Stand: 22.05.2020 15:57 Uhr

Ehemalige Grenze: "Weltweit einzigartige Biotope"

von Ina Lebedjew, NDR.de

Ein Braunkehlchen auf einem Schilfhalm © NDR Foto: Daniel Holte aus Greifswald
Arten wie das stark gefährdete Braunkehlchen finden in den Biotopen des Grünen Bandes einen Lebensraum (Symbolbild).

Der 22. Mai ist der Internationale Tag der Biologischen Vielfalt. Ein besonderer Naturschatz in Mecklenburg-Vorpommern ist das Grüne Band. Die ehemalige innerdeutsche Grenze hat sich in den vergangenen Jahrzehnten vom Todesstreifen zur artenreichen Lebenslinie entwickelt. Sie reicht von der Ostseeküste Mecklenburg-Vorpommerns bis ins Vogtland - eine Perlenkette von Biotopen, fast 1.400 Kilometer lang. Wo jahrzehntelang Grenzzäune, Sperrgräben und Minenfelder waren, haben seltene Tier- und Pflanzenarten einen Lebensraum gefunden. Das Grüne Band in Mecklenburg-Vorpommern soll noch in diesem Jahr "Nationales Naturmonument" werden.

Titel verbindet Erinnerungskultur und Naturschutz

Corinna Cwielag vom Bund für Umwelt und Naturschutz in Mecklenburg-Vorpommern sagt, es wäre wichtig, diesen einmaligen Biotopverbund in seiner Gesamtheit zu schützen. Der Titel bringt demnach den allerhöchsten Schutzstatus für die Biotopflächen am Grünen Band, davon habe Mecklenburg-Vorpommern im Vergleich zu anderen Bundesländern besonders viele. Am Titel "Nationales Naturmonument" hängen zudem mehrere Hunderttausend Euro, die für Flächenausweisungen, Naturschutzarbeit und Kulturprojekte eingesetzt werden sollen. Das Monument biete die Möglichkeit, "Naturwert und Kulturwert gleichrangig zu schützen und auch etwas dafür zu tun."

Ein grüner Schatz und ein historisches Denkmal

Es geht darum, unsere Geschichte und die Erinnerungen der Menschen an der Grenze in der Natur sichtbar und erlebbar zu machen - etwa über geführte Wanderungen, Radtouren und Infotafeln. Ein Beispiel: In Nordwestmecklenburg, nicht weit vom Ratzeburger See, gab es dicht an der Grenze ein Dorf namens Neuhof. Es wurde 1977 dem Erdboden gleichgemacht, weil es dem Ausbau der Sperranlagen im Weg stand. Wer dort heute mit Fachleuten unterwegs ist, kann anhand der Natur, der Pflanzenarten, sehen, dass da mal Menschen gelebt haben und ihm wird erzählt, was diese Menschen durchgemacht haben. Etwa ein Dutzend solcher "geschleiften" Dörfer gab es im Grenzgebiet, allein in Nordwestmecklenburg.

Biotope von Nordeuropa bis in den Balkan

Jörg Schmiedel ist Botaniker beim BUND, seiner Einschätzung nach ist das Grüne Band nicht nur für Deutschland einzigartig, sondern auch für Europa und die ganze Welt. Hier hätten sich Arten erhalten, die anderswo weitgehend verschwunden sind, zum Beispiel seltene Kräuter, aber auch Amphibien, vom Aussterben bedrohte Vogelarten und Insekten. "Wir müssen bedenken, dieser ehemalige Eiserne Vorhang, den gab es ja nicht nur in Deutschland - er reichte fast vom Nordkap bis zur Grenze der Türkei mit Bulgarien. Das ist ein Biotopverbund, wie wir ihn anderswo nicht mehr finden.“ Das Band ziehe sich quer durch das dicht besiedelte Europa, in der Metropolregion Hamburg, also ganz in der Nähe der Großstadt. Entlang "an unserer Ostseeküste mit Städten wie Wismar, Rostock, Stralsund. Und überall diese Reste von Natur, durch die Grenzhistorie bedingt sind. Das ist einzigartig und auch für den Naturschutz hochgradig wertvoll.“

Umweltminister: Entscheidung noch in diesem Jahr

Entsprechend wichtig sei es, das Grüne Band in seiner Gesamtheit zu schützen. "Es steht uns jetzt einfach gut an - im 30. Jahr der Deutschen Einheit", sagt Corinna Cwielag vom BUND. Andere Länder im Osten seien viel weiter, Thüringen und Sachsen-Anhalt zum Beispiel hätten sich längst zum "Nationalen Naturmonument" bekannt. Auch Umweltminister Backhaus findet, es sei an der Zeit, das Grüne Band zum Nationalen Naturmonument zu machen. Man wolle dabei mit den Umweltschutzverbänden eng kooperieren. Die Kabinettsvorlage dazu, so Backhaus weiter, soll Richtung Sommerpause auf den Weg gebracht werden: „Wir wollen diese Entscheidung in diesem Jahr durchs Kabinett bringen. Und insofern sind wir da auf einem sehr guten Weg.“

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Radio MV | 22.05.2020 | 12:00 Uhr

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