Greifswald plant kleinere Unterkünfte für Geflüchtete
Bei einer außergewöhnlichen Sitzung stimmte die Mehrheit der Greifswalder Bürgerschaft für einen Antrag, der die Unterbringung Geflüchteter vor allem in kleinen Unterkünften wie Wohnungen fordert.
Vor etwa 300 Zuschauern hat die Greifswalder Stadtvertretung am Montagabend eine außerordentliche Sitzung in einer Mehrzweckhalle abgehalten. Per Livestream waren teilweise mehr als 800 Interessierte zugeschaltet. Zahlreiche Polizisten vor Ort sicherten die Veranstaltung ab. Die Stadtvertreter stimmten über einen Antrag der Fraktionen der SPD, Linken, Tierschutzpartei und Grünen ab, in dem die Unterbringung von Geflüchteten vor allem in kleinen Unterkünften wie Wohnungen gefordert wird. Die Stimmung war phasenweise aufgeheizt, auch Zuschauer meldeten sich zu Wort. Der Antrag sieht außerdem vor, dass die Stadt bei fehlenden Alternativen dem Landkreis vier Grundstücke für die Unterbringung von je maximal 100 Menschen anbietet. Am Ende stimmten 21 von 38 Mitgliedern der Beschlussvorlage des Links-Grünen Bündnisses zu.
Verzögerung durch Bürgerbegehren?
Die Stadt Greifswald prüft zurzeit die Unterschriften eines Bürgerbegehrens. Dessen Initiatoren wollen nicht, dass Greifswald dem Landkreis Grundstücke für Geflüchtete anbietet. Sie haben der Bürgerschaft eigenen Angaben zufolge in der vergangenen Woche 7.000 Unterschriften übergeben. Greifswalds Oberbürgermeister Stefan Fassbinder (Grüne) zufolge werden keine Pachtverträge geschlossen, bevor das Begehren abgeschlossen ist. Sollte alles korrekt sein, wird es innerhalb der nächsten sechs Wochen einen Bürgerentscheid in Greifswald darüber geben, ob der Oberbürgermeister die Flächen verpachten darf oder nicht. Zuvor müsste das Innenministerium noch die Rechtmäßigkeit eines solchen Entscheids bestätigen.
Vorpommern-Greifswalds Landrat Michael Sack (CDU) blickt mit Sorge auf die Verzögerung. "Das Problem ist, den Menschen jetzt zügig ein Dach über dem Kopf zu geben. Und das ist heute Abend erst mal noch verschoben worden", sagte Sack zu den Ergebnissen der Sitzung. Unabhängig davon, ob Unterkünfte bereitstehen, sollen bereits am Dienstag neue Geflüchtete in den Landkreis. Sack zufolge müssen im Landkreis zusätzlich 1.600 Plätze geschaffen werden.
Versammlungen zeigen Solidarität mit Geflüchteten
In Greifswald fanden laut Polizei am Montag mehrere Versammlungen statt, bei denen Teilnehmer ihre Solidarität mit Geflüchteten und Bereitschaft zu deren Aufnahme bekundeten. So wurde die Bürgerschaftssitzung von der Versammlung "Für Humanismus und Weltoffenheit - Greifswald als sicherer Hafen" nahe der Mehrzweckhalle mit etwa 90 Teilnehmern begleitet. Etwa 140 Menschen fanden sich zu der Versammlung "Solidarität mit allen Geflüchteten!" am Ernst-Thälmann-Ring ein. Diese Veranstaltungen seien größtenteils ohne Zwischenfälle verlaufen.
Zwei Strafverfahren eingeleitet
In zwei Fällen hat die Polizei eigenen Angaben nach Strafanzeigen erstattet. So gegen einen 50-jährigen Deutschen wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Er soll auf dem Parkplatz eines Discounters den Hitlergruß gezeigt haben. Außerdem kam es während der Bürgerschaftssitzung zu einer Auseinandersetzung, bei der ein 54-jähriger Deutscher eine 28-jährige Ukrainerin am Oberarm gepackt und zur Löschung einer Bildaufnahme aufgefordert haben soll. Gegen den Mann wurde ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Körperverletzung und der Nötigung eingeleitet.