Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) im Landtag © dpa-Bildfunk Foto: Jens Büttner/dpa-Zentralbild/dpa

Schwesig scheitert im Rechtsstreit gegen CDU-Politiker Ploß

Stand: 23.02.2022 10:33 Uhr

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) ist mit ihrem juristischen Vorgehen gegen den Hamburger CDU-Bundestagsabgeordneten Christoph Ploß vorerst gescheitert. Das Hamburger Landgericht hat entschieden, dass Schwesig keinen Anspruch auf Unterlassung gegen den CDU-Politiker hat.

von Stefan Ludmann, NDR 1 Radio MV Aktuell

Es geht um einen kurzen Satz in der ZDF-Talkshow Lanz vor gut zwei Wochen. Der Hamburger CDU-Landesvorsitzende Ploß saß da direkt neben seinem Bundestagskollegen, dem SPD-Parteichef Lars Klingbeil. Beide lieferten sich einen heftigen Schlagabtausch über die SPD-Haltung zum Ukraine-Konflikt. Und in Zusammenhang mit der Pipeline Nord Stream 2 sagte Ploß in Richtung Moderator: "Dann haben sie weitere Personen in der SPD-Spitze wie Manuela Schwesig, die klar sagt: 'Also diese Völkerrechtsverletzungen, die interessieren mich nicht. Hauptsache, die Pipeline kommt in Betrieb.' Sie hat das ziemlich deutlich gesagt."

Unterlassungserklärung von Spitzen-Kanzlei

Schwesig sah sich falsch wiedergegeben und verlangte eine Unterlassungserklärung. Um Druck zu machen, engagierte sie dafür eine Hamburger Medienkanzlei, die bundesweit einen Namen hat. Das Anwaltsbüro Nesselhauf hat schon Schwesigs Parteifreund, den Lobbyisten für russisches Gas, Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) vertreten. Nesselhauf schickte Ploß kurz nach der Sendung eine Unterlassungserklärung zu, er sollte sich dazu verpflichten, die Aussage nicht mehr zu wiederholen.

Gericht sieht Meinungsäußerung, kein Zitat

Weil Ploß nicht unterschreiben wollte, landete die Sache vor der Zivilkammer 24 des Landgerichts Hamburg. Das Dreier-Gremium verpasste Schwesig ohne mündliche Verhandlung eine herbe Niederlage. In dem Beschluss, der dem NDR vorliegt (Az.: 324 O 53/22), heißt es, Schwesig habe keinen Anspruch auf Unterlassung. "Bei Berücksichtigung des Kontextes der Äußerung und des Charakters der Auseinandersetzung als hitzige Diskussion stellt sich die angegriffene Äußerung als politische Meinungsäußerung und nicht als Wiedergabe eines Zitats dar".

Verweis auf Diskussions-Situation

Für die Richter ist klar, dass Ploß Schwesig nicht zitierte. Die Formulierung, jemand "sage" etwas, sei vielmehr ein Stilmittel, "um politische Positionen zusammenzufassen". Bei Ploß´ Aussage handele es sich um eine "wertende Zuspitzung, nicht hingegen um ein wörtliches Zitat". Das Gericht verweist außerdem auf die Begleitumstände. Ploß habe sich in einer TV-Livesendung geäußert, "in der sich die Diskutierenden häufig ins Wort fallen und die mit Schärfe geführt wird".

Ploß: "Sieg für die Meinungsfreiheit"

Ploß reagiert auf Anfrage des NDR erleichtert auf die Gerichtsentscheidung. Es sei richtig gewesen, "sich von den juristischen Winkelzügen nicht einschüchtern zu lassen". Debatten sollten in einer Demokratie mit Argumenten statt mit Anwälten geführt werden. "Diese Niederlage von Manuela Schwesig ist ein Sieg für die Meinungsfreiheit", so der CDU-Politiker. Seine Anwältin Patricia Cronemeyer sagte, "der Versuch, eine zulässige politische Meinungsäußerung in einer Fernsehdiskussion als vermeintliches Falschzitat verbieten zu lassen, blieb zu Recht erfolglos".

Beschwerde beim Oberlandesgericht möglich

Auf NDR Anfrage erklärte Regierungssprecher Andreas Timm, man werde die Entscheidung des Landgerichts prüfen. Schwesig kann in den nächsten 14 Tagen noch Beschwerde beim Oberlandesgericht Hamburg einlegen. Schon jetzt steht fest: Die Kosten des Rechtsstreits der Ministerpräsidentin trägt der Steuerzahler. Eine weitere Schleife vor Gericht würde diese Kosten sehr wahrscheinlich in die Höhe treiben.

CDU-Fraktionschef Liskow: Schwesig sollte selbst zahlen

Gegen eine Übernahme der Prozesskosten aus der Landeskasse hat sich der Chef der CDU-Landtagsfraktion, Franz-Robert Liskow, ausgesprochen. Er findet, "dass Frau Schwesig solche Sachen selbst bezahlen sollte". Einen Politikerkollegen in einem demokratischen Meinungswettstreit mit einer Unterlassungsklage zu bedrohen, sei ohnehin "schlechter Stil". Der Vorgang sei auch bemerkenswert, weil Schwesig selbst als "nicht gerade zimperlich" auftrete, wenn es darum gehe, sich mit dem politischen Gegner auseinanderzusetzen.

Schwesig hat bereits mehrfach abmahnen lassen

Schwesig gilt als klagefreudig. Sie hat in der Vergangenheit immer wieder Politiker und Journalisten abmahnen lassen - schon zu ihrer Zeit als Sozialministerin im Kabinett von Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD). Im November 2009 ging sie mit einer Unterlassungserklärung gegen den damaligen FDP-Landesgeneralsekretär Hagen Reinhold vor. Vor Gericht erzielte sie seinerzeit einen Erfolg - schon damals hatte sie den Hamburger Anwalt Michael Nesselhauf engagiert.

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 23.02.2022 | 06:00 Uhr

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