Tag der Landfrauen: Engagiert in Familie, Beruf und Gesellschaft
Nur zehn Prozent der Landwirtschaftsbetriebe in Deutschland werden von Frauen geführt. Dörte Nowack aus Niekrenz ist eine von ihnen. Sie hatte andere Pläne, übernahm aber doch den väterlichen Betrieb.
Niekrenz (Landkreis Rostock), ein typisches Dorf im Mittleren Mecklenburg. Einfache Bauernhäuser, viele Ställe und Nebengebäude wurden einst mit Feldsteinen errichtet. So auch das inzwischen sanierte Wohn- und Stallgebäude von Familie Nowack nahe dem ehemaligen Gutshaus. Nach 20 Jahren Aufbauarbeit hat Vater Walter Röder seine Anteile am Hof an seine Tochter Dörte Nowack übergeben. Ein Betrieb mit gut 500 Hektar Acker- und Grünland sowie knapp 200 Mutterkühen. Seitdem hat die heute 55-Jährige den Betrieb erfolgreich weiterentwickelt und in vielen Bereichen modernisiert.
Unternehmerin wollte ursprünglich im Gartenbau durchstarten
Kurz vor der Wende ging für Dörte Nowack ein Traum in Erfüllung. Ein Gartenbau-Studienplatz an der Berliner Humboldt-Universität. Trotz aller Turbulenzen in jener Zeit beendete sie die Ausbildung erfolgreich. Das Angebot des Vaters zur Betriebsübernahme 2003 kam kaum überraschend. Zumal es gut "ausgeschmückt" war. Mit Versprechen, wie: Du arbeitest in der Natur, bist mit Tieren auf Du und Du, siehst den Sonnenaufgang am Morgen, den Sonnenuntergang am Abend. Was ihr Vater ihr damals verschwiegen habe, so sagt sie heute, sei die viele Bürokratie, die mit der Selbständigkeit verbunden ist. Aber vielleicht war es damals noch gar nicht soviel. Aus eigener Erfahrung wisse sie, das ständig mehr dazu gekommen ist. Längst sitze sie mehr im Büro und vor dem Bildschirm, als auf dem Feld oder im Stall aktiv zu sein. "Einfach schrecklich", bringt Dörte Nowack die Situation aus ihrer Sicht auf den Punkt.
Landwirtin engagiert sich ehrenamtlich für Bürokratieabbau - letztlich ohne Erfolg
In Gesprächen mit Berufskollegen erfuhr Dörte Nowack, dass alle ähnliche Probleme mit der zunehmenden Bürokratie hatten. Und sie beschloss, aktiv zu werden. Anfangs auf regionaler, später auch auf Landesebene im Bauernverband. Sie wurde Mitglied im Präsidium. Doch was sie auch unternahm, es habe sich nichts geändert. Es sei sogar ständig schlimmer geworden, so die ernüchternde Bilanz der engagierten Landwirtin. Letztlich habe sie resigniert aufgegeben. Zumal die Arbeit auf dem Hof die ganze Frau erfordert habe. Zu Hochzeiten, zur Ernte beispielsweise, oft sogar 12 bis 14 Stunden am Tag.
"Mich dann kurzerhand zu Beratungen, zu Versammlungen, zu Demos zu verabschieden, ohne aufgrund der gemachten Erfahrungen Veränderungen zu erwarten, das wollte und konnte ich einfach nicht mehr." Dörte Nowack, Landwirtin
Sie deutet auf ein Papier mit dem sie aufgefordert wird, genau anzugeben, welche vier Kerngrasarten auf ihren Wiesen und Weiden stehen und in welchem Umfang. Echte Schafgarbe, Grasnelken, Sumpfdotter, Wilde Möhre beispielsweise. "So was raubt mir Zeit und Nerven. Das ist Bürokratie pur", sagt sie sichtlich frustriert. Sie wird den Fragebogen letztlich wohl gemeinsam mit einer Expertin der LMS Agrarberatung ausfüllen. Und sich Entspannung bei der Jagd holen. Im Jagdverband engagiert sie sich weiterhin ehrenamtlich.
Ohne Sohn Christian läuft nichts im Familienbetrieb
Während Dörte Nowack mit zunehmender Bürokratie hadert, macht Sohn Christian die Feldtechnik winterfest. Er reinigt das Schneidewerk vom Mähdrescher gründlich und schaut gleichzeitig nach möglichen Schäden am Gerät. Zur nächsten Ernte sollte alles fit sein. Anschließend soll noch der alte Rinderstall so modernisiert werden, dass die Mutterkühe künftig ihre Kälber nicht mehr auf der Weide, sondern im Stall zur Welt bringen können. Lediglich ein Mitarbeiter geht Mutter und Sohn im vergleichsweise kleinen Familienbetrieb bei fast allen Arbeiten regelmäßig zur Hand. So gerade auch bei der Winterfestmachung der modernen Technik.
Landwirtin engagiert sich ehrenamtlich fürs Dorf
Osterfeuer, Herbstfeuer, Pflügerwettbewerbe. Dörte Nowack hat schon einiges organisiert. Und dabei viel Zuspruch von Einwohnern erfahren. Wenig Unterstützung allerdings von der Kommune, wie sie sagt.
"Was gibt es Schöneres, wenn ich mit dem Traktor durchs Dorf fahre, Menschen, vor allem auch Kinder, stehen bleiben und mir zuwinken. Da spüre ich Zusammenhalt. Das ist leider längst nicht überall und immer so." Dörte Nowack, Landwirtin
Sie tue alles dafür, dass es in ihrer Gemeinde so bleibe. Wenn man ein vertrauliches Miteinander pflege, dann komme auch etwas zurück von den Menschen, beobachtet sie.
Frauen an der Unternehmensspitze im Agrarbereich in der Minderheit
Lediglich jeder zehnte Agrarbetrieb in Deutschland wird von einer Frau geführt. Trotz zahlreicher Appelle in der Vergangenheit, dies zu ändern und deutlich mehr Frauen Spitzenpositionen zu ermöglichen: Geändert hat sich bislang kaum etwas. So bleibt es heute am Weltlandfrauentag der Vereinten Nationen einmal mehr bei politischen Statements. Für Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) sind "Frauen das Rückgrat des ländlichen Raums. Sie stehen für Vitalität, Zusammenarbeit und Zukunftsfähigkeit. Sie leisten Außerordentliches in Beruf, Familie und vielfach auch im Ehrenamt, machen ländliche Regionen erst zu einer lebenswerten Heimat."