Ein Stapel von Geldscheinen © Fotolia Foto: imageteam

Krisenhilfe oder Worthülse? Landtag berät über Nachtragshaushalt

Stand: 23.11.2022 17:44 Uhr

Der Bund hat den Doppelwumms, das Land Mecklenburg-Vorpommern kommt mit einem Nachtragshaushalt für 2023. Mehr als 500 Millionen Euro zusätzlich will die rot-rote Landesregierung in der aktuellen Krise ausgeben. Mit dem Extra-Geld sollen die Folgen von Inflation und Explosion der Energiepreise gemildert werden. Der Landtag berät am Donnerstag das Zahlenwerk in erster Lesung.

Das Kabinett hat sich bereits auf die neuen Rekordausgaben geeinigt: 10,3 Milliarden Euro sollen im nächsten Jahr aus der Landeskasse fließen. Der Nachtragshaushalt ist als eine Art Doppelschlag gedacht: Das Land gibt - zusätzlich zu Mitteln des Bundes - mehr Geld für die Förderung der Wasserstoff-Technologie. Betriebe sollen künftig klimafreundlicher wirtschaften. Die Förderung war ohnehin vorgesehen, wird aber noch einmal aufgestockt - um 67 Millionen auf 167 Millionen Euro.

Fonds für Härtefälle wird erhöht

Außerdem stellt Rot-Rot wegen der Energiekrise Hilfen für Härtefälle bereit. Der Fonds, von dem vor allem kleinere Betriebe profitieren sollen, wird auf 100 Millionen Euro erhöht. Rot-Rot warnt aber vor überzogenen Erwartungen: "Eine flächendeckende oder gar vollständige Abdeckung aller finanzieller Risiken ist (...) nicht möglich." Soll heißen: Auch die Mittel des Landes sind begrenzt. Vorgesehen sind unter anderem Hilfen für Stadtwerke, Kitas und Vereine, die Kultur und den Katastrophenschutz. Allerdings ist hier noch nicht klar, wie beispielsweise das Geld für Schulen (10 Millionen Euro) fließen soll. Das Land räumt in der Vorlage ein: "Die Details hängen insbesondere von der Ausgestaltung der Härtefall-Regelungen des Bundes ab."

Mehr Menschen in MV haben Anspruch auf Wohngeld

Außerdem steuert das Land seinen Teil - 74 Millionen Euro - dazu, um gemeinsam mit dem Bund die Wohngeldreform zu stemmen. Künftig haben in Mecklenburg-Vorpommern deutlich mehr Menschen Anspruch auf die staatliche Unterstützung, das Land rechnet mit einer Verdreifachung der Zahlen. Zuletzt bezogen rund 22.000 Haushalte Wohngeld, das sind 2,7 Prozent aller Haushalte - im bundesweiten Vergleich der Höchstwert. Weil die Wohngeldstellen in den Kommunen mit einer Antragsflut rechnen, hält das Land Mecklenburg-Vorpommern Zusatzmittel bereit, um einen steigenden Verwaltungsaufwand abzufedern. Vergleichsweise gering sind die Mittel für das 49-Euro-Deutschland-Ticket, der Anteil des Landes schlägt mit 25 Millionen Euro zu Buche.

Finanzierung durch Steuermehreinnahmen und Rücklagen

Finanzminister Heiko Geue (SPD) finanziert die Extra-Ausgaben durch Steuermehreinnahmen, die ihm die Inflation in die Kasse gespült hat. Denn steigen die Preise, verdient der Staat ordentlich mit. Außerdem greift das Land tiefer in die Rücklagen. Insgesamt werden die um gut 100 Millionen Euro leichter. Geue meinte, das Land mache in der Krise zweierlei: Es investiere in eine sichere Energieversorgung und es helfe. Der oberste Kassenwart legt dabei Wert auf die Feststellung, dass der "Nachtrag" ohne neue Schulden auskommt.

Kräftiges Plus bei Personalausgaben

Geue will aber nicht als "Inflationsgewinnler" dastehen. Es sei wichtig, meint der SPD-Politiker, "angesichts der enormen finanziellen Belastungen" den Menschen und der Wirtschaft zu helfen - deshalb die neuen Ausgaben. Die laufen unter dem öffentlichkeitswirksamen Motto "Energiefonds" - zusammen mit den Bundeshilfen kommt das Land auf Mittel in Höhe von 1,1 Milliarden Euro. Mit Blick auf die nächsten Monate dämpft Geue die Erwartungen: Die Krise führe zu Risiken, beispielsweise durch steigende Kreditzinsen, höhere Energiekosten beim Land (geschätzte 30 Millionen Euro mehr) und ein kräftiges Plus bei den Personalausgaben, die machen schon jetzt den größten Einzelposten im Etat aus.

CDU: "Zu spät, zu wenig, zu unkonkret"

Bei der Opposition fällt Geue mit seinen Plänen durch: "Zu spät, zu wenig, zu unkonkret", urteilt CDU-Fraktionschef Franz-Robert Liskow. Der sogenannte Energiefonds sei "eine bloße Worthülse, unter der ein buntes Sammelsurium an Maßnahmen verkauft wird, die zu einem erheblichen Teil bereits beschlossene Sache sind". Beim Härtefallfonds, meint Liskow "bleibt völlig unklar, nach welchen Kriterien bei existenzbedrohenden Härtefällen geholfen werden soll".

AfD: Härtefallfonds zu klein

In den Augen der AfD-Fraktion macht die Landesregierung "manches richtig und vieles falsch". Der Härtefallfonds sei richtig, aber mit 100 Millionen Euro zu klein. Die Investitionen in Wasserstoff-Projekte als Energiespeicher lehnt der finanzpolitische Sprecher Martin Schmidt ab. Zur Sicherung der Energieversorgung müssten die Sanktionen gegen Russland beendet werden, um "Erdgas, Kohle und Öl aus Russland abzunehmen“.

Von 2024 an muss gespart werden

Nach der Debatte an diesem Donnerstag soll der Nachtragshaushalt in den Ausschüssen beraten werden. In der Dezember-Sitzung des Landtags soll der Etat dann verabschiedet werden. Für Geue und seine Haushaltsexperten stehen im neuen Jahr die nächsten Planungen an: Dann müssen sie den Doppelhaushalt für 2024 und 2025 vorbereiten. Der Minister hat seine Kabinettskollegen schon gewarnt, für Spezialwünsche sei kein Geld da. Im Gegenteil: Von 2024 müssen pro Jahr 150 Millionen Euro eingespart werden - insgesamt 600 Millionen bis zur nächsten Wahl.

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 24.11.2022 | 06:30 Uhr

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