Sind die Atommüllbehälter dicht? Castoren in Lubmin werden geprüft
Sind die in Lubmin gelagerten Castor-Behälter noch dicht? Dem gehen jetzt Experten im Entsorgungswerk für Nuklearanlagen EWN auf den Grund.
In einem unscheinbaren hellblauen Klotz, außerhalb des beschaulichen Seebads Lubmin, liegen seit 1994 atomare Abfälle. Das Zwischenlager Nord ist ein Hochsicherheitstrakt, der nur von wenigen Experten unter strengen Vorkehrungen betreten werden darf. Das Entsorgungswerk für Nuklearanlagen – kurz EWN – lagert hier 74 Castor-Behälter in Halle 8.
In 65 davon befinden sich Brennstoffe aus den Kernkraftwerken Greifswald und Rheinsberg. In den restlichen neun Castoren lagern ebenfalls hochradioaktive Materialen aus Anlagen des EWN-Tochterunternehmens KTE in Karlsruhe sowie geringe Mengen des ehemaligen nuklearen Forschungsschiffs „Otto Hahn“.
Messsystem soll Informationen über das Innere hervorbringen
Die Castoren bestehen aus speziellem Gusseisen und sollen so das Innere von außen abschirmen. In einem neuen Forschungsprojekt des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf sollen die Castoren mit Strahlenmessgeräten untersucht werden, die von der Technischen Universität Dresden und der Hochschule Zittau-Görlitz entwickelt wurden.
Die Messungen müssen den Inhalt überprüfen können, ohne dass die Behälter geöffnet werden müssen. „Das Messsystem misst die Gammastrahlen, die aus dem Behälter austreten. Das letzte Bisschen, was es noch rausschafft, wollen wir nutzen, um noch Informationen über das Behälterinventar zu bekommen. Wir machen eine Strahlungsmessung an verschiedenen Stellen mit einer gewissen Wiederholgenauigkeit“, erklärt der Wissenschaftler Dr. Michael Wagner von der TU Dresden im Gespräch mit NDR MV.
Strahlungsmessung erfolgt mit Roboter
Das Strahlenmessgerät – eine Art Roboter, auf dem die Messgeräte befestigt sind - ist vollautomatisiert und auf Wiederholung programmiert, so dass es auch nach Jahren an den gleichen Positionen wieder misst, nennt Wagner die Vorteile. Dafür fährt ein spezieller Sensor die Außenhaut der Castoren ab. Die Strahlungsmessung erfolgt also ohne direktes menschliches Zutun. Die Testmessungen werden an einem Castor-Behälter vorgenommen. Diese werden in den kommenden Monaten mehrfach wiederholt. Die Forschungsergebnisse sollen im Oktober vorliegen.
Messwerte werden für weitere Genehmigung benötigt
Für die Zwischenlagerung der hochradioaktiven Abfälle muss EWN eine Verlängerung beantragen. Denn die Aufbewahrungsgenehmigung ab Verschluss der Castoren ist auf 40 Jahre beschränkt. Für das erneute Genehmigungsverfahren müssen neue Daten vorgelegt werden. Dafür werden aktuelle Messergebnisse benötigt.
An den mehr als 1200 Castor-Behältern, die bundesweit gelagert werden, sei noch kein Nachlassen der Dichtheit festgestellt worden, versichert Radloff. Für den unwahrscheinlichen Fall gebe es ein bestehendes Reparaturkonzept, so der Pressesprecher, „was darin besteht, dass man den Fügedeckel aufschweißt und die entsprechenden Dichtbarrieren wieder herstellt.“
Umweltverbände fordern "heiße Zelle"
Eine sogenannte „heiße Zelle“ – ein abgeschirmter Raum, in dem ferngesteuert Castorbehälter geöffnet und repariert werden können – werde daher bei dem neuen Genehmigungsverfahren nicht mit eingereicht. Die ist gesetzlich auch nicht vorgeschrieben, allerdings fordern Umweltverbände wie der BUND sie seit Längerem. Bei dem geplanten Neubau als Ersatz für das Transportbehälterlager in Halle 8 werde sich EWN die Option einer „heißen Zell“ allerdings vorbehalten, sollten sich die Auflagen der zukünftigen Genehmigungsverfahren ändern.