Tourismusbarometer für MV: Viel Geld für wenig Qualität?
Das Gastgewerbe an Ostsee und Seenplatte hat die Krise überstanden. Während hier die Preise nun deutschlandweit am höchsten sind, wurden zuletzt unzureichendes Internet und Defizite im Service kritisiert.
Der Tourismus in Mecklenburg-Vorpommern hat sich weitgehend von den Auswirkungen der Corona-Krise erholt. Das ist ein Ergebnis des Tourismusbarometers des Ostdeutschen Sparkassenverbandes (OSV). Mit etwa 12,8 Millionen Übernachtungen habe Mecklenburg-Vorpommern 95 Prozent des Niveaus von 2019 erreicht. Auch bei Tagesreisen seien die Zahlen im Sommer 2023 wieder bei dem früheren Normalmaß angekommen. Dennoch wird durch die Studie auch deutlich, dass die Branche im Land weiter vor Problemen steht.
Preise hoch, Qualität unterdurchschnittlich
Marktforscher Karsten Heinsohn hat die Studie erstellt. Ihm zufolge ist das Preis-Leistungsverhältnis die größte Herausforderung für den Tourismus in Mecklenburg-Vorpommern. Mittlerweile sei das Land mit Blick auf die Hotellerie mit durchschnittlich 130 Euro pro Übernachtung pro Zimmer das teuerste Bundesland von allen. Zugleich sei die Zufriedenheit der Gäste mit der Qualität ihrer Unterkünfte zwar wieder leicht gestiegen, liege aber noch knapp unter dem deutschlandweiten Wert. Vor allem die Kostensteigerungen, unzureichendes Internet und Defizite im Service hatten zuletzt vermehrt für Kritik gesorgt. Außerdem stehe den gestiegenen Übernachtungspreisen die geringere Zahlungsbereitschaft der Reisenden gegenüber. Zwar seien die Mindestlöhne in den vergangenen Jahren angehoben worden, jedoch würde das Gehaltsplus bei vielen Menschen von den gestiegenen Lebenshaltungskosten geschluckt.
Heinsohn: Preisanstieg notwendig
Der hohe Übernachtungspreis im Land ergibt sich laut Heinsohn zum Teil daraus, dass Mecklenburg-Vorpommern im Ländervergleich einen relativ hohen Anteil an Vier- und Fünf-Sterne-Häusern besitze, wo Übernachtungen an sich relativ teuer sind. Zum anderen müssten Hotels die steigenden Personal- und Energiekosten kompensieren. So entspräche etwa der Preisanstieg bei Übernachtungen über die vergangenen fünf bis sechs Jahre von 16 Prozent dem Anstieg des Personalaufwandes in dieser Zeitspanne.
Einheimische bedeutend für Tourismus
Heinsohn wies im Zusammenhang mit den Herausforderungen des Tourismus in Mecklenburg-Vorpommern daraufhin, dass dieser sich auf zwei Säulen stütze: Den Übernachtungen und den Tagesgästen. Auch Letztere seien für den Branchenerfolg unerlässlich. Der Tagestourismus habe im Land im vergangenen Jahr zwei Milliarden Euro Umsatz generiert. Hier seien vor allem die Einheimischen eine große und entscheidende Zielgruppe. Diese auch als solche wahrzunehmen und die Akzeptanz des Tourismus in Mecklenburg-Vorpommern zu fördern, sei eine Chance für die Branche im Land. "Das heißt, die Menschen vor Ort mitzunehmen, auch Bewusstsein zu schaffen, auch vielleicht mal zu argumentieren und klar zu kommunizieren, warum die Preise auch steigen müssen, damit nämlich auch Löhne und Gehälter entsprechend steigen können", erklärte Heinsohn.
Woitendorf: Qualität hat ihren Preis
Laut Tobias Woitendorf, Geschäftsführer des Landestourismusverbands, will das Mecklenburg-Vorpommern "im Tourismus weit oben mitspielen". Qualität habe ihren Preis, daher seien die hohen Übernachtungskosten im Land nicht verwunderlich. "Wenn wir den Maßstab halten, dann werden wir immer noch vorne sein bei den Preisen, wollen aber natürlich Preis und Leistung so zueinander bringen, dass man sagt, die Qualität in Mecklenburg-Vorpommern ist ihr Geld auch wirklich wert", sagte Woitendorf gegenüber dem NDR. Er räumte diverse Preissteigerungen ein, viele würden sich mit ihren Preisen allerdings in einer ganz normalen Bandbreite bewegen. Außerdem sagte Woitendorf weitere Veränderungen in der Branche voraus und verwies darauf, dass einige Betreiber ihre Preise über den Sommer bereits wieder reduziert hätten.
Binnenland holt wieder auf
Die Steigerung bei den Übernachtungszahlen gegenüber dem ersten Halbjahr 2022 fällt in Mecklenburg-Vorpommern mit 4,6 Prozent unterdurchschnittlich aus - bundesweit lag das Nachfrage-Plus bei 16,3 Prozent. Allerdings hatte besonders die Ostseeküste im Nordosten schon im vergangenen Jahr spürbare Zuwächse zu verzeichnen. Nun holte auch die Seenplatte auf: Der Zuwachs zum Vorjahreszeitraum dort wurde mit fast elf Prozent angegeben.