie bis in ihr Dorf gebracht. Heute gab es die neuen Busfahrkarten. Auf der Rückseite hat der Landkreis Vorpommern-Greifswald Werbung für eine Jugend-Website der Bundeswehr drucken lassen.
Mit gängigen Vokabeln wie "Events", "Clubtreffen" oder "Gewinnspiele" versucht die Bundeswehr gezielt Kinder und Jugendliche zu locken - "Treffpunkt Bundeswehr" heißt die aufwändig gestaltete Internet-Seite. Susanne Sauerländer, die Mutter von Luca und Tom sieht das kritisch: "Ich finde das nicht gut, dass Werbung von der Bundeswehr an der Schule gemacht wird."
Zwölfjährige als Werbe-Zielgruppe?
Auf der beworbenen Internetseite kann man Mitglied der Community werden, an Gewinnspielen Teilnehmen oder sich den Film über das letzte Adventure Camp auf Sardinien angucken. Zu sehen sind Jugendliche bei einem Sommercamp auf der italienischen Mittelmeerinsel: Zelten, Baden, Strandfeeling - das sind die Hauptinhalte des Films.
Tom und Luca sind acht und zwölf Jahre alt - und doch offenbar schon Zielgruppe für die Werbung der Bundeswehr. Für den ehemaligen Wehrbeauftragten der Bundeswehr Reinhold Robbe ein echtes Problem. Er hält Werbung der Bundeswehr bei Kindern in dem Alter für unangebracht. Ganz anders sieht das Norbert Raulin. Für die SPD hat er im Aufsichtsrat des zuständigen Verkehrsbetriebs für den Aufdruck gestimmt. Für ihn ist die Bundeswehr ein legitimer Teil der Gesellschaft und ein großer Ausbildungsbetrieb in der Region zudem.
Bundeswehr sieht kein Problem
Die Bundeswehr selbst vermag die Sorgen der Eltern nicht zu erkennen. Sie stellt sich auf neue Zielgruppen ein: "Dabei sind den personalwerblichen Maßnahmen, Maßnahmen des Jugendmarketings vorgeschaltet, die sich an eine jüngere Zielgruppe richten und Jugendlichen einen Erstkontakt zum Arbeitgeber Bundeswehr und einen ersten Kontakt ermöglichen sollen", so die Bundeswehr in einer Stellungnahme.
Zu dem geringen Alter der Schüler heißt es weiter: "In einer Gesellschaft, die von der frühen Reife und Mündigkeit ihrer Jugend überzeugt ist, in der es auch Überlegungen und Forderungen gibt das Wahlrecht auf 16-Jährige zu erweitern, ist dies als folgerichtige Konsequenz und nicht als unzumutbare Beeinflussung oder kritikwürdige Praxis zu bewerten."
Eltern finden Werbung "unehrlich"
Nicht alle Erziehungsberechtigten der neuen Zielgruppen teilen die Meinung der Bundeswehr: "So mit den Kindern zu spielen, das ist einfach nicht ehrlich", meint Susanne Sauerländer, "wenn dann soll sich die Bundeswehr auch wirklich zeigen. Dann ist das eine andere Sache. Aber das so den Kindern in die Hand zu drücken - das finde ich nicht in Ordnung." Viel Ärger für die Bundeswehr und ihre Werbung im Landkreis Vorpommern-Greifswald. Denn der hat mit dem Geld der Bundeswehr die Kosten für die Herstellung der Schülerfahrkarten bezahlt.