Protest gegen Flüchtlingsunterkunft in Greifswald eskaliert
Im Greifswalder Ostseeviertel ist eine Demonstration gegen eine geplante Unterkunft für 500 Geflüchtete eskaliert. Die Polizei musste den Oberbürgermeister Stefan Fassbinder (Grüne) beschützen.
Hunderte Menschen haben am Montag im Greifswalder Ostseeviertel gegen eine dort geplante Unterkunft für Geflüchtete demonstriert. Etwa 500 Demonstranten hatten sich unangemeldet am Ort der geplanten Unterbringung versammelt. In einer Schule in unmittelbarer Nähe fand zeitgleich eine Sitzung der Ortsteilvertreter statt. Kurzfristig nahm dort auch der Greifswalder Oberbürgermeister Stefan Fassbinder (Grüne) teil.
Eine Kette von Beamten schützte den OB
Laut Polizei wollten mehrere Demonstranten den Oberbürgermeister konfrontieren, als dieser das Schulgebäude verließ. Es sei "gefährlich" für Fassbinder geworden. Die Polizei musste ihn eigenen Angaben nach mit einer Kette aus Beamten vor den aggressiven Versammlungsteilnehmern schützen. Nur durch körperliche Gewalt und den Einsatz eines Schlagstocks gelang es den Beamten, Fassbinder unbehelligt von der Sitzung zu eskortieren. Im Internet waren nach Angaben der Polizei zuvor bereits Aufrufe zu einer Versammlung vor Fassbinders Haus aufgetaucht. Unter den Demonstranten waren mindestens 20 Menschen, die der rechtsextremen Szene zuzuordnen seien, so die Polizei.
Angriff auf Gegendemonstranten
Etwa 50 weitere Personen hatten sich vor Ort zu einem angemeldeten Gegenprotest versammelt. Nach Beendigung der Gegendemonstration attackierten einige Teilnehmer verbal die Kritiker der geplanten Unterkunft. Daraufhin griffen zwei Kritiker der Unterkunft einen Gegendemonstranten körperlich an. Polizeibeamte konnte weitere Auseinandersetzungen verhindern. Die Polizei erstatte in diesem Zusammenhang eine Strafanzeige wegen gefährlicher Körperverletzung. Zusätzlich wurden Anzeigen wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz und des Zündens von Pyrotechnik erstattet.
Ortsteilvertreter und Kreistag uneinig
Die Ortsteilvertretung sprach sich bei der Sitzung einstimmig gegen die geplante Unterkunft aus. "Wir wollen die Unterkunft nicht an diesem Standort", sagte der Vorsitzende Uwe Liedtke (CDU). Man wolle Geflüchteten zwar helfen, halte aber sowohl die Dimensionen als auch den Standort des Projekts für falsch.
Unterdessen machte der Kreistag Vorpommern-Greifswald am Montagabend den Weg frei für die Pläne. Eine knappe Mehrheit der Abgeordneten stimmte einer Dringlichkeitsvorlage der Verwaltung zu, damit der Landkreis die geplante Unterkunft für rund neun Millionen Euro aufstellen kann. Auch unter den Abgeordneten herrscht große Uneinigkeit über die Unterkunft. Der Landrat des Kreises Vorpommern-Greifswald, Michael Sack (CDU), war für den Plan von Linken- und SPD-Abgeordneten heftig kritisiert worden. Laut Sack habe jedoch Greifswald bisher verhältnismäßig wenige Geflüchtete aufgenommen. Und freien Wohnraum für eine dezentrale Unterbringung gebe es nicht genug, so Sack weiter.