Essen in Kantinen soll gesünder werden: Nachholbedarf in MV
Weniger Zucker, Fett und Salz in vielen Produkten - mehr Bio und Regionales in Kantinen und Mensen: Das Kabinett hat heute Eckpunkte für eine Ernährungsstrategie der Bundesregierung beschlossen.
Die Strategie soll dafür sorgen, dass sich mehr Menschen in Deutschland nachhaltiger und gesünder ernähren. Vor allem Kinder sollen davon profitieren. Die Pläne von Bundesernährungsminister Cem Özdemir (Grüne) sehen etwa vor, dass weniger Zucker, Fett und Salz verwendet werden, dafür mehr Obst und Gemüse aus regionalem Anbau. Darüber hinaus landet noch immer zu viel Essen im Müll. Fast elf Millionen Tonnen Lebensmittel werden pro Jahr bundesweit weggeworfen - das soll weniger werden. SPD, Grüne und FDP hatten im Koalitionsvertrag vereinbart, bis 2023 eine Ernährungsstrategie zu erarbeiten.
Nachholbedarf in Kantinen und Mensen von MV
In den Kantinen und Mensen von Mecklenburg-Vorpommern besteht laut Professorin Anna Flögel von der Hochschule Neubrandenburg noch Nachholbedarf: "Leider sind wir mit der gesunden Ernährung im Bereich der Gemeinschaftsernährung hier noch nicht so weit", erklärte die Ernährungswissenschaftlerin bei NDR MV Live. In MV bestünde die Ausnahmesituation, dass viele ländliche Regionen verpflegt werden müssen, die oftmals nur schlecht zu erreichen sind. Im Bereich der Schulverpflegung würden deshalb ganz unterschiedliche Konzepte angewandt - vom regionalen Caterer bis hin zur Dorfgaststätte.
Flögel: Ernährungspolitische Maßnahmen notwendig
Flögel hält viel von Özdemirs Plänen: "Es ist schon lange an der Zeit, dass die Politik hier mit konkreten ernährungspolitischen Maßnahmen eingreift", so die Ernährungswissenschaftlerin. Ihr zufolge müssten Qualitätsstandards für gesunde Ernährung in Kitas und Schulen, aber auch in Krankenhäusern oder Betriebskantinen beispielsweise verpflichtend sein. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) hätte hier sogar konkrete Vorschläge. "Es gibt diese Standards, sie müssen halt nur umgesetzt werden - und das ist in Mecklenburg-Vorpommern zur Zeit nicht immer oder sogar sehr selten nur der Fall", sagte Flögel weiter.
Neubrandenburger Kantine achtet auf gesunde Ernährung
Thomas Kloppertanz ist Chef der Kantine "Die Mahlzeit" in Neubrandenburg. Gemeinsam mit seinem Team versorgt er neben der eigenen Kantine auch Kitas und Schulen, Unternehmen und Senioren mit Essen. Kloppertanz versucht schon jetzt, bei seinem Angebot auf gesunde Ernährung zu achten.
"Es zeigt sich ja immer mehr, dass Kinder sich nicht mehr so doll bewegen wie früher und dem trägt man natürlich Rechnung, dass man dann sagt, man muss das Essen dem anpassen und gesünder werden", sagte er bei NDR MV Live. Für die Kantine heißt das: viel frische Kost, Obst, Gemüse und weniger fleischlastig - so wie es auch die Offensive von Özdemir vorsieht.
Herausforderung: Akzeptanz von Köchen und Erziehern
Der Neubrandenburger Kantinenchef hält dessen Pläne für umsetzbar, sieht aber auch die Herausforderungen. Nicht immer sei es zum Beispiel leicht, die Akzeptanz der Köche zu gewinnen, die es von früher aus gewohnt sind, mit mehr Fleisch zu kochen. "Das geht dann sogar weiter bis vor Ort - in den Schulen und Kindergärten", so Kloppertanz weiter. Auch die Erzieher müssten mitziehen, das neue Essen annehmen und den Kindern zeigen, dass es was Neues gibt. Würde das passieren, funktioniere die Umstellung gut.
Backhaus fordert Gesamtstrategie - auch für Bewegung
Mecklenburg-Vorpommerns Agrarminister Till Backhaus (SPD) fordert eine Gesamtstrategie für gesunde Ernährung und Bewegung in Deutschland. Dem Gesundheitssystem entstünden derzeit täglich 300 Millionen Euro an Kosten wegen ungesunder Ernährung und weil sich die Menschen zu wenig bewegen. Backhaus wirbt auch für Biolebensmittel. Wichtig sei hier aber eine Herkunftskennzeichnung. Artikel mit europäischem Biosiegel würden oft um 40 Prozent billiger angeboten als deutsche Bioprodukte - deshalb griffen Discounter eher zu Angeboten aus dem Ausland. Der Standard in Deutschland ist Backhaus zufolge aber höher.