Mein Kollege, die KI - ChatGPT und Co in der Wirtschaft
Das Experimentier-Stadium haben die sprach- und bildgenerierenden KIs in vielen Bereichen verlassen. Es gibt ernsthafte Anwendungen, die mit KI-Unterstützung funktionieren – aber auch Schattenseiten.
Ein Workshop im Digitalen Innovationszentrum, kurz DIZ, im Gebäude der ehemaligen Stadtbibliothek in der Schweriner Innenstadt: mehrere Teams an Stehtischen haben KI-Apps auf ihren Smartphones geöffnet, geben Anweisungen an ihre virtuellen Assistenten. Sie haben die Aufgabe bekommen, mit einer KI als Berater Geschäftsideen zu entwickeln. Als Team sagen sie dem Chatbot, was ihre Interessen und Stärken sind und bekommen maßgeschneiderte Vorschläge als Top-Ten-Liste. Außer für ein Team, dem rät die KI: gründet lieber zwei Firmen, ihr seid zu unterschiedlich. Die Teilnehmer sind beeindruckt, wie gut die Zusammenarbeit mit dem künstlichen Berater funktioniert. Ein DIZ Coach sagt, mit welchen "Prompts" – das sind die Befehle an die KI - sie bessere Ergebnisse erhalten.
Vielfältige Anwendung
Warum sind die generativen KIs oder auch "Large Language Model" relevant für die Wirtschaft? Fragt man ChatGPT selbst nach seinen Besonderheiten, erhält man eine Auflistung: die KI erstellt Texte aus dem Nichts, versteht den Kontext einer Frage, kann auf ganz verschiedene Aufgaben angewendet werden, trainiert selbstständig und entwickelt sich ständig weiter. Und – ganz ungefragt – ergänzt ChatGPT, dass generative KI auch "Herausforderungen in Bezug auf Ethik und Verantwortung mit sich bringt."
Immer mehr Unternehmen in Mecklenburg-Vorpommern nutzen die neuen Möglichkeiten. Ein Stromnetzbetreiber gab gerade bekannt, dass der Kundendienst-Chatbot auf der Internetseite jetzt auch ChatGPT nutzt. Arztpraxen nutzen "KI-Anrufbeantworter" und Pizza-Lieferdienste versuchen mit Hilfe einer KI vorherzusehen, was die Kunden ordern, um Bestellungen schneller zu bearbeiten. Programmierer haben KI "Co-Piloten" die ihre Programmcodes überprüfen, Fotografen und Künstler lassen sich von künstlich erzeugten Bildern inspirieren oder nutzen ganz neue Möglichkeiten der Bildbearbeitung. Und es gibt Firmen, die KI Verwaltungsprogramme anbieten, zum Beispiel für das Lagermanagement. Weitere Beispiele hat die Wochenserie im NDR Fernsehen gezeigt.
"Sich gegen KI zu weigern, wäre wie sich zu verweigern eine Internetseite einzurichten."
Angewendet wird KI schon in vielen Bereichen – ist das bereits ein Wettbewerbsfaktor? Müssen Firmen KI nutzen, um konkurrenzfähig zu bleiben? Marius Pallas, Digital-Coach beim Digitalen Innovationszentrum in Schwerin, sagt:
"Ich glaube sich dagegen zu verweigern wäre wie sich in den 2000ern zu verweigern eine Internetseite einzurichten. Heißt letztendlich, dass man in Zukunft wahrscheinlich Geld, Kunden oder vielleicht auch irgendwie seine Grundlage verlieren könnte."
Weiterbildungsmöglichkeiten sind gefragt, das DIZ, Kammerverbände wie IHK und Handwerkskammer sowie andere Anlaufstellen wie das Zukunftszentrum MV Plus oder Vereine wie Open Factory Campus in Schwerin vermitteln sie. Auch in der Handwerkskammer ist KI Thema. Kevin Gailus ist hier Ansprechpartner für alles digitale. Er findet: "Büroarbeiten oder Schreiben, Angebote - das wird einigen, gerade auch Handwerken die eigentlich keine Zeit haben sich mit sowas zu beschäftigen, die Arbeit unglaublich erleichtern. Und gerade deswegen ist der Hype so groß, weil der Anwendungsbereich viel viel breiter ist."
Schattenseiten der KI
Aber: so einfach, dass KI bald alle problemlos nutzen und davon profitieren, weil sie riesige Datenmengen zusammenfasst und Zeit spart – so einfach ist es nicht. Wie die KI selbst schon anmerkt – es gibt Schattenseiten und zwar einige. Die generierten Antworten sind unzuverlässig. Der bekannteste Chatbot "ChatGPT" neigt zum sogenannten Halluzinieren – gibt manchmal selbstbewusst völlig falsche Antworten. Viele Fragen, die das Urheberrecht angehen, sind noch nicht geklärt. Datenschutzbehörden haben bei OpenAI – der Firma hinter ChatGPT – angefragt, wie genau welche Daten eigentlich genutzt werden, die die Nutzer eingeben, sagt eine Sprecherin des Datenschutzbeauftragen für MV. Die technische Entwicklung eilt den Regelungen voraus. Uwe Nölke, Fotograf aus Schwerin, beschäftigt sich seit 40 Jahren mit künstlicher Intelligenz. Er sagt: "Man muss den Menschen erklären, was geht und was nicht geht, auch einfache Beispiele heranziehen. Auch mit einem Messer kann ich jemanden umbringen oder ein Stück Käse abschneiden. So ist es mit der KI auch: ich kann das für gute Zwecke nehmen aber auch schlimme Fake-News erzeugen."
Welche KI-Anwendungen genau sinnvoll sind, das scheinen viele Firmen gerade für sich zu ermitteln. KI wird keine Menschen ersetzen – aber Menschen die KI nutzen könnten bald diejenigen ersetzen die das nicht tun. Geht es in der Wirtschaft noch ohne KI? Darum geht es in der aktuellen Folge des NDR Podcasts "Dorf Stadt Kreis" - ab sofort in der ARD Audiothek und in der kostenlosen NDR MV App.