Tag der Arbeit: Gewerkschaften fordern höhere Löhne

Stand: 01.05.2023 21:01 Uhr

Seit mehr als 130 Jahren ist der 1. Mai Symboltag der Arbeiterbewegung und Anlass für Gewerkschaften in ganz Deutschland zu Kundgebungen und Demonstrationen aufzurufen. Das Motto des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) in diesem Jahr: "ungebrochen solidarisch".

In Mecklenburg-Vorpommern haben sich am Tag der Arbeit Tausende Menschen an den landesweiten Kundgebungen beteiligt. Allein in Greifswald versammelten sich 3.000 Menschen, wie der DGB mitteilte. Insgesamt seien in Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Hamburg rund 22.000 Teilnehmende zu 22 Demonstrationen und Kundgebungen gekommen - knapp 2.000 mehr als im Vorjahr.

Höhere Löhne in MV gefordert

Bei den Kundgebungen und Demonstrationen ging es um bessere Arbeitsbedingungen, mehr soziale Gerechtigkeit und vor allem um höhere Löhne. Gerade an letzterem führe in Mecklenburg-Vorpommern kein Weg mehr vorbei, so der Vizevorsitzende des DGB Nord, Ingo Schlüter. Der Fachkräftemangel spitze sich immer weiter zu.

"Wir haben nach wie vor einen sehr hohen Pendlerstand von etwa 75.000 Kolleginnen und Kollegen, die jeden Tag zur Arbeit aus MV herauspendeln. Wir haben viele Frauen im Minijob oder in Teilzeit, die deutlich mehr arbeiten würden. Und wir haben Landeskinder, die gern nach Mecklenburg-Vorpommern zurückkommen würden, wenn sie tatsächlich mehr verdienen würden", so Schlüter. Er ist davon überzeugt, mit Tarifverträgen ließen sich diese Menschen für den Arbeitsmarkt im Land halten.

DGB: 850 Euro weniger für Menschen ohne Tarifvertrag

Seine Rechnung: Menschen in Mecklenburg-Vorpommern mit Tarifvertrag würden durchschnittlich 850 Euro brutto mehr im Monat verdienen. Sein Fazit: "Ein Tarifvertrag hilft. Die Gewerkschaft hilft. Jetzt ist die Arbeitgeberseite dran, sonst kommen wir einfach nicht zu einem konkurrenzfähigen Lohnniveau in Mecklenburg-Vorpommern." Deshalb habe der DGB die Arbeitgeber-Seite jüngst aufgefordert, in Verhandlungen zu treten. "Eine Antwort darauf erwarte ich unmittelbar nach dem 1. Mai", so Schlüter.

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VUMV: Sind hier nicht bei "Wünsch Dir Was"

Für den Präsident der Vereinigung der Unternehmerverbände im Land (VUMV), Lars Schwarz, sind die Gewerkschaftsforderungen nichts Neues: "Die hören wir seit vielen Jahren", sagte er vorab. "Wir sind hier aber nicht bei 'Wünsch-Dir-Was'". Auch der Letzte sollte mittlerweile verstanden haben, dass sich das Arbeits- und Fachkräfteproblem nicht einfach dadurch lösen lasse, indem mehr gezahlt würde. "Das sind Mythen", so der Arbeitgebervertreter. Schwarz plädiert lieber dafür, Abgaben zu senken.

Seine Argumentation: "Wir sind Vizeweltmeister bei den Abgaben und die einzigen, die davon profitieren sind der Staat und die Politik. Wenn wir das senken, bleibt auch mehr bei den Arbeitnehmern übrig." Auch wenn Schwarz beim Thema Löhne "Einigungen auf Augenhöhe mit den Sozialpartnern" nicht gänzlich ausschließt, entgegnet Schlüter lediglich: "Das sind Arbeitgeberstimmen, die fest in den 1990er-Jahren hängen geblieben sind."

Arbeitsminister Meyer: Gute Löhnen gegen Fachkräftemangel

Rückdeckungen für die Gewerkschaftsforderungen gibt es von Landesarbeitsminister Reinhard Meyer (SPD). Sie seien angesichts steigender Preise gerechtfertigt. Und auch Meyer sieht in guten Löhnen die Chance auf bessere Arbeitsbedingungen, die bei der Bewältigung des Fachkräftemangels helfen könnten. Und so ist der 1. Mai für Minister Meyer auch eine gute Gelegenheit in diesem Zusammenhang das neue Vergabe- und Tariftreuegesetz zu bewerben. Daran tüfteln derzeit die rot-roten Koalitionäre. Es soll kommende Woche im Landtag diskutiert werden.

Schwesig bei Familienfest in Rostock

Zur Eröffnung eines Familienfests in Rostock hat auch Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) vor etwa 1.000 Menschen für das von der Landesregierung geplante Vergabe- und Tariftreue-Gesetz geworben: "Die Menschen in unserem Land leisten genauso gute Arbeit wie ihre Kolleginnen und Kollegen in anderen Teilen Deutschlands", erklärte sie. Und deshalb hätten sie auch gleiche Löhne verdient. Das geplante Vergabe- und Tariftreugesetz für das Land sieht vor, dass Unternehmen mindestens Tariflohn oder tarifgleichen Lohn zahlen müssen, um einen öffentlichen Auftrag des Landes oder der Kommunen zu erhalten.

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"Absoluter Rohrkrepierer" und "billiger Versuch, die Verantwortung auf die Arbeitnehmer abzuwälzen", nennt VUMV-Chef Schwarz das Vorhaben. Er sagt: „Wir brauchen nicht noch mehr schädliche Eingriffe in die unternehmerische Freiheit." Kritischen Stimmen wie diesen entgegnet der Sozialdemokrat: "Wer glaubt, ein wirtschaftliches Geschäftsmodell allein auf zwölf Euro Mindestlohn aufbauen zu können, der wird auf Dauer scheitern". Dass viele Unternehmer im Land bei den Löhnen aktuell nachziehen würden, bestätige ihn. 

SPD-Arbeitsminister: "Zuwanderung ist ein Muss"

Arbeitsminister Meyer will aber nicht nur mit steigenden Löhnen den Arbeits- und Fachkräftemangel angehen. Ihm zufolge braucht es in der Zukunft mehr Werbung für Ausbildungen, mehr Anreize für das Unternehmertum und mehr Weiterbildungen für spezialisierte Berufe der Zukunft. "Und wir werden erleben, dass das Bild der Belegschaften in den Unternehmen im wahrsten Sinne des Wortes bunter wird. Das Thema Zuwanderung ist ein Muss, um die Arbeits- und Fachkräfte für die Zukunft zu finden", da ist sich Meyer sicher.

Traditionell finden am 1. Mai Kundgebungen und Familienfeste statt - neben Greifswald und Rostock waren auch in Güstrow, Schwerin, Waren und Neubrandenburg Veranstaltungen geplant.

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Nordmagazin | 01.05.2023 | 19:30 Uhr

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