Rainer Prachtl gestorben: Ehemaliger Landtagspräsident wurde 74
Der ehemalige Landtagspräsident und Vorsitzende des Neubrandenburger Dreikönigsvereins Rainer Prachtl ist in der Nacht zu Sonnabend überraschend im Alter von 74 Jahren gestorben. Prachtl soll mit einem Trauerstaatsakt geehrt werden.
Völlig unerwartet ist der Vorsitzende des Neubrandenburger Dreikönigsvereins, Rainer Prachtl, im Alter von 74 Jahren gestorben. Darüber informierte der Verein am Montag. Prachtl, der 1950 in Neubrandenburg geboren wurde, war der Gründungsvater des Vereins.
Aufopferungsvolle Vereinsarbeit
Zu seinen Ideen gehörten die jährlichen Benefizveranstaltungen zum Dreikönigstag, die Israelreisen für Jugendliche sowie die Verleihung des Siemerling-Sozialpreises und die ambulante und stationäre Hospizarbeit. Prachtl war es auch, der Michail Gorbatschow als Ehrengast nach Neubrandenburg holte - zum traditionellen Benefizabend des Vereins mit Galadinner. Das Geld ging an die Hospizarbeit. Die Liste der Gäste, die Prachtl hier über die Jahre begrüßte, ist illuster: Gesine Schwan, Angela Merkel, Roman Herzog, Wolfgang Schäuble, Wolfgang Thierse, Hans-Jochen Vogel und Joachim Gauck. Im Nachruf des Vereins heißt es: "Sein Tod reißt eine große Lücke nicht nur in den Verein, sondern auch in die Stadtgesellschaft Neubrandenburgs und darüber hinaus."
Langjährige Tätigkeit im Landtag
Von 1990 bis 1998 war Prachtl Landtagspräsident Mecklenburg-Vorpommerns und hatte unter anderem maßgeblichen Anteil an der Gestaltung der Landesverfassung. Das war ihm ein Herzensanliegen - er holte dazu Grüne und Mitglieder der DDR-Bürgerbewegung mit an den Tisch, obwohl sie nicht in den Landtag gewählt worden waren. Prachtl wollte gerade sie mit einbeziehen. Nicht nur wegen der Akzeptanz, auch weil er wusste, dass die Demokratie nur durch diese Menschen durchgesetzt worden war. Um seine Arbeit den Menschen nahezubringen, war er ständig unterwegs. "Der Mercedes, der war vollgepackt, also mein Dienstwagen war vollgepackt mit Verfassungsbroschüren, und da ich ein lebendiger Typ bin, ich sagte bloß zum Fahrer anhalten, dann bin ich aus dem Mercedes raus gesprungen, auf den Bauernhof rauf und Verfassungen verteilt. Oder überall wo ich Menschen sah, ob das vor Werfttoren war, ob das in Kleingartenanlagen war, also die Verfassung habe ich verteilt", erinnerte sich Prachtl später an diese Zeit. Bis 2006 war er Abgeordneter im Landtag für die CDU.
Ehemaliger Landtagspräsident war überzeugter Christ
Prachtl war kirchlich geprägt, die christlichen Werte lagen ihm immer am Herzen. Im vor allem konfessionslos und sonst evangelischen Nordosten war er ein gläubiger Katholik. Zu DDR-Zeiten war er nicht in der CDU-Blockpartei, er kam erst nach der Wende zu den Christdemokraten.
Prachtl als Lyriker
Seit 1973 schrieb Rainer Prachtl Kochbücher, Erinnerungen und Lyrik. Gedichte, die er auch gerne selbst dem Publikum vortrug.
"Welche Rolle spiele ich auf der Bühne des Lebens. Wie viele Masken trage ich, wie viele Masken fallen von meinem Gesicht." - Rainer Prachtl
Nicht alle fanden das gut, manche fanden den dichtenden Prachtl komisch. Er registrierte das und machte weiter, mit großer emotionaler Inbrunst: "Gerade das Lyrische hat eine hohe geistige Dimension. Und gerade moderne Lyrik erschließt man erst, wenn die Wirkung von Methapern einen berührt."
Gelernter und begeisterter Koch
Als gelernter Koch begeisterte Prachtl sich für das leibliche Wohl. Ihm gefiel die bodenständige Küche. So gab es im Nordmagazin Kartoffelsalat nach Art seiner Großmutter. "Da ich mal Koch gelernt habe, bin ich dann für diese wunderschönen Dinge verantwortlich, wo Theresa von Avignon gesagt hat: 'Wenn Rebhuhn dann Rebhuhn, wenn fasten dann fasten.' Also ich bin für Rebhuhn und fasten in der Familie verantwortlich. Und das mit einer nötigen Leidenschaft, ja, weil das etwas Schönes ist", erklärte Prachtl.
Schwesig ehrt Prachtl mit Staatstrauerakt
Prachtl soll nun mit einem Staatsakt im Landtag geehrt werden, wie Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) am Dienstag mitteilte. "Mit ihm verlieren wir einen herausragenden Politiker, der sich immer für das Wohl unserer Gesellschaft eingesetzt hat." Der Staatsakt wird ihm nach einer privaten Trauerfeier zuteil, als Anerkennung für sein Engagement und seine Verdienste über die Politik hinaus. Anteilnahme können Besucher des Schweriner Schlosses auch mit einem Eintrag in einem Kondolenzbuch zu Ehren Rainer Prachtls ausdrücken. Das Buch soll ab Mittwoch zu den Öffnungszeiten des Schlossmuseums öffentlich ausliegen.