Obdachlos in Rostock - und dann?
Es gibt viele Hilfsangebote für Menschen ohne Dach über dem Kopf, ob Notunterkunft oder Suppenküche. Die Stadt Rostock plant zudem, künftig mit dem Projekt "Housing First" Wohnungen für Obdachlose bereitzustellen.
Jan der Bettler, so nennt er sich selbst, lebt seit zehn Jahren auf der Straße. Er ist einer von über 230 Menschen in Rostock, die ohne einen festen Wohnsitz leben. Zusammen mit seinen Hunden Lolli und Tyson hat er sich in einer kleinen, verlassenen Holzhütte im Stadtteil Lütten Klein niedergelassen. Jan bezieht Sozialhilfe, verkauft die Straßenzeitung "Strohhalm", bettelt und sammelt Pfand, um seinen Alltag zu bestreiten. Seine Hütte hat er sich unter anderem mit Stromgenerator, Gaskocher, Plumpsklo und Bett nach seinen Bedürfnissen eingerichtet. Nach eigener Aussage vermisst Jan nichts.
Vielfältige Arten der Hilfe und Unterstützung
In Rostock gibt es diverse Angebote mehrerer Träger, die Bedürftige, darunter auch Obdachlose, annehmen können. Zum Beispiel die Straßenzeitung "Strohhalm", die auch Jan verkauft. Der Wohltat e.V. hat sie ins Leben gerufen. Ein Exemplar kostet 1,20 Euro, die Hälfte davon geht direkt an die Verkäuferin oder den Verkäufer. "Diese Straßenzeitung gibt vielen Menschen auch eine Struktur", erklärt Babette Limp-Schelling vom Wohltat e.V. im Podcast Dorf Stadt Kreis. Der "Strohhalm" sei ein sehr niederschwelliges Arbeitsangebot. Wer genau ihn verkaufen darf und in welchen Städten in Mecklenburg-Vorpommern er angeboten wird, ist ein Thema im Podcast.
Zahl der Notunterkünfte ausreichend
Die Nachtasyle der Rostocker Stadtmission bieten Menschen, die kein Dach über dem Kopf haben, eine Bleibe für die Nacht. "In Rostock muss niemand draußen bleiben", versichert Hartwig Vogt von der Stadtmission. In den Notunterkünften und in allen anderen Einrichtungen seien genug Plätze für alle vorhanden. Der "Bahnsteig 1" wiederum ist eine Begegnungsstätte der Volkssolidarität. Dort können Menschen günstig eine warme Mahlzeit zu sich nehmen und zum Beispiel ihre Wäsche waschen. Warum diese Angebote trotzdem nicht für alle obdachlosen Menschen geeignet sind, dazu mehr im Podcast.
"Housing First": Wohnungen für Obdachlose
Die Hansestadt will ihr Hilfsangebot weiter ausbauen. Die Projekte und Modelle, die Rostock betreibt, seien nicht erfolglos, sie würden aber offenbar für einen relevanten Teil der Menschen nicht greifen, begründet Sozialsenator Steffen Bockhahn (parteilos) die Entscheidung. "Housing First" heißt der neue Ansatz. Statt zu versuchen, die Probleme der Menschen zu lösen, damit sie eine Wohnung kriegen, steht dabei der Gedanke im Vordergrund, dass der Mensch zuerst eine Wohnung braucht, um seine Probleme zu lösen. "Tatsächlich wissen wir, dass Menschen erhebliche Schwierigkeiten haben, vor allem auch deswegen nicht aus ihren Schwierigkeiten herauskommen, weil sie keinen Ort haben, um zur Ruhe zu kommen", erklärt Bockhahn. Wann und wie genau "Housing First" in Rostock starten soll, ist noch nicht bekannt.
Ein Weg aus der Obdachlosigkeit
Familie Krüger (Name geändert) wollte, im Gegensatz zu Jan, der Obdachlosigkeit entkommen. Mutter, Vater und ihre erwachsene Tochter landeten nach Unstimmigkeiten mit ihrem Vermieter auf der Straße. Im Integrativen Betreuungszentrum der Stadtmission konnten sie unterkommen. "Wir kamen rein, wir waren fertig. Das Erste, was wir gemacht haben: Gegessen, gewaschen und dann haben wir uns hingelegt. Wir haben den ganzen Tag geschlafen", erinnert sich die Tochter der Familie. Nachdem die Krügers wieder einen strukturierten Alltag hatten, hätten die Sozialarbeiter angefangen, mit ihnen zu arbeiten, führt sie weiter aus. Mittlerweile hat die Familie eine neue Wohnung gefunden und richtet diese ein. Wie Familie Krüger ihre Zeit auf der Straße erlebt hat - auch das ein Thema bei Dorf Stadt Kreis.