Kernfusion: Wendelstein 7-X vor neuer Experimentierphase

Stand: 19.06.2024 11:33 Uhr

Am Max-Planck-Institut für Plasmaphysik in Greifswald startet die Kernfusions-Experimentieranlage Wendelstein 7-X ab September neue Experimente. Ziel der Fusionsforscher ist es, die Grundlagen für Kernfusionskraftwerke zu legen, die vielleicht eines Tages unerschöpfliche, klimaneutrale Mengen an Energie gewinnen können.

Das Kernfusionsexperiment "Wendelstein 7-X" am Max-Planck-Institut für Plasmaphysik in Greifswald startet im September in eine neue Experimentierphase. Ziel der Fusionsforscher ist es, Wasserstoff-Atomkerne kontrolliert verschmelzen zu lassen und dabei große Mengen Energie zu gewinnen. Diesen Prozess, die Kernfusion, kennt man von der Sonne. Unter Extremdruck und hohen Temperaturen verschmelzen Wasserstoffkerne miteinander zu einem schwereren Helium-Atomkern. Dabei wird jede Menge Energie freigesetzt.

Weitere Informationen
Farbig aufbereitetes Computerbild zeigt erstes Plasma aus der Kernfusionsforschung. © dpa-Zentralbild Foto: Stefan Sauer

Wendelstein 7-X: Was passiert im Sonnen-Simulator?

Energie wie auf der Sonne zu erzeugen, ist ein alter Traum der Menschheit. Mit dem Kernfusionsexperiment "Wendelstein 7-X" kommt die Wissenschaft der Erfüllung einen Schritt näher. mehr

Auf der Erde benötigt man dafür Extremtemperaturen von 100 Millionen Grad und lange Plasmaentladezeiten. Genau darauf zielen die neuen Experimente im Wendelstein 7-X ab, um der Kraftwerkstauglichkeit näher zu kommen. Seit 50 Jahren arbeiten Physiker daran, diese Prozesse für einen Kraftwerksbetrieb nutzbar zu machen. Im Greifswalder Max-Planck-Institut für Plasmaphysik sind die Forscher diesem Ziel zuletzt einen Schritt näher gekommen. Anfang letzten Jahres gelang es Forschern in Greifswald erstmals erstmals acht Minuten lang ein Plasma stabil in der Anlage zu halten - Rekordwerte. Ziel der neuen Versuchsreihe ist es, diese sogenannten Plasma-Entladezeiten zu verlängern. Damit soll gezeigt werden, dass die Bauform "Stellarator" später in Fusionskraftwerken genutzt werden kann, um dann auch Energie zu erzeugen.

Institutschef "Auf Fusionsenergie wird man nicht verzichten können"

Die Forscher sind überzeugt: Auch wenn der Ausbau von Wind- und Sonnenenergie rasant voranschreitet, wird man perspektivisch auf die Fusionsenergie nicht verzichten können. In der neuen Experimentierphase müsse das Plasma im Kernfusionsreaktor auf Temperaturen erhitzt werden, die "so hoch sind wie nie zuvor", sagt Institutschef Professor Thomas Klinger. Zuletzt konnte das Plasma auf rund 20 Millionen Grad erhitzt werden, ab September versuchen die Forscher Temperaturen von 30 bis 40 Millionen Grad zu erreichen. Außerdem wolle man in Greifswald dafür sorgen, dass dieses sehr heiße Plasma länger stabil bleibt. "Jetzt sind wir dort, wo eigentlich noch nie jemand war", so Klinger.

Ziel: Dem Dauerbetrieb des Reaktors näherkommen

Zur Vorbereitung für die neue Projektphase wurde neue Technik verbaut, unter anderem ein sechs Millionen Euro teurer sogenannter Pellet Injector. Gefrorene Wasserstoffkügelchen werden dann durch ein Rohr in das Plasmagefäß geblasen, um es durchgehend mit dem Gas zu füttern. Damit will man in Greifswald dem Ziel eines Dauerbetriebs näher zu kommen. Forscher aus wollen am Max-Planck-Insitut ab September Daten sammeln, um die Plasmaprozesse besser zu verstehen. Aus 700 Projektanträgen wählte eine Jury rund 200 aus.

Weitere Informationen
Ein Ohysiker baut an einem Bauteil des Wendelstein 7-X. © Screenshot
3 Min

Kernfusionsforschung: Ein Tag bei "Wendelstein 7-X"

Kann Kernfusion die Lösung der Energieprobleme sein? Das erforschen Wissenschaftler aus aller Welt im "Sonnen-Simulator". 3 Min

Farbig aufbereitetes Computerbild zeigt erstes Plasma aus der Kernfusionsforschung. © dpa-Zentralbild Foto: Stefan Sauer

Wendelstein-Forscher loben US-Erfolg bei Kernfusion

Saubere Energie für alle: Diese Hoffnung könnte sich mit der Kernfusion erfüllen. Greifswalder Forscher sprechen nun von einem Durchbruch. mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 18.06.2024 | 19:30 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Energiewende

Mehr Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern

Ein Gebäude von außen mit Fahnenmasten davor. © NDR

Messerattacke in Stralsund: Staatsanwaltschaft mit Erinnerungslücken

Der Angriff auf einen Italiener in einer Bar bleibt rätselhaft. Jetzt wird der Fall auch Thema im Landtag. mehr

Die neue NDR MV App

Ein Smartphone zeigt die Startseite der neuen NDR MV App © NDR Foto: IMAGO. / Bihlmayerfotografie

Mecklenburg-Vorpommern immer dabei - die neue NDR MV App

Artikel, Podcasts, Livestreams: Die NDR MV App ist ganz neu: übersichtlich, kompakt, benutzerfreundlich, aktuell. mehr