Land sperrt sich gegen Tarifvertrag am HTM Peenemünde
Wissenschaftsministerin Bettina Martin (SPD) wird die Dauerbaustelle nicht los. Am landeseigenen Historisch-Technischen Museum (HTM) in Peenemünde auf Usedom schwelt der Konflikt um mehr Lohn und bessere Arbeitsbedingungen weiter. Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di pocht auf den Abschluss eines Tarifvertrags.
Was dem einen recht ist, sollte dem anderen billig sein, meint ver.di und verweist auf die Praxis: Für die Ministerien oder die Landesbehörden gilt der Tarifvertrag im Öffentlichen Dienst. In dem Landesbetrieb HTM in Peenemünde soll es diesen Vertrag aber weiter nicht geben. Ministerin Martin hat für die knapp 30 Beschäftigten ab September zwar eine "tarifgerechte Bezahlung" wie im öffentlichen Dienst angekündigt. Mit dem Schritt soll eine lange beklagte bis zu 30 prozentige Lohnlücke gefüllt werden. Der Abschluss eines Tarifvertrages für das HTM sei jedoch "nicht erforderlich", teilte das Ministerium auf Anfrage mit.
Gewerkschaft spricht von Bezahlung nach "Gutsherrenart"
Ver.di sieht das anders. In den Augen der Gewerkschaft schleicht sich Martin aus der Verantwortung. Denn nur ein wirksamer Tarifvertrag regele die Beschäftigungsverhältnisse komplett - wie beispielsweise Urlaubstage oder Feiertagszuschläge. Alles andere sei eine Bezahlung nach "Gutsherrenart". Gerade im Osten des Landes gehe es um ein Zeichen. Ver.di appelliert an das Land, in Verhandlungen über einen Tarifvertrag einzusteigen. Man werde jetzt mit den Mitgliedern in Peenemünde beraten, so ein ver.di-Sprecher.
Ministerpräsidentin Schwesig wirbt für mehr "Tariflohn"
Chefin des Aufsichtsrats beim HTM ist Susanne Bowen (SPD). Sie ist Staatssekretär in Martins Ministerium. Die Ausgangslage erscheint nicht einfach: Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) hatte sich erst jüngst für mehr Tarifverträge stark gemacht. Zum 1. Mai sagte die Regierungschefin: "Wer Fachkräfte halten will, muss sie ordentlich bezahlen und gute Arbeitsbedingungen bieten." Ausdrücklich warb sie für mehr "Tariflohn". Und dazu seien Verträge nötig, meint ver.di. Das Vorgehen der Gewerkschaft wird bei führenden Sozialdemokraten inzwischen als undankbar empfunden. Es gibt SPD-Landespolitiker, die verbitten sich hinter vorgehaltener Hand die Kritik der Arbeitnehmervertreter.
Kritik von der FDP
Das Agieren der Landesregierung ruft auch die Opposition auf den Plan. Die FDP-Abgeordnete Sabine Enseleit erklärte, "was das Land von der Wirtschaft gebetsmühlenartig fordert, hält es selbst nicht ein". Die Liberale verweist auf die rot-roten Pläne zu einem verschärften Tariftreue- und Vergabegesetz für Unternehmen, die sich an Ausschreibungen des Landes beteiligen. Statt aber die Wirtschaft am "Gängelband" zu führen, so Enseleit, sollte die Landesregierung sich an ihre eigenen Vorgaben halten. Die aber messe "offensichtlich mit zweierlei Maß".