Linke verbittet sich Kritik von Rechnungshof-Präsidentin
Die Präsidentin des Landesrechnungshofs, Martina Johannsen, bekommt Ärger mit der rot-roten Koalition. Anlass ist ihre Kritik am Kurs der Landesregierung. Die Linksfraktion forderte die Rechnungshof-Präsidentin zur Mäßigung auf.
Johannsen nimmt schon seit einiger Zeit kein Blatt vor den Mund, um Mahnungen und Kritik an der Politik der rot-roten Koalition loszuwerden. Den schuldenfinanzierten Corona-Schutzfonds der Landesregierung nannte sie "Schattenhaushalt". Die Besetzung von Spitzenposten in den Ministerien rückte sie in die Nähe von Kungelei. Fehlende Fortschritte bei der digitalen Verwaltung bezeichnete sie als "Organversagen". Und zum 25-jährigen Regierungsjubiläum der SPD im vergangenen Herbst meinte sie, es sei "nicht alles Filz und Vetternwirtschaft", allerdings habe der Rechnungshof festgestellt, "dass bei der Landesregierung Ordnungsmäßigkeit nicht mehr ganz oben steht auf der Prioritätenliste".
Kritik an eigener Bezahlkarte in MV
Ähnlich äußerte sie sich am Montag in einem Interview mit der "Schweriner Volkszeitung". Sie wiederholte bekannte Feststellungen aus zurückliegenden Jahresberichten und meinte, die Landesregierung habe keine Strategie für Mecklenburg-Vorpommern. "Wir haben zwar eine Unmenge an Förderprogrammen, aber wir können da kein stimmiges System erkennen", wird die Rechnungshof-Präsidentin in dem Blatt zitiert. Wahlversprechen wie die kostenlose Kita oder der 8. März als Feiertag seien wegen der Kosten "problematisch". Den Sonderweg Mecklenburg-Vorpommerns beim Vergabeverfahren zur sogenannten Bezahlkarte für Asylbewerber hält sie ebenfalls für merkwürdig. "Warum können wir nicht mit 14 anderen Bundesländern eine gemeinsame Lösung anstreben? Warum müssen wir wie Bayern auf eigene Rechnung eine Karte entwickeln?", beklagte Johannsen.
Linke: Johannsen versteigt sich
Der Linksfraktion im Landtag reißt jetzt der Geduldsfaden. Der kleinere Regierungspartner will sich die Kritik nicht mehr gefallen lassen und versucht, die oberste Finanzkontrolleurin in die Schranken zu weisen: "Johannsen versteigt sich zunehmend darin, politische Entscheidungen zu bewerten", so der Parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion, Torsten Koplin. Er empfiehlt ihr, "ihre Aufgabe" zu erledigen, "nämlich, zu schauen, ob die Mittel nach Recht und Gesetz ausgegeben werden". Koplin meint, die Kritik gehe an der Realität vorbei und laufe ins Leere. Rot-Rot habe selbstverständlich eine Strategie. Sie sei im Koalitionsvertrag festgelegt und der ziele auf wirtschaftliche Stärke, soziale Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit.
SPD hält sich bedeckt
Koplin schlägt zurück: "Völlig daneben liegt Frau Johannsen, wenn sie behauptet, Rot-Rot unternehme nichts, um aus dem Lohnkeller zu kommen." Als Beispiel nennt der Linkenpolitiker das neue Vergabegesetz. Danach sollen Unternehmen bevorzugt öffentliche Aufträge erhalten, die nach Tarif bezahlen. Auf der Haben-Seite verbucht Koplin auch "Rekordausgaben" für die Bildung. Das sei gut investiertes Geld in die Zukunft. Anders als die Linke ging die SPD-Fraktion nicht auf die Kritik Johannsens ein. Ihr Finanzexperte Tilo Gundlack ignorierte die Mängelliste der Präsidentin und meinte per Pressemitteilung: "Eine solide Haushaltspolitik ist seit über zwei Jahrzehnten Kern der SPD-geführten Landesregierungen. Das haben wir bewiesen."
Beifall von der Opposition
Beifall bekam Johannsen von der Opposition. CDU und FDP sehen sich nach dem Zeitungsinterview bestätigt. "Frau Dr. Johannsen trifft den Nagel auf den Kopf", meinte der CDU-Abgeordnete Marc Reinhardt. Der Landesrechnungshof wollte auf Anfrage nicht auf die Kritik der Linksfraktion reagieren. Ein Sprecher meinte, die Aussagen aus dem Interview würden sich weitgehend mit den veröffentlichten Prüfergebnissen des Rechnungshofs decken.