Havarierter Öltanker "Eventin": Bislang keine Hinweise auf Straftat
Der havarierte Öltanker "Eventin" liegt noch immer vor Sassnitz und wird vom Zoll kontrolliert. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Stralsund liegen bislang keine Hinweise auf eine Straftat vor.
Der mit fast 100.000 Tonnen Öl beladene Tanker war vor mehr als einer Woche vor Rügen havariert. Die "Eventin" steht unter Verdacht zur russischen Schattenflotte zu gehören - alte Tanker, die unversichert und unter anderer Flagge russisches Öl verschiffen und damit das Embargo umgehen. Einige europäische Länder hatten angekündigt, verstärkt dagegen vorzugehen.
Auswertungen des Zolls dauern weiter an
Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft teilte der Deutschen Presse-Agentur mit, dass die Auswertungen der Zollprüfungen auf der "Eventin" weiter andauern. Der Zoll untersucht vor allem, ob es sich um russisches Öl handelt und das Öl-Embargo der EU verletzt wird. Bislang gebe es keine Hinweise auf eine Straftat. Ob gegebenenfalls Ordnungswidrigkeiten vorliegen, sei jedoch nicht Sache der Staatsanwaltschaft, so deren Sprecher. Außerdem könne sich immer noch auch ein Straftatverdacht ergeben. Ein Sprecher der Generalzolldirektion in Hamburg sagte, man äußere sich nicht im Detail zu Einzelfällen.
Sanktionsexperte: Fall ist bisher einzigartig
Der Sanktionsexperte Sascha Lohmann hat nach eigener Aussage zwischen 2022 und 2023 das Auswärtige Amt in Sanktionsfragen beraten und forscht seit 15 Jahren zu dem Thema. Vorfälle wie die Festsetzung des Öltankers "Eventin" sind nach Aussage Lohmanns in der Europäischen Union weitgehend neu: "Mit Blick auf Öltransporte hatte man das zumindest im Rahmen der Russland-Sanktionen noch nicht", so der Wissenschaftler von der Stiftung Wissenschaft und Politik. Die Sanktionen gegen Russland seien mit Blick auf den Umfang und die Auswirkung auf die Europäische Union bisher "realtiv präzedenzlos". Die USA hätten mehr Erfahrungen und wegen Sanktionen gegen den Iran oder Nordkorea auch schon iranisches Öl beschlagnahmt und verkauft, so Lohmann.
Lohmann: Schattenflotte-Schiffe sind "ökologische Zeitbomben"
Die meisten westlichen Reedereien würden ihre Tanker nach etwa 15 Jahren austauschen - auch wegen der Korrosion. Schiffe der Schattenflotte sind mitunter deutlich älter. So wurde die "Eventin" bereits 2006 gebaut. Aber es gibt auch noch ein anderes "Eskalationspotenzial": Großbritannien, Dänemark, Schweden, Polen, Finnland und Estland wollen ihre Seebehörden beauftragen, Versicherungsdokumente verdächtiger Schiffe zu überprüfen, die den Ärmelkanal, die dänischen Meerengen, den Finnischen Meerbusen und den Öresund durchfahren. Rechtlich sei das möglich, so Lohmann. Das könne aber auch dazu führen, dass Russland verstärkt Schiffe mit militärischem Begleitschutz ausstattet. Eine verstärkte Kontrolle von Schiffen könnte dann also auch zu Gegenreaktionen führen.