Rot-Rot bringt neues Gesetz gegen Lehrermangel auf den Weg
Mit einer Reform des Lehrerstudiums will die rot-rote Landesregierung den Lehrermangel in den Griff bekommen. Wissenschaftsministerin Martin hofft auf niedrigere Abbrecherquoten. Das Kabinett hat ihren Gesetzentwurf auf den Weg gebracht. Von der CDU kommt Kritik, die GEW lobt die Pläne.
Neues Schuljahr - alte Probleme: An jeder 20. Schule in Mecklenburg-Vorpommern ist wegen des Lehrermangels erst einmal kein normaler Unterricht möglich. Die Landesregierung will gegensteuern und mehr Lehrkräfte an den Universitäten im Land ausbilden. Die zuständige Wissenschaftsministerin Bettina Martin (SPD) arbeitet seit Monaten an einem neuen Lehrkräftebildungsgesetz, das das Studium reformieren soll. An diesem Dienstag ist ihr Entwurf durch das Kabinett gegangen.
Mehr Praxis, weniger Fachwissen
Ministerin Martin wiederholte - wie zuletzt schon im Mai oder im Juli im Landtag - die Ziele: Es gehe darum, mehr Lehrkräfte auszubilden und das schneller und besser hinzubekommen. Vieles soll deshalb anders werden mit dem neuen Gesetz, gerade wegen der hohen Abbrecherquote. Bis zu sieben von zehn Studierenden werfen frühzeitig hin. Martin will die Hürden senken und das Studium attraktiver machen: Die angehenden Lehrkräfte sollen weniger Fachwissen pauken müssen, dafür mehr Pädagogik. "Wir bilden keine Professoren aus, sondern Lehrer", so Martin.
Kommt der Einheitslehrer?
Insgesamt soll die Prüfungslast sinken, im Tausch für mehr Praxisbezug mit möglichst früher Unterrichtserfahrung. Studierende aus anderen Fächern sollen schneller auf den Lehrerberuf umsatteln können. Die Trennung zwischen angehenden Lehrern an Regionalschulen und Gymnasien will Martin kippen. Unterrichten an beiden Schularten soll möglich sein. Das Gymnasium sei trotzdem nicht in Gefahr, machte Martin klar.
Gesetz greift erst Ende 2025
Bildungsministerin Simone Oldenburg (Die Linke) sieht dringenden Handlungsbedarf. Bis 2030 brauche das Land mehr als 5.000 Lehrer - vor allem wegen der Pensionierungswelle. Allerdings bilde das Land nur 2.400 selbst aus. Oldenburg sprach von einem "Delta" von 2.600 Lehrern. Ein Großteil der Lücke wird mit sogenannten Seiteneinsteigern geschlossen. Auch Martin meinte, die Zeit dränge. Trotzdem soll ihr Gesetz erst Ende 2025 greifen. Martin räumte ein, dass ein Lehrerstudium rund sieben Jahre dauere - bis der Pädagogennachwuchs, der das neue System durchläuft, an die Schulen kommt, wird es also dauern.
Maßnahme billiger als Kosten für Lohnsoftware
Konkrete Ziele hat sich die Ministerin nicht gesetzt, sie sagte: "Wir gehen davon aus, dass die Reform die Situation verbessert." Das Land gebe für diese Maßnahmen gegen den Lehrermangel fünf Millionen Euro extra pro Jahr aus - insgesamt 25 Millionen Euro bis 2030. Bei knapper Haushaltslage sei das ein "richtiger Schluck aus der Pulle", meinte Martin. Zum Vergleich: Die neue Computer-Lohnsoftware für die Landesbeschäftigten will sich die Landesregierung etwa 70 Millionen Euro kosten lassen.
CDU befürchtet "Einheitsschule"
Die CDU-Fraktion warnte vor einem Qualitätsverlust an den Schulen. Das Lehramt an regionalen Schulen und das Lehramt an Gymnasien werde zu einem "Einheitslehramt verschmolzen", kritisierte Fraktionschef Daniel Peters. Das bringe nicht mehr Bewerber, sondern weniger. Peters vermutet einen "tieferen Sinn": Der Einheitslehrer sei der "logische erste Schritt hin zur Einheitsschule." SPD und Linke widersprachen vehement. Die SPD-Abgeordnete Nadine Julitz sprach von "Fake News". Die Koalition wolle "selbstverständlich das Gymnasium erhalten und zugleich das Studium attraktiver machen."
GEW: Pläne folgerichtig und überfällig
Die Lehrergewerkschaft GEW lobte die Pläne. "Wir sind sehr zufrieden", erklärte die stellvertretende GEW-Landesvorsitzende Sandra Astáras. Die gemeinsame Ausbildung für das Lehramt an Gymnasien und regionalen Schulen für die Klassen 5 bis 12 werde helfen, dem Lehrkräftemangel zu begegnen. Andere Bundesländer hätten damit bereits Erfahrungen gesammelt. Die alte Trennung der Lehrämter habe auch damit zu tun, dass Schülergruppen an Gymnasien früher deutlich einheitlicher gewesen seien als an Real- oder Gesamtschulen. Das entspreche jetzt nicht mehr der Realität, so die GEW-Vize. Deshalb seien die Pläne folgerichtig und längst überfällig.