Nach mutmaßlichem Angriff: Staatsschutz ermittelt in Lübtheen
Am Dienstag wurde das Opfer nach eigenen Angaben zum ersten Mal von Kriminalpolizei und Staatsschutz befragt. Die Vorwürfe der kurdischen Gemeinde Deutschland e.V., zu langsam ermittelt zu haben, weist der Polizeisprecher Tobias Gläser zurück: "Wir nehmen alle Fälle, wie auch diesen, ernst und setzen alles daran, die Tatverdächtigen zu fassen." In den letzten Wochen habe die Polizei Spuren und Beweise gesammelt und ausgewertet. Ein Video, das auch NDR 1 Radio MV vorliegt, ist ebenfalls Bestandteil der Ermittlungen und wird analysiert.
"Ich traue mich nicht mehr vor die Tür, Nachbarn erledigen meine Einkäufe”
Obwohl die Tat nun schon drei Wochen zurückliegt, beschäftigt sie das mutmaßliche Opfer immer noch. Seit dem Angriff habe der Mann kurdischer Abstammung viel Hilfe von Familie, Nachbarn und Hilfsorganisationen erhalten, sicher fühle er sich in Lübtheen aber nicht mehr, erklärt er am Telefon. Vor etwas weniger als einem Jahr sei er nach Lübtheen gezogen, habe sich eine Wohnung mit Scheune, Garten und Hof gesucht. Auch Hühner und Schafe habe er sich angeschafft. Eigentlich komme er aus Hamburg, wollte dem Trubel der Großstadt entfliehen. Er hatte am Anfang schon das Gefühl, dass einige Menschen ihn nicht in dem Dorf wollen, verstand sich mit seinen Nachbarn aber gut. Dann der Angriff auf ihn. Er erzählt, er wäre vorher noch als "Kanacke" und schlimmer beleidigt worden.
Staatsschutz wird in die Ermittlungen einbezogen
Die Polizei kann einen politisch motivierten Hintergrund des Angriffs nicht ausschließen. Die Ermittlungen wiesen auf vier Personen hin, diese sind nun namentlich bekannt. Da die Beteiligung an der Tat noch ermittelt werden muss, kann die Polizei auch noch keine genaueren Aussagen zu den Tätern treffen. Eine der Personen im Fokus der Ermittler ist vorbestraft, auch wegen Körperverletzung. Nach eigener Angabe wurde das Opfer am Dienstag knapp fünf Stunden von Kriminalpolizei und Staatsschutz befragt. Der Staatsschutz ist in Mecklenburg-Vorpommern Teil des Landeskriminalamtes. Er ermittelt in Fällen von politisch motivierter Kriminalität. Dazu zählen Verbrechen mit einem extremistischen oder rassistischen Hintergrund.
Unverständnis über die Angriffe
Auch die Bürgermeistern der Stadt Lübtheen ist über den Vorfall informiert. "Ich verurteile diesen Angriff, so was geht überhaupt nicht." sagte Ute Lindenau (SPD) gegenüber dem NDR. Sie möchte sich selber ein umfassenderes Bild von der Situation machen. Ihre Parteikollegin Reem Alabali-Radovan, Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, ist bereits seit der vergangenen Woche informiert. Sie telefonierte am Montag noch mit dem Verletzten, äußern wollte sie sich gegenüber dem NDR nicht.