Fosen Werft in Stralsund geht in die Insolvenz

Stand: 23.08.2024 14:29 Uhr

Die Fosen Werft in Stralsund hat nach NDR Informationen Insolvenz beantragt. Betroffen sind etwa 45 Mitarbeiter. Sie wurden nach Angaben der IG Metall auf einer Mitarbeiterversammlung informiert.

von Stefan Ludmann

Rückschlag für die Pläne von Stralsunds Oberbürgermeister Alexander Badrow (CDU), die ehemalige Volkswerft wieder zu einem attraktiven Industriestandort zu machen: Am Mittwoch hatte Badrow erklärt, die Pachtverträge mit der Fosen Werft seien gekündigt worden, einen Tag später meldete die Fosen-Geschäftsführung Insolvenz an. Das Unternehmen hatte die große Schiffbauhalle angemietet, eines der Wahrzeichen der Hansestadt, das an die Tradition der Volkswerft erinnert. In der Halle wurde bis Mai die "Gorch Fock 1" saniert - mit Fördermitteln der EU und des Bundes.

Weniger Jobs als zugesichert

Fosen gehörte nach der Pleite der MV-Werften 2022 zu den ersten Unternehmen, die die Stadt als Eigentümerin des Volkswerftgeländes am Industriestandort ansiedelte. Badrow sprach damals davon, dass die ehemalige Volkswerft "zurück nach Stralsund" komme. Die Erwartungen an Fosen haben sich allerdings zerschlagen. Das Unternehmen hat nach Gewerkschaftsangaben keine Tariflöhne bezahlt und nur etwa 45 Jobs geschaffen. Mit der Stadt waren deutlich mehr vereinbart, angeblich 100. Hintergrund des Streits könnten auch ausgebliebene Pachtzahlungen sein. Aus Werft-Kreisen heißt es, Fosen habe die Pacht nicht vollständig gezahlt. Mit der Kündigung der Pachtverträge verlor Fosen seine Betriebsstätte - offenbar eine Ursache für die Insolvenz. Die Stadt stellte dem Unternehmen kurz nach der Kündigung bereits den Strom ab. Fertiggestellte Aufträge für ein dänisches Unternehmen konnten nicht ausgeliefert werden. "So geht man nicht miteinander um", berichtete ein Fosen-Mitarbeiter.

Zukunft des Unternehmens offen

Wie es jetzt auch für die Beschäftigten weitergeht, ist offen. Der bisherige Geschäftsführer Carsten Stellamanns war für den NDR nicht zu erreichen. Offenbar ist auch der Gesprächsfaden zur Stadt abgerissen. Man habe Schwierigkeiten, den Stralsunder Fosen-Chef ans Telefon zu bekommen, hieß es. Zum Insolvenzverwalter hat das Amtsgericht Stralsund den Düsseldorfer Rechtsanwalt Biner Bähr bestellt. Er ist für die internationale Insolvenzkanzlei White & Case tätig. Bähr gilt als Sanierungsexperte, auch er war telefonisch zunächst nicht zu erreichen.

IG-Metall: Schlag ins Gesicht

Die IG-Metall spricht angesichts der Insolvenz und der ungesicherten Zukunft der Beschäftigten von einem "Schlag ins Gesicht". Schon vor zwei Jahren hätten Interessenten nicht unbedingt Schlange gestanden, erklärte der regionale IG-Metall Sprecher Frank Prenzlau.

Oberbürgermeister Badrow zeigt sich optimistisch. Die Trennung von Fosen eröffne neue Perspektiven, hieß es. "Wir sind zuversichtlich, dass wir zeitnah neue Partner finden, die die Standortvorteile nutzen", so Badrow. In einer Pressekonferenz am Donnerstagabend sagte er, Fosen schulde der Stadt einen sechsstelligen Pachtbetrag. Es habe Versuche gegeben, eine Lösung zu finden, allerdings ohne Erfolg.

Neuer Interessent schon in den Startlöchern?

Offenbar gibt es schon Interessenten. Die auf dem Werftgelände aktive Stralsunder Strela Shiprepair Yard teilte kurz nach der Bekanntgabe der Fosen-Insolvenz mit, sie wolle "die durch den Rückzug der Firma Fosen entstandende Lücke füllen". Offenbar ist bereits eine Kooperation für die Nutzung der Schiffbauhalle vereinbart worden. "Für uns eröffnet dies die Möglichkeit, die bisherigen Reparatur- und Umbaukapazitäten deutlich zu vergrößern", erklärte Geschäftsführer Jan Tebbe-Simmendinger. Über die Zahl der Jobs, die möglicherweise entstehen, wurde nichts mitgeteilt. Zur Zeit wird in der Schiffbauhalle das Segelschulschiff "Greif" saniert. Die Arbeiten an dem Traditionssegler sind zu 75 Prozent abgeschlossen. Für die restlichen werde nun eine Lösung gesucht, so Badrow.

Weitere Informationen
Das Gelände der Neptun Werft in Rostock-Warnemünde, wo das Fraunhofer IGP in Zukunft an alternativen Schiffsantrieben forschen wird. © picture alliance/dpa Foto: Bernd Wüstneck

Neptun Werft in Rostock: Gewerkschaft mahnt zu schneller Meyer-Rettung

Die Beschäftigten der Rostocker Neptun Werft, die zum Meyer-Konzern gehört, wurden am Montag über das weitere Vorgehen informiert. mehr

Luftbildaufnahme der Stadt Stralsund mit Blick auf die Altstadt und die Volkswerft © Hansestadt Stralsund Foto: Hansestadt Stralsund

Stralsund: Trennung von Fosen auf der Volkswerft

Die Hansestadt kündigt mit sofortiger Wirkung den Pachtvertrag mit der Fosen Werft GmbH. mehr

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Die Grünen) bei der TKMS-Werft Wismar © Katharina Seiler Foto: Katharina Seiler

Habeck bei TKMS-Werft: Viele Möglichkeiten, keine Aufträge

Die Zukunft der TKMS-Werft bleibt ungewiss. Bundeswirtschaftsminister Habeck sieht sie im Bau von Konverterplattformen. mehr

Zwei DFDS-Fähren liegen vor der Volkswerft Stralsund. © dpa-Bildfunk Foto: Stefan Sauer

Stralsund: Fosen Yard nicht von Pleite in Norwegen betroffen

Der Schwesterkonzern Fosen Yard AS hat in Norwegen Insolvenz angemeldet, man sei jedoch nicht voneinander abhängig. mehr

Dieses Thema im Programm:

Nordmagazin | 22.08.2024 | 19:30 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Landkreis Vorpommern-Rügen

Mehr Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern

Kinderrucksäcke hängen an der Garderobe einer Kita. © picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild Foto: Monika Skolimowska

Kitas in MV: Studie sieht sinkende Zahl an Fachkräften

In den Kitas in Mecklenburg-Vorpommern arbeiten immer weniger ausgebildete Erzieherinnen und Erzieher. Die Bertelsmann-Stiftung schlägt Alarm – wieder einmal. mehr

Die Applikation App WhatsApp ist auf dem Display eines Smartphones zu sehen. © picture alliance/dpa Foto: Silas Stein

Im Handy abonnieren: Die NDR MV Nachrichten bei Whatsapp

Im NDR MV Whatsapp-Kanal gibts die wichtigsten Themen für Mecklenburg-Vorpommern kompakt und schnell zusammengefasst. extern

Das Logo von #NDRfragt auf blauem Hintergrund. © NDR

Umfrage zu den Neuwahlen: Welche Themen muss die Politik anpacken?