Neues Jagdgesetz: Jäger in MV wehren sich gegen Entwurf
Der Streit um die Novellierung des Landesjagdgesetzes hält an. Unter dem Motto "Wild entschlossen" protestieren Jägerinnen und Jäger gegen geplante Neuerungen auf dem Alten Garten in Schwerin. Es gibt aber auch zahlreiche Verbände, die den neuen Gesetzentwurf befürworten.
Mecklenburg-Vorpommerns Wäldern geht es nicht gut. Viele Baumarten leiden unter den Folgen des Klimawandels, ihnen fehlt in langen trockenen Phasen Wasser, um sich gesund entwickeln zu können. Schädlinge, unter ihnen der Borkenkäfer, tun ihr Übriges. Die Landesregierung will gegensteuern und den Wald umbauen, hin zu klimastabilen Mischwäldern. Deshalb wurden im Gesetzentwurf Passagen erneuert. Ein Argument dabei ist, dass angepasste Wildbestände Voraussetzung für klimastabile Wälder seien. In der Diskussion geht es auch immer wieder um Verbissschäden im Wald durch Wild.
Umstrittene Mindestabschussregelung
Im Entwurf ist unter anderem die "Abschussregelung" neu formuliert worden. Sie sorgt für heftigen Diskussionen. Der Landesjagdverband Mecklenburg-Vorpommern kritisiert die neuen Pläne, Waldbesitzer und Förster sprechen sich dafür aus. Für bestimmte Altersklassen beim Rot- und Damwild sollen nur noch Mindestabschüsse vorgegeben werden. Bislang gilt eine maximale Abschusshöhe.
Streit zwischen Jagdverband und Ministerium eskaliert
Das Landwirtschaftsministerium argumentiert, dass mithilfe der neuen Regelung, Jäger flexibler auf höhere Wildbestände reagieren können. Der Landesjagdverband befürchtet, dass möglicherweise Dam- und Rotwild lokal ausgerottet werden könnten und hat dies auch so in seiner Stellungnahme klar formuliert. Auch die Deutsche Wildtier Stiftung steht der neuen Regelung kritisch gegenüber, weil sie völlig einseitig sei, so dessen Vorstand und Wildtierbiologe Klaus Hackländer. Auch er kritisiert den Gesetzentwurf scharf.
Landwirtschaftsminister Till Backhaus widerspricht den Vorwürfen vehement. Er verweist darauf, dass Jagdausübungsberechtigte gesetzlich verpflichtet seien, den Abschuss des Wildes so zu regeln, dass ein artenreicher und gesunder Wildbestand erhalten bleibe. "Ich betrachte das Wild nicht als Schädling – im Gegenteil. Wald und Wild müssen nebeneinander existieren können. Allerdings ist nicht nur der Wald ohne Wild tot, sondern auch das Wild ohne Wald", so der SPD-Politiker. Das Landwirtschaftsministerium hat auf seiner Internetseite Stellung bezogen zu sämtlichen Kritikpunkten der Jägerschaft.
Unterschiedliche Standpunkte prallen aufeinander
Bereits 2019 wurde vom Landwirtschaftsministerium ein Runder Tisch "Wald und Wild" einberufen. Daran nahmen Vertreter von Umwelt-, Naturschutz-, Forst- und Jagdverbänden teil. Das Ergebnis war ein Positionspapier, das jedoch damals nicht von allen Beteiligten getragen wurde. Die Stiftung Wald und Wild in Mecklenburg-Vorpommern und die Deutsche Wildtier Stiftung unterschrieben es nicht, weil sie schon damals verlängerte Jagdzeiten ablehnten. Dem Landwirtschaftsministerium liegen aktuell 34 Stellungnahmen zum Gesetzentwurf vor. Diese Stellungnahmen von Jagd-, Forst-, und Naturschutzverbänden wurden auch im Jagdbeirat der obersten Jagdbehörde diskutiert, der im Gesetzgebungsverfahren eine wichtige Rolle spielt.
Nachtjagd weiter eingeschränkt erlaubt
Über das Thema, nachts jagen zu dürfen, wurde lange und ausgiebig diskutiert. Die Nachtjagd wird in Paragraf 17 geregelt. Dieser bleibt unverändert. Danach kann in der Zeit vom 1. Oktober bis 31. Januar Rot- und Damwild nachts erlegt werden, allerdings ohne Nachtsichttechnik. Das ist weiterhin nur bei Schwarzwild erlaubt. Zwischenzeitlich war im Gesetzentwurf formuliert, die Nachtjagd auch auf Reh- und Muffelwild zu erlauben. Diese Passage sei auf Wunsch einzelner Stellungnahmen wieder gestrichen worden, heißt es aus dem Landwirtschaftsministerium. So argumentierte beispielsweise die Deutsche Wildtier Stiftung, dass es für Wildarten wichtig sei, Ruhezeiten zu finden, damit die Tiere nicht ständig dem Jagddruck ausgesetzt seien.
Landtag debattiert über Entwurf des Jagdgesetzes
Im jedem Gesetzgebungsprozess gibt es ein festgelegtes parlamentarisches Verfahren. Die Mitglieder des Agrarausschusses des Landtages Mecklenburg-Vorpommern hören heute viele Experten und ihre Position zum neuen Landesjagdgesetz an. Die Sitzung ist öffentlich. Im Plenarsaal werden insgesamt 16 Vertreter von Vereinen und Verbänden gehört, unter anderem vom Ökologischen Jagdverband MV und vom Waldbesitzerverband MV. Beide Institutionen befürworten zum Beispiel die neue Mindestabschussregelung.
Befürworter des neuen Gesetzes
Für den Waldbesitzerverband Mecklenburg-Vorpommern ist die neue Regelung im Paragrafen erforderlich. Er verweist auf die Statistik und darauf, dass die Schalenwildbestände erheblich zugenommen hätten. Demnach haben sich die Bestände beim Rehwild verdoppelt, beim Rotwild vervierfacht und beim Damwild sind sie um das Achtzehnfache gestiegen. „Auf die Waldbesitzer kommt eine Mammutaufgabe zu, den Wald großflächig zu verjüngen. Das ist nur unter dringend zu ändernden Rahmenbedingungen leistbar.“ Eine wesentliche Voraussetzung dafür ist aus Sicht des Waldbesitzerverbandes Mecklenburg-Vorpommern, Schalenwildbestände so zu regulieren, dass sich der Wald verjüngen kann und junge Triebe beispielsweise von Wild nicht zerbissen werden.
Landtag entscheidet über Gesetz
Wann das novellierte Landesjagdgesetz in Kraft treten kann, ist noch offen. Am 5. September 2023 hatte das Kabinett den Gesetzentwurf beschlossen, das letzte Wort darüber hat der Landtag von Mecklenburg-Vorpommern. Unklar ist, ob und welche Passagen infolge der Expertenanhörung möglicherweise noch geändert werden. Das Landwirtschaftsministerium hofft, dass die neue Fassung zum kommenden Jagdjahr erscheinen kann, und das beginnt am 1. April 2024.