Schwimmende Flugabwehr für Ostsee: Beschaffung der Fregatte F127 startet
Verteidigungs- und Haushaltsausschuss des Bundestags haben grünes Licht für die Anfinanzierung des US-amerikanischen Aegis-Kampfsystems erteilt. Es soll auf der neuen Fregatte der Klasse F127 der Deutschen Marine installiert werden.
Noch hat der Bund den Auftrag für den Bau der neuen Fregatten vom Typ F127 nicht erteilt, dennoch haben der Verteidigungsausschuss und der Haushaltsausschuss die erste Hürde auf dem Weg zur Bestellung genommen: Die Mitglieder beider Ausschüsse haben heute dafür gestimmt, mit dem US-amerikanischen Rüstungskonzern Lockheed Martin einen Vertrag abzuschließen, der die Beschaffung des Aegis Combat Systems absichern soll. Das Geld für dieses Flugabwehrsystem zum Einsatz auf Kriegsschiffen kommt aus dem sogenannten Sondervermögen Bundeswehr. Es wurde 2022 eingerichtet, um die Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit der Bundeswehr zu stärken.
Auftragsvolumen von rund 15 Milliarden Euro
Aus Ausschusskreisen heißt es, es handele sich dabei zunächst um eine Anfinanzierung in Höhe von 44,5 Millionen Euro. Lockheed Martin werde mit den Mitteln eine Studie anfertigen, um zu prüfen, ob das Aegis-System und der favorisierte Entwurf für das Schiff zueinander passen. Bei wem und wie viele Fregatten der Bund tatsächlich bestellen wird, ist offiziell noch offen. Die Deutsche Marine geht in ihrem Zielbild Marine 35+ von sechs Fregatten des Typs F127 aus, die der Marine ab 2035 zur Verfügung stehen werden. Diese seien notwendig, um die Verpflichtungen gegenüber der NATO zu erfüllen. Experten rechnen mit einem Auftragsvolumen von rund 15 Milliarden Euro allein für die Deutschen Schiffe.
Zuschlag an TKMS gilt als sicher
Spätestens mit dem nun beschlossenen Vertrag mit Lockheed Martin gilt als gesichert, dass Thyssen Krupp Marine Systems (TKMS) gemeinsam mit einem oder mehreren Partnern den Zuschlag zum Bau der F127 erhalten wird: Der Entwurf der Fregatte MEKO A-400 von TKMS ist der einzige nationale Schiffsentwurf, der ein Aegis Flugabwehrsystem aufnehmen kann. Im September hatten TKMS und Schiffbauer NVL öffentlichkeitswirksam eine Vereinbarung zur Zusammenarbeit beim Bau der F127 unterzeichnet.
Baukapazitäten in Wismar, Hamburg und Wolgast
Dabei hatte TKMS-Chef Oliver Burkhard erklärt: "Wir haben bereits erhebliche Investitionen in die Entwicklung der MEKO-A-400-Technologie und in die Erweiterung der Baukapazitäten am Standort Wismar getätigt. Jetzt ist die Politik am Zug, um das Projekt voranzutreiben und es mit den notwendigen Finanzmitteln zu hinterlegen."
Von NVL-Chef Friedrich Lürßen hieß es: "Durch unsere Kooperation schaffen wir die industriellen Voraussetzungen, unsere Wettbewerbsfähigkeit im militärischen Überwasserschiffbau nachhaltig zu stärken und wichtige Industriearbeitsplätze auf den Werften und in der nationalen Zulieferindustrie zu sichern und auszubauen." NVL hatte angekündigt, dass Teile der Fregatte auch in Hamburg und Wolgast gebaut werden sollen.
Weitere Kooperation mit Norwegen möglich
Allerdings gibt es noch einen weiteren möglichen Partner: Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hatte bereits im Frühjahr angekündigt, dass Deutschland beim Bau der F127 auch mit Norwegen kooperieren könnte. Aus gut informierten Kreisen heißt es, die norwegische Marine könnte fünf Fregatten ordern, die auf dem TKMS-Entwurf basieren. Es geht also um Aufträge für weitere 12,5 Milliarden Euro. So eine Rüstungskooperation mit dem skandinavischen Land besteht bereits beim Bau der U-Boot Klasse 212 CD.
Doch anders als bei den baugleichen U-Booten für beide Länder setzen Norwegen und Deutschland bei der neuen Fregatte unterschiedliche Schwerpunkte. Während für Deutschland die Luftverteidigung im Vordergrund steht, setzen die Norweger auf die Abwehr von Unterwasserangriffen. Laut Experten könnten diese verschiedenen Anforderungen am Ende aber durch eine individuelle technische Ausstattung der Schiffe gelöst werden.
Arlt: "Werftenstandort Wismar wäre für 15 bis 20 Jahre gesichert"
Norwegen hat angekündigt, im 1. Halbjahr 2025 bekannt zu geben, ob es sich für den TKMS-Entwurf entscheidet. Für Johannes Arlt (SPD), Abgeordneter aus Mecklenburg-Vorpommern und Mitglied im Verteidigungsausschuss, liegen die Vorteile einer Zusammenarbeit auf der Hand: „Durch die Kooperation mit Norwegen wäre der Werftenstandort Wismar für die kommenden 15 bis 20 Jahre gesichert und damit auch Hunderte gut bezahlte Arbeitsplätze.“ Ähnlich äußert sich der Wismarer Frank Junge (SPD), Mitglied im Haushaltsausschuss: „Mein Interesse ist äußerst groß, dass der Auftrag an TKMS erteilt wird.“
Entscheidung 2025 notwendig
Eine finale Entscheidung zur Beauftragung steht weiterhin aus. Die nun beschlossene Anfinanzierung und das Signal aus Norwegen deuten jedoch darauf hin, dass eine Entscheidung des Bundes ebenfalls im Frühjahr 2025 erfolgen könnte. Das ist laut TKMS notwendig, um den geplanten Liefertermin 2034 zu halten.