Kreistage in MV formieren sich: Kein Präsidentenamt für die AfD
Fünf Wochen nach der Kommunalwahl haben sich in MV alle Kreistage sowie die Stadtparlamente der kreisfreien Städte Rostock und Schwerin konstituiert und ihre Präsidentinnen und Präsidenten gewählt. Die AfD konnte sich dabei nicht durchsetzen.
Die sechs im Juni neugewählten Kreistage Mecklenburg-Vorpommerns sowie die Stadtparlamente Rostocks und Schwerins haben auf ihren konstituierenden Sitzungen ihre Präsidien gewählt. In allen Fällen wurden CDU-Politiker an die Spitze dieser Gremien gewählt, sechs von ihnen hatten das Präsidentenamt auch in der vergangenen Wahlperiode inne. Die AfD war aus der Kommunalwahl in drei Landkreisen sowie in Rostock und Schwerin als stärkste Kraft hervorgegangen.
AfD stellt in den Präsidien sechs Stellvertreter
Bislang war es auch in den Kreistagen und Stadtparlamenten üblich, dass ein Kandidat beziehungsweise eine Kandidatin von der stärksten Fraktion benannt und - gegebenenfalls mit Stimmen anderer Parteien - ins Präsidentenamt gewählt wird. Zwar konnte die AfD nirgends die Spitze eines Präsidiums besetzen. In allen sechs Kreistagen wurden in geheimen Abstimmungen allerdings AfD-Politiker als erster oder zweiter Stellvertreter ins Präsidium gewählt. Dies führte inzwischen auf Landesebene zu einer scharfen Debattte zwischen SPD und CDU. Die SPD warf den Christdemokraten vor, ihre "Brandmauer" gegenüber der AfD eingerissen zu haben - was vom Generalsekretär der Landes-CDU, Philipp Amthor, bestritten wurde.
Höhne: Gefahr in Zusammenarbeit mit AfD
Benjamin Höhne, Politikwissenschaftler von der Technischen Universität Chemnitz, warnte gegenüber dem NDR die anderen Parteien vor einer Zusammenarbeit mit der AfD, die "keine normale Partei" sei. "Wir wissen schon seit längerem, dass sie in Teilen eine rechtsextreme Organisation ist", so Höhne. Es sei gefährlich, der AfD zu ermöglichen, einen "Schritt in die Tür" zu bekommen. Es sollte immer darum gehen, außerhalb der AfD Mehrheiten im demokratischen Spektrum zu suchen. Das werde aber wohl nicht leicht: "Es bedeutet sicherlich auch, dass die Parteien, die sich zum Pluralismus bekennen, da an manchen Stellen über sich hinauswachsen müssen, also eine Zusammenarbeit vielleicht auch mal zwischen der CDU und der Linkspartei oder umgekehrt notwendig wird." Jede Strategie im Umgang mit der AfD habe eine Kehrseite, so Höhne. "Natürlich ist das auch Wasser für die propagandistischen Mühlen der AfD, die sich dann eben hinstellen kann und sagen kann 'seht mal, mit uns wollen die etablierten Parteien nicht zusammenarbeiten'", erläutert der Politikwissenschaftler.
Nordwestmecklenburg: Zweite Amtszeit für Grote
In Nordwestmecklenburg bleibt Thomas Grote (CDU) Präsident des Kreistages ist. Er wurde im ersten Wahlgang als einziger Kandidat mit 45 von 60 Stimmen in geheimer Wahl gewählt. Für den 55-Jährigen aus Rüting bei Grevesmühlen ist es die zweite Amtszeit. Erste Stellvertreterin wurde Annett Pahl (SPD), zweiter Stellvertreter Jannik Schreiber (AfD). Schreiber bekam 19 Stimmen mehr, als die AfD im Kreistag Sitze hat.
Ludwigslust-Parchim: Steinberg bleibt im Amt
In Ludwigslust-Parchim haben sich SPD und Linke mit Vertretern von Wählergruppen zusammengeschlossen. Damit gibt es hier nun drei fast gleichstarke Bündnisse. Olaf Steinberg (CDU) wurde erneut zum Kreistagspräsidenten gewählt. Steinberg bekam fast alle Stimmen der Kreistagsmitglieder. Auch seine erste Stellvertreterin Ute Lindenau (SPD) wurde fast einstimmig gewählt. Zweiter Stellvertreter des Kreistagspräsidenten wurde Tobias Pontow (AfD). Er erhielt 15 Stimmen mehr, als die AfD Sitze im Kreistag hat. Eine Zusammenarbeit mit der AfD kommt jedoch zumindest für den CDU-Fraktionsvorsitzenden im Kreistag, Christian Geier, eher nicht in Frage. "Wenn es um Sachthemen geht, die sachlich vorgetragen werden, dann wird man sicherlich das eine oder andere aufgreifen. Aber mehr wird es da glaube ich nicht geben können", so Geier.
Rostock: BSW hält Zusammenarbeit mit Linke für möglich
In Rostock übernimmt der einzige Kandidat Heinrich Prophet (CDU) das Amt des Bürgerschaftspräsidenten. Die AfD wollte zunächst auch einen Kandidaten stellen, konkurrierte dann doch nicht mit der CDU um die Präsidentschaft. Man habe die Kandidatur für aussichtslos gehalten, da mehrere andere Fraktionen im Voraus eine Zusammenarbeit mit der AfD kategorisch ausgeschlossen hatten, so der AfD-Fraktionsvorsitzende in der Rostocker Bürgerschaft, Tilmann Lamberg. Mehrheiten zu bekommen könnte sich im Stadtparlament als Herausforderung erweisen: Sowohl Rot-Rot-Grün (SPD, Linke und Grüne) als auch Schwarz-Gelb (CDU und FDP) können keine eigene Mehrheit stellen. Das BSW könne sich eine Zusammenarbeit mit demokratischen Parteien vorstellen, wie etwa der Linken, mit der man viele Überschneidungspunkte sehe, so der BSW-Vorsitzende Toralf Herzer.
Landkreis Rostock: Hackendahl wiedergewählt
Im Landkreis Rostock wurde Veikko Hackendahl (CDU) mit großer Mehrheit erneut in das Amt des Kreistagspräsidenten gewählt. Seine Stellvertreterin wird Birgit Czarschka (SPD). Die zweite Stellvertretung übernimmt Steffi Burmeister (AfD). Sie erhielt in einer geheimer Abstimmung 30 Stimmen, auch aus den Reihen anderer Parteien. Insgesamt gehören 69 Abgeordnete dem neuen Kreistag an. Die CDU ist mit 19 Abgeordneten zwar die Partei mit den meisten Sitzen, doch die AfD bildet mit dem Bündnis Deutschland eine Fraktion und verfügt deshalb ebenfalls über 19 Sitze.
Schwerin: FDP zieht Zusammenarbeit mit AfD in Betracht
In Schwerin ist die AfD-Fraktion mit zwölf von insgesamt 45 Sitzen die stärkste Kraft. Bei der Wahl zum Stadtpräsidenten unterlag ihr Kandidat Leif-Erik Holm allerdings mit 14 zu 20 Stimmen Sebastian Ehlers (CDU), der damit im Amt bestätigt wurde. Auch bei der Wahl der Vizepräsidenten ging die AfD leer aus. Gewählt wurden Daniel Meslien (SPD) und Cordula Manow (Die Linke). CDU und FDP bilden keine gemeinsame Fraktion mehr, dafür aber Unabhängige Bürger und FDP. Die CDU hat neun, die Unabhängigen Bürger und die FDP haben gemeinsam fünf Sitze. Drittstärkste Fraktion ist die SPD mit acht Sitzen. Ebenfalls zusammengeschlossen haben sich drei gewählte Stadtvertreter von Bündnis 90/Die Grünen und Lothar Gajek (Die Partei). Die Fraktionen Unabhängige Bürger und FDP schließen eine Zusammenarbeit mit der AfD in der Schweriner Stadtvertretung nicht aus. "Also mir ist es tatsächlich egal von wem der Antrag kommt, Hauptsache er bringt Schwerin weiter", so Dietmar Tackmann von der FDP-Fraktion.
Mecklenburgische Seenplatte: Diener erneut Präsident
Im Kreistag der Mecklenburgischen Seenplatte bleibt Thomas Diener (CDU) Präsident. Auch die AfD kann einen wichtigen Posten besetzen: Enrico Schult wurde stellvertretender Kreistagspräsident. Die CDU könnte als stärkste Kraft eine zentrale Rolle einnehmen, müsste sich dazu aber mit mindestens zwei weiteren Fraktionen zusammenschließen. Alterspräsident Wilfried Böhme (BSW) sagte auf der ersten Sitzung nach der Kommunalwahl, es gehe bei der Parlamentsarbeit nicht um Parteienpolitik, sondern um das Gemeinwohl.
Vorpommern-Greifswald: Nachtweih wiedergewählt, AfD stellt Vize
Kreistagspräsidentin in Vorpommern-Greifswald bleibt Sandra Nachtweih (CDU). Von den 67 Mitgliedern des Parlaments erhielt sie 41 Stimmen. Für sie ist der Abstimmungsbedarf jetzt noch größer geworden, da die verschiedensten Fraktionen entgegengesetzte Interessen haben. Es werde eine sehr große Herausforderung, im Sinne des Landkreises Entscheidungen zu treffen, so Nachtweih nach ihrer Wahl. Die AfD übernimmt mit Nikolaus Kramer, der auch Chef der AfD-Landtagsfraktion ist, die Vizepräsidentschaft im Kreistag Vorpommern-Greifswald. Er bekam 41 Stimmen und konnte sich gegen Katharina Horn (Grüne) durchsetzen. SPD und Grüne spekulierten darüber, ob die Wahl Kramers zwischen CDU und AfD abgestimmt war. Die CDU betonte derweil die Bedeutung der Brandmauer gegen Rechts.
Vorpommern-Rügen rückt nach rechts
In Vorpommern-Rügen wurde Kreistagspräsident Andreas Kuhn (CDU) mit großer Mehrheit (61 von 67 Stimmen) in seinem Amt bestätigt. Im Rennen um das Amt des Vizepräsidenten setzte sich der AfD-Mann Carlos Dias Rodrigues durch. Er wurde mit 41 Stimmen ins Kreistagspräsidium gewählt. Durch die Kommunalwahl ist es zu einer deutlichen Kräfteverschiebung im Kreistag gekommen. Die AfD ist mit 18 Mandaten nach der CDU mit 20 Abgeordneten die zweitstärkste Kraft.