Neue Klagen gegen bummelnde Behörde in MV bei Windkraft-Anträgen
In der Windkraft-Branche wächst der Ärger über die Genehmigungsbehörden des Landes. Beim Oberverwaltungsgericht Greifswald sind wegen schleppender Bearbeitung von neuen Windpark-Anträgen zwei neue Klagen eingegangen.
Es läuft nicht rund bei der Windkraft im Küstenland Mecklenburg-Vorpommern. Trotz der angekündigten Wende und dem zugesagten Schub für die Erneuerbaren Energien stehen die Behörden bei der Genehmigung neuer Anlagen offenbar auf der Bremse. Beim Oberverwaltungsgericht sind zwei neue Untätigkeitsklagen eingegangen. Sie richten sich gegen das staatliche Umweltamt Westmecklenburg.
Vorwurf der Verschleppung
Insgesamt steigt die Zahl der Beschwerden über das Schneckentempo in den Behörden auf 18. Die Zahl bestätigte ein Sprecher des Gerichts. In den neuen Fällen geht es um den Bau von zwei neuen Windrädern in Nordwestmecklenburg (Aktenzeichen 5K 348/23 und 5K 349/23). Die Behörde verschleppe die Bearbeitung, erklärte Projektleiter Nicolai Brombach von der Berliner Windertrag GmbH. Die Anträge seien vor drei Jahren gestellt worden. Das Amt würde immer wieder neue Gutachten einfordern, Dabei werde es immer schwerer, Fachleute für Studien beispielsweise zum Denkmalschutz zu bekommen.
1.000 Anträge im "Genehmigungsstau"
Wie auch der Landesverband Erneuerbare Energien (LEE) oder die Deutsche Umwelthilfe vermisst Brombach den politischen Willen, die Verfahren zu beschleunigen. Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) müsse die Frage zu Chefsache machen und die Blockade der sich oft gegenseitig widersprechenden Ministerien für Wirtschaft und Umwelt brechen. Bisher scheue die Regierungschefin Windkraft aber "wie der Teufel das Weihwasser". Vorgaben aus der Staatskanzlei fehlten aber weiterhin. Der LEE hatte jüngst erklärt, aktuell steckten Anträge für 1.000 neue Windräder im "Genehmigungsstau".
Knapp dreijähriges Verfahren
Brombach verweist auf das Urteil der Oberverwaltungsgerichts Greifswald vom Februar. In der Entscheidung hatten die Richter den Behörden ins Stammbuch geschrieben, die Verfahren zu beschleunigen. Windkraft sei nicht nur wichtig für den Klimaschutz, sondern auch ein Beitrag zur Energiesicherheit. Das mehr Tempo nötig ist, darauf verweist auch eine aktuelle Studie der Fachagentur für Windkraft an Land. Danach dauern Genehmigungsverfahren in Mecklenburg-Vorpommern im Schnitt 33 Monate - also fast drei Jahre. In Deutschland ist laut Studie nur Hessen langsamer.
Papier- statt digitalem Antrag
Brombach verweist auf ein Problem: Wenn die Projekte nach Jahren schließlich genehmigt würden, seien sie technisch nicht mehr auf dem neuesten Stand, dann müsste gleich erneut ein Antrag nachgeschoben werden. Er beklagt weiter ein "Behörden-Pingpong". Unerträglich findet er, dass Anträge seit einiger Zeit nicht mehr digital eingereicht werden können. Die Papierform verzögere die Bearbeitung zusätzlich, da der Aufwand zwischen den beteiligten Ämtern und Behörden größer werde. Intern verweist das Umweltministerium dabei auf das Innenministerium, das sei für Digitalisierung zuständig.
Backhaus betont Kompliziertheit der Verfahren
Erst jüngst hatte Till Backhaus (SPD) Kritik an der Genehmigungspraxis zurückgewiesen. Der Ausbau der Erneuerbaren Energien habe Priorität und werde im Landesklimaschutzgesetz eine zentrale Rolle spielen. Sein Ministerium legte Wert auf die Feststellung: "Das heißt aber nicht, dass das Thema ein Selbstläufer ist." Die Genehmigungsverfahren seien kompliziert und müssten Aspekte wie Denkmalschutz, Artenschutz oder Bodenschutz berücksichtigen. "Mecklenburg-Vorpommern als Urlaubsland mit einer einmaligen Naturausstattung wird hierbei eine besondere Verantwortung zuteil", heißt es in einer Stellungnahme.
Personal in Behörde aufgestockt
Das Ministerium betonte, dass zusätzliches Personal in den staatlichen Umweltämtern eingestellt worden sei. Allerdings sei es "vermessen zu glauben, dass innerhalb weniger Wochen mit einer Beschleunigung an Entscheidungen zu rechnen ist". Der Antragsstapel sei groß und das zusätzliche Fachpersonal müsse eingearbeitet werden. Offenbar bedeuten neue Leute in den Behörden nicht automatisch Rückenwind für die Anträge. Möglicherweise hat das auch einen gegenteiligen Effekt.
Mehr Personal, mehr Bürokratie?
Projekt-Entwickler Nicolai Brombach jedenfalls berichtet davon, dass er seit der personellen Verstärkung in den Denkmalschutzämtern mit mehr Bürokratie zu kämpfen habe. Erstmals seit 20 Jahren fordere das Landesamt jetzt schon vor der Erteilung der Genehmigung umfangreiche Sondierungen zum Auffinden von Bodendenkmalen, "also letztlich Scherben aus der Steinzeit und Ähnliches". Bisher sei es ganz anders gewesen: Da sei der Bau der Anlagen einfach von Archäologen begleitet worden - die hätten dann mögliche Funde untersucht.