Gutachter: "Da hat wohl jemand gepennt"
Prof. Wolfgang Joecks (SPD), Steuerstrafrechtler an der Uni Greifswald und Richter am Landesverfassungsgericht, prüft mit einer Arbeitsgruppe die Waldeck- Verträge. Auf der Grundlage der wichtigsten Verträge hat er bereits am 26. April 2014 ein Kurzgutachten erstellt, das dem NDR vorliegt. Joecks kommt zu dem Schluss, dass das 1994 vereinbarte Investorenmodell durchaus nachvollziehbar ist, weil das Land nicht so schnell selbst eine moderne JVA hätte bauen können. Nach seiner Einschätzung waren die Herstellungskosten, die bei 53 bis 56 Millionen Euro liegen sollen, für die damalige Zeit akzeptabel.
Schöne Nummer für Investoren
Das Land vereinbarte, die Immobilie 30 Jahre lang zu mieten. Die Miete betrug 7,8 Prozent der Herstellungskosten. Diese 7,8 Prozent setzten sich zusammen aus einem Ausgangsmarkzins von 6 Prozent plus dem Tilgungswert von 1,5 Prozent plus einer Marge von 0,3 Prozent für die Investoren. Eine Vereinbarung, die den Investoren Millionen schenkte. Joecks: "Die Investoren haben insofern verdient, als dass sie diese 0,3 Prozent von den Herstellungskosten jedes Jahr bekamen - für nichts, für die Zukunft, als Rente sozusagen. Das war 'ne schöne Nummer."
JVA sollte 2026 dem Land gehören
Mit dem Vertragsabschluss von 1994 war beabsichtigt, dass die JVA nach 30 Jahren in Landesbesitz übergeht. Zeitgleich mit dem Mietvertrag war ein Ankaufsrecht vereinbart worden. Danach sollte das Land 2026 das Gefängnis zum Verkehrswert erwerben können. Dabei sollte der Kaufpreis mindestens so hoch sein, wie die Restschuld aus den Darlehen, die die Investoren für diesen Bau aufgenommen hatten. "Man hat in der Ursprungsidee gesagt, wir vereinbaren einen Pachtzins so, dass nach Ablauf von 30 Jahren, also 2026, alle Darlehen getilgt sind und zugleich der Restwert des Gebäudes eine Mark beträgt. So war es vereinbart, das heißt, man hätte das Objekt Waldeck 2026 für einen symbolischen Preis übernehmen können", sagt Joecks.
"Es hat wohl jemand gepennt"
Doch 1996 kommt es zu einer Umstellung der Finanzierung, die viele Steuermillionen kosten könnte. Die Investoren bitten darum, statt der Tilgung im Rahmen eines Annuitätendarlehens das Darlehen mit Hilfe von Lebensversicherungen 2026 zu tilgen. Sie wollten offenbar lieber mit dem Geld der Banken arbeiten. Dazu wurden drei Lebensversicherungen abgeschlossen, die aber bald nicht mehr bedient wurden. So kam es, dass die Investoren Schulden anhäuften, die das Land bei einem Ankauf übernehmen müsste. Wie sich das Land auf die Umstellung der Finanzierung einlassen konnte, muss nun genau untersucht werden. "Es hat wohl jemand gepennt und sich über den Tisch ziehen lassen. Natürlich, wenn ich den Vertrag nehme, muss ich da reinschreiben, dass jährlich nachzuweisen ist die Höhe der Tilgung bzw. die Höhe der gezahlten Lebensversicherungsbeiträge, damit ich weiß, dass die im Tilgungsplan sind", erklärt Joecks.
Hätte das Land zwischen 2007 und 2011 die JVA kaufen können?
2008 starb einer der Investoren, Wegner. Siegfried Kludt schied aus. 2009 war es zu einem Pfändung- und Überweisungsbeschluss gegen ihn gekommen. Es ging um rund eine Million Euro. Frank Wegner stieg in die Gesellschaft ein. 2011 und 2012 stritten sich Wegners Erben mit Kludt. Frank Wegner überführte die Firma in eine Objektgesellschaft. Für Joecks hat dabei kein Eigentümerwechsel stattgefunden, die Erbfolge sei vertraglich geregelt gewesen. Joecks kommt nach jetzigem Stand des Wissens zu dem Schluss, dass in den Jahren 2007 bis 2011 für das Land keine Möglichkeit bestanden hätte, sich aus den bestehenden Verträgen zu lösen.