Warnstreik legt Bahnverkehr in MV lahm
Die Gewerkschaft ver.di und die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) haben heute mit einem groß angelegten bundesweiten Warnstreik weite Teile des öffentlichen Verkehrs in Deutschland lahmgelegt. In Mecklenburg-Vorpommern betraf das vor allem den Bahnverkehr. Alle Entwicklungen im Liveticker zum Nachlesen.
Das Wichtigste in Kürze:
- NDR MV Live: So läuft der große Warnstreik
- Großer Warnstreik: Das kommt heute auf MV zu
- ÖPNV bestreikt: Darf ich zu Hause bleiben?
Wann läuft der Bahnverkehr wieder normal?
Die Gewerkschaften haben bis Mitternacht zum Streik aufgerufen. Es wird also den gesamten Tag über noch Einschränkungen im Zugverkehr in MV geben. Erst ab Dienstagmorgen sollen die Züge wieder nach Fahrplan fahren - so zumindest der Plan der Deutschen Bahn.
Züge in MV stehen weiter auf Abstellgleisen
Der Bahnverkehr in Mecklenburg-Vorpommern steht weiter still. In Schwerin stehen mehrere Personenzüge auf Abstellgleisen im ehemaligen Güterbahnhof. Nach Angaben der Deutschen Bahn könnten im Regionalverkehr im Laufe des Nachmittags "einzelne Züge" wieder fahren. Ein Bahn-Sprecher bat Reisende aber weiter um Geduld und appellierte erneut, Reisen wenn möglich zu verschieben. "Unser primäres Ziel ist es, ab Dienstagfrüh das vollständige Fahrplanangebot wieder anzubieten", hieß es vorab von dem Konzern.
Schwierige Tarifrunde für Bund und Kommunen
Zum Auftakt der dritten Tarifrunde deutet sich im Tarifstreit von Bund und Kommunen keine Einigung an. Die Gewerkschaften müssten den Arbeitgebern von ihren hohen Forderungen entgegenkommen, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) am Montag in Potsdam. Der Vorsitzende des Deutschen Beamtenbunds, Ulrich Silberbach, warnte Bund und Kommunen vor unbefristeten Erzwingungsstreiks. Es werde keinen Tarifabschluss geben, der nicht einen deutlichen Inflationsausgleich vorsehe und die Reallohnverluste vor allem der unteren Lohngruppen ausgleiche.
ADAC: Verkehrschaos auf Autobahnen ausgeblieben
Der bundesweite Warnstreik hat am Montagmorgen zwar für deutlich mehr Verkehr und Behinderungen auf den Autobahnen gesorgt, ein Chaos blieb aber aus. Rund um die Ballungsräume stocke der Verkehr zwar, "einen Kollaps oder ein Riesenchaos sehen wir aber nicht", sagte eine Sprecherin des ADAC am Vormittag. Aus ihrer Sicht haben die frühe Ankündigung und die Berichterstattung womöglich dafür gesorgt, dass viele Menschen sich auf den Warnstreik eingestellt hätten. "Wer kann, ist im Homeoffice geblieben."
EVG-Ortsverband in Schwerin optimistisch
Unter den Streikenden in Schwerin ist Detlef Matschke vom EVG-Ortsverband in der Landeshauptstadt. Er ist optimistisch, dass der Warnstreik heute erfolgreich sein wird: "Ich denke mal, dass wir genügend Druck ausüben auf den Arbeitgeber und dass er unsere Meinung hier verstehen wird und auch handeln wird", sagt er im NDR MV Live.
Streikende in Warnwesten vor Schweriner Hauptbahnhof
In Schwerin haben sich vor dem Hauptbahnof am Vormittag einige Streikende in Warnwesten versammelt. Sie tragen Fahnen der EVG. Die Gewerkschaft verhandelt für rund 230.000 Beschäftigte bei Bahn- und Busunternehmen und will zwölf Prozent mehr Lohn, mindestens aber 650 Euro im Monat mehr. Für die bundesweit etwa 2,5 Millionen Beschäftigten von Bund und Kommunen fordert die Gewerkschaft ver.di 10,5 Prozent mehr Lohn, mindestens aber ein Plus von 500 Euro pro Monat. Die Angebote von Deutscher Bahn und öffentlichen Arbeitgebern sind vergleichbar und umfassen je in zwei Schritten insgesamt fünf Prozent mehr Lohn und Einmalzahlungen von bis zu 2.500 Euro.
Kritik von der Bahn: Millionen Fahrgäste betroffen
Die Deutsche Bahn hat den großangelegten Warnstreik der Gewerkschaften Verdi und EVG erneut kritisiert. "An diesem überzogenen, übertriebenen Streik leiden Millionen Fahrgäste, die auf Busse und Bahnen angewiesen sind", sagte ein Bahnsprecher am Morgen in Berlin. "Nicht jeder kann vom Homeoffice aus arbeiten." Nachteile hätten demnach auch Tausende Unternehmen in der Wirtschaft, die ihre Güter über die Schiene empfingen oder versendeten: "Gewinner des Tages sind die Mineralölkonzerne."
Streik-Hotline der Bahn: Reisende entspannt
Das Anrufvolumen bei der Streik-Hotline der Deutschen Bahn (08000/996633) war in den vergangenen Tagen überschaubar und die Erreichbarkeit gut. Die Stimmung der Reisenden sei größtenteils entspannt, da viele der frühzeitigen Empfehlung, ihre für heute geplanten Fahrten zu verschieben, nachgekommen sind, hieß es auf Nachfrage. Informationen zu Zugverbindungen gibt es auf bahn.de sowie im DB Navigator.
Polizei: Etwas mehr Verkehr im Berufsverkehr
Der bundesweite Streik im Bahnverkehr hat heute Morgen in Mecklenburg-Vorpommern nach Angaben der Polizei zu keinem deutlich höheren Verkehrsaufkommen auf Straßen geführt. Wie Polizeisprecher sagten, gab es im Berufsverkehr etwas mehr Verkehr auf den Straßen, aber nur in Rostock wenige Staus auf den am meisten genutzten Zufahrtsstraßen. Das sei aber montags, auch wegen der Baustellen auf der Bundesstraße 105, dort fast immer morgens so.
"Normales" Passagier-Aufkommen im Nahverkehr
Nach Angaben der Verkehrsgesellschaften in Ludwigslust-Parchim, Nordwestmecklenburg und Schwerin sind die Busse und Straßenbahnen heute bislang "normal" gefüllt. Genaue Zahlen würden aber erst morgen veröffentlicht werden.
Schulpflicht gilt trotz Streik - Ausnahmen möglich
Grundsätzlich gilt die Schulpflicht. Damit findet heute auch regulärer Unterricht statt. Doch es gibt Ausnahmen. Schülerinnen und Schüler, die wegen ausfallender Busse und Bahnen nicht zur Schule kommen und keine alternativen Fahrtmöglichkeiten haben, können heute ausnahmsweise dem Präsenzunterricht fernbleiben. Auf diese Regelung wies das Bildungsministerium Mecklenburg-Vorpommern vorab hin. Die Schule muss in diesem Fall - ähnlich wie bei einer Krankmeldung - aber informiert werden.
Bandenitz: Entspannte Lage auf Pendlerparkplatz
Trotz des Streiks ist der Pendlerparkplatz in Bandenitz (Landkreis Ludwigslust-Parchim) heute Morgen relativ leer. Nur wenige Autos parken dort, viele der 128 Stellplätze sind noch frei. Der Parkplatz befindet sich an der A 24. Fachleute rechneten im Vorfeld des Warnstreiks mit vollen Straßen. Nach Angaben der Polizei ist die Lage auf den Autobahnen in Mecklenburg-Vorpommern bislang unauffällig.
Hohe Streikbereitschaft bundesweit
Beim bundesweiten Verkehrswarnstreik haben sich der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) zufolge bis zum frühen Morgen allein im Bahnsektor mehr als 30.000 Beschäftigte an 350 Standorten beteiligt. "Die Streikbereitschaft ist sehr hoch, die Wut der Beschäftigten von den Arbeitgebern hingehalten zu werden, riesig", teilte EVG-Tarifvorstand Kristian Loroch am Morgen mit. "Wir streiken heute, weil uns in den Tarifverhandlungen trotz der für viele Beschäftigten angespannten finanziellen Situation nichts vorgelegt wurde, über das wir ernsthaft verhandeln könnten", so Loroch weiter.
Fahren am Nachmittag wieder Regionalzüge?
In Schwerin, Rostock und Wismar wird auf den Anzeigetafeln im Bahnhof angezeigt, dass ab etwa 15 Uhr wieder einige Regionalzüge fahren. In Wismar werden unter anderem Verbindungen zum Berliner Flughafen, nach Tessin oder Ludwigslust angezeigt. Eine Nachfrage bei der Deutschen Bahn ergab: Es könnte sein, dass am Nachmittag wieder einige Züge im Regionalverkehr fahren. Das hinge jedoch vom Streikverlauf ab, so ein Sprecher. Bei der Bahnhotline hingegen heißt es: Auch am Nachmittag fährt nichts - zumindest zwischen Schwerin und Hamburg.
Wismar: Taxifahrer sind vorbereitet
In Wismar stehen vor dem Bahnhof Taxis für Zugreisende bereit, die vom Streik überrascht worden sind. Das scheint aber kaum der Fall zu sein. Das Angebot wird den Taxifahrern zufolge nicht wirklich wahrgenommen: "Wir sind alle vorbereitet, hier ist aber nichts", sagt ein Fahrer.
Flugausfälle wegen Streik - was nun?
Einen wegen Streiks gestrichenen Flug kann der Kunde stornieren, er bekommt dann sein Geld zurück. Wer trotzdem fliegen will, hat Anspruch auf einen späteren Flug oder eine anderweitige Beförderung, etwa mit der Bahn. Auf keinen Fall sollte der Kunde vorschnell selbst eine Bahnfahrtkarte kaufen, warnt die Verbraucherzentrale Hamburg. Es sei nicht sicher, dass die Fluggesellschaft die Kosten in diesem Fall erstatte.
Fähren in Rostock fahren - Züge nicht
Die Fähren in Rostock fahren heute wie gewohnt. Im Bahnhof der Hansestadt herrscht dagegen gähnende Leere. Auf den Anzeigetafeln dorf steht heute nur: "Dieser Zug fällt heute aus". Betroffen sind neben dem Fernverkehr auch S-Bahn-Verbindungen unter anderem zwischen Warnemünde und Rostock. Wer heute mit dem Zug von Rostock nach Wismar, Laage oder Güstrow fahren wollte, muss ebenfalls auf ein anderes Verkehrsmittel wie das Auto umsteigen.
Flughäfen auch von Streik betroffen
Gestreikt wird auch in den Flughäfen. 380.000 Geschäfts- und Privatreisende müssen laut Flughafenverband ADV heute in ganz Deutschland am Boden bleiben. Betroffen ist unter anderem der Flughafen in Hamburg. Dort wird es heute keine Abflüge geben, weil die Sicherheitskontrolle komplett geschlossen wird. Alle geplanten 147 Starts werden gestrichen oder finden ohne Passagiere statt. Betroffene sollen Kontakt zu ihrer Fluggesellschaft aufnehmen und nicht zum Flughafen kommen.
Leere Bahnhöfe in Stralsund, Greifswald und Neubrandenburg
Der Bahnhof in Greifswald ist heute Morgen so gut wie leer. Nur vereinzelt warten Menschen am Bahnsteig und hoffen, dass doch noch ein Zug fährt. Auf den Anzeigetafeln tauchen nur Verbindungen vom Wochenende auf. In Stralsund stehen statt Fahrgäste Streikende mit Warnwesten im Bahnhof. Auch in Neubrandenburg ist der Bahnhof heute weitestgehend leer - auf den Anzeigetafeln wird kein Zug angezeigt.
Arbeitsrechtler: Arbeitnehmer tragen "Wegerisiko"
Rechtlich gesehen ist ein Streik keine Entschuldigung für einen Arbeitnehmer, unpünktlich oder gar nicht am Arbeitsplatz zu erscheinen. Bei einem Streik, der in der Regel vorher angekündigt ist, müssen Arbeitnehmer nach Angaben der Gewerkschaft Ver.di Verzögerungen im Verkehr einplanen und zur Not früher losfahren, auf andere Verkehrsmittel oder alternative Routen ausweichen.
Busse und Straßenbahnen fahren
Im Nahverkehr von Mecklenburg-Vorpommern sollen heute alle Straßenbahnen, Busse und Schulbusse nach Aussage von ver.di fahren. Ebenfalls wie gewohnt unterwegs sind die Fähren der Weißen Flotte und der Reederei Hiddensee und auch die Mecklenburgische Bäderbahn Molli. Die Verkehrgesellschaft Vorpommern-Rügen teilt auf ihrer Internetseite mit, dass auch bei ihnen nicht gestreikt wird.
ODEG streicht alle Verbindungen - kein Ersatzverkehr
Die private Eisenbahngesellschaft ODEG streicht heute alle Verbindungen - darunter der RE 8 Nord von Wismar nach Berlin, der RE 9 von Rostock nach Sassnitz, der RE 14 von Hagenow nach Parchim sowie der RE 10 von Rostock nach Züssow. Ersatzverkehr mit Bussen werde es nicht geben, so die Ostdeutsche Eisenbahngesellschaft. Zwar werde die ODEG selbst nicht direkt bestreikt, hieß es vom Unternehmen, allerdings wirke sich der Streik bei der Deutschen Bahn aus.
Erste Auswirkungen im Fernverkehr bereits am Sonntag
Der Streik hat in der Nacht begonnen und soll bis 24 Uhr andauern. Auswirkungen waren aber schon am Sonntag zu spüren. Wie die Deutsche Bahn mitteilte, starteten bereits gestern keine Züge mehr, die ihr Ziel erst nach Streikbeginn erreicht hätten. Neben dem Fernverkehr werde auch im Regionalverkehr heute "größtenteils kein Zug fahren" - etwa der RE 1 von Schwerin nach Hamburg. Wer bis einschließlich Donnerstag letzter Woche ein Bahn-Ticket für heute oder morgen gebucht habe, soll dieses bis zum 4. April flexibel nutzen können, teilt der Konzern mit.
Warum wird gestreikt?
Mit den Warnstreiks wollen Verdi und EVG den Druck in ihren gegenwärtigen Tarifrunden erhöhen. Unter angespannten Vorzeichen treffen heute in Potsdam Verdi und der Beamtenbund dbb erneut auf die Kommunen und den Bund. Hier beginnt die dritte Verhandlungsrunde für 2,5 Millionen Beschäftigte. Beide Seiten sind noch weit voneinander entfernt, eine Einigung ist dennoch nicht ausgeschlossen.