Energiekrise: Kunden warten auf Entlastung bei Stromrechnung
Angesichts höherer Rechnungen und Abschläge warten viele Stromkunden auf die staatlichen Hilfen. Ab April sollen diese greifen - dennoch wird Strom teurer bleiben als gewohnt.
Mecklenburg-Vorpommerns Stromversorger verzeichnen derzeit einen kräftige Nachfrage beim Kundenservice: Vor allem wegen Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine ist Strom teurer geworden - und die staatlichen Preisbremsen sind noch nicht wirksam. 80 Prozent des Energieverbrauchs werden staatlich gestützt, allerdings erst von März an, dann aber rückwirkend ab Januar.
Viele Stadtwerkekunden haben Puffer angespart
Im Kundencenter der Stadtwerke Neubrandenburg herrscht derzeit reger Betrieb. Die meisten kommen mit der Jahresendabrechnung und wollen sich die erhöhten Abschläge und die staatlichen Hilfen erklären lassen. Die meisten Kunden hätten gut gehaushaltet, sagt Kundenberater Marcus Weide. Durch das angesammelte Guthaben falle der erhöhte Abschlag gar nicht so sehr auf, bis die staatlich gestützten Preise gelten.
Tausend zusätzliche Anrufe pro Tag
Im vergangenen Jahr gab es mehrere politische Entscheidung, um die Preise für Energie zu begrenzen. So wurde die EEG-Umlage gestrichen, neu dazugekommen ist eine Gasbeschaffungsumlage, eine Gasspeicherumlage wurde dagegen wieder fallengelassen. Dann kam noch eine Mehrwertsteuersenkung und die Preisdeckel - für Kunden kaum überschaubar. Dementsprechend groß ist auch der Andrang bei der Hotline der Stadtwerke Neubrandenburg: Anstatt der üblichen 200 Gespräche pro Tag sind es derzeit etwa 1.200 Telefonate, so der Leiter des Kundencenters, Sven Langenberg.
"Mit den Hilfen vom Gesetzgeber für alle machbar und schaffbar"
Auch die Dauer der Gespräche habe sich von drei auf sechs Minuten verdoppelt. "Es geht halt um Geld und nicht um wenig Geld", erklärt Langenberg. "Es ist doch eine Anspannung zu merken, aber wenn wir das vernünftig erklären und mit den Hilfen vom Gesetzgeber ist es für alle machbar und schaffbar." Die neuen Abschläge aus den Jahresabrechnungen der Neubrandenburger Stadtwerke gelten nur für zwei Monate. Dann greifen rückwirkend die Preisdeckel und alle Kunden erhalten neue Mitteilungen.
Wemag-Vorstand: "Es wird in diesem Jahr deutlich teurer"
Ab April komme die Entlastung bei den Stromrechnungen, bestätigt auch Caspar Baumgart, Vorstandsmitglied beim Westmecklenburger Energieversorger Wemag. Das Preisniveau liege aber auch mit den staatlichen Subventionen immer noch deutlich über dem, was die Kunden gewöhnt seien. Im Gegensatz zu den Stadtwerken Neubrandenburg rechnet die Wemag ihre Kunden nicht zu einem einzigen Zeitpunkt im Jahr ab, sondern ein Zwölftel aller Kunden pro Monat. Und wie diese ausfallen, lässt sich laut Baumgart nicht pauschal sagen: "Ich denke, man sollte sich nicht auf Rückzahlungen einstellen. Im Gegenteil: Es wird in diesem Jahr deutlich teurer sein - trotz aller Preisbremsen."
Anbieterwechsel schwierig und derzeit nicht empfehlenswert
Kündigungen habe die Wemag kaum zu verzeichnen: "Die Kunden sind im Moment sehr treu. Was aber auch damit zusammenhängt, dass es am Markt kaum bessere Angebote gibt. "Im Moment wäre ich sehr vorsichtig zu wechseln", warnt Baumgart. Gerade in der dynamischen Preisphase des letzten Jahres, als die Börsenpreise für Gas und Strom sehr hochgingen, hätten sich einige Anbieter als schwarze Schafe erwiesen, so der Wemag-Vorstand: "Da gab es ja wirklich mehrere, die gesagt haben: 'Den Strom, den ich mal billig eingekauft habe für meine Kunden, den verkaufe ich jetzt lieber fürs Sechs- bis Achtfache an der Börse.' Die Kunden mussten sich dann neue Lieferanten suchen."
Wemag will Abschaltungen vermeiden - Kunden sollen sich frühzeitig melden
Grundsätzlich komme es immer mal vor, dass der Strom abgestellt wird, wenn jemand nicht zahlen kann. Das will die Wemag in der aktuellen Hochpreisphase aber unbedingt vermeiden, betont Vorstand Baumgart: "Man muss auch sagen: Der Gesetzgeber hat hier noch mal höhere Hürden eingebaut." Wenn es eng werden sollte, rät Baumgart den Kunden, sich unbedingt frühzeitig an den Versorger zu wenden und dann nach Lösungen suchen. Die Wemag biete dann großzügige Ratenzahlungen an und es gebe zudem von verschiedenen Stellen Hilfsangebote und Unterstützung.
Bundeseinheitliche Netzentgelte könnten Preisniveau senken
Das hohe Strompreisniveau in Mecklenburg-Vorpommern habe viel mit den Netzentgelten zu tun, erläutert Baumgart: "Wir haben sehr viel erneuerbare Energien und es sollen noch mehr werden - dafür bauen wir das Netz aus. Die Kosten dieses Netzausbaus tragen aber nicht die Betreiber der Windräder, sondern die Abnehmer des Stroms." Das führe zu sehr hohen Netzentgelten im Norden, weshalb der Wemag-Vorstand bundesweit einheitliche Entgelte fordert: "Dann hätten wir schon mal ganz schnell mindestens fünf, sechs Cent weniger beim Strompreis." Die Landesregierung setze sich seit Jahren dafür ein, dass sich auf Bundesebene etwas ändert.