EU-Asylkompromiss: Viel Ablehnung aus MV
Der neue Asylkompromiss der EU-Innenminister stößt in Mecklenburg-Vorpommern überwiegend auf Skepsis oder Ablehnung. Der Kompromiss sieht vor, schon an den EU-Außengrenzen zu prüfen, ob Antragsteller Chancen auf Asyl haben und sie dort solange in streng gesicherten Aufnahmeeinrichtungen unterzubringen.
Kein Beifall, aber auch keine Buhrufe: Innenminister Christian Pegel (SPD) erklärte, in vielen Detailfragen sei der Kompromiss noch offen. Er werde in den anstehenden Diskussionen "vor allem auf eine besonders sensible Behandlung von Familien mit Kindern drängen, die unseres besonderen Schutzes bedürfen." Zu den speziellen Aufnahmeeinrichtungen, die viele auch "Lager" nennen, äußerte sich der SPD-Politiker nicht. Der Minister forderte vom Bund, Flüchtlingen die Arbeitsaufnahme zu erleichtern, "denn Arbeit erleichtert Integration". Pegel, der auch Vize-Parteichef der Landes-SPD ist, vermied allerdings eine klare Ablehnung der Einigung, die von der SPD-geführten Bundesregierung getragen wird.
Kein Statement von Schwesig
Seine Parteigenossen im Nachbarland Schleswig-Holstein lehnen den Kompromiss dagegen offen ab. Die dortige SPD-Landesvorsitzende Serpil Midyatli warnte vor einer Aufnahme von Flüchtlingen in wie auch immer geartete Lager. "Ich habe immer gesagt, dass wir Fluchtursachen und nicht Geflüchtete bekämpfen müssen", erklärte Midyatli. Ministerpräsidentin Manuela Schwesig reagierte auf eine Anfrage des NDR bisher nicht und ließ von einem Regierungssprecher auf das Statement ihres Innenministers verweisen. Die SPD-Politikerin, die sich in anderen Fällen schnell zu bundespolitischen Themen äußert, versucht möglicherweise eine klare Positionierung zu umgehen.
Linken-Landeschef spricht von "Schande"
Die kommt dagegen von ihrem Regierungspartner in Schwerin. Von einer "Schande" spricht Linken-Landeschef Peter Ritter. SPD und Grüne im Bund sollten sich schämen, schimpfte Ritter auf Twitter. Seine Landtagsfraktion warnte vor unmenschlichen Bedingungen an den Grenzen. An die Stelle von Abschottung und Pushbacks müsse eine humane Flüchtlingspolitik treten, bei der die Menschenrechte im Mittelpunkt stünden, so die Abgeordnete Steffi Pulz-Debler.
MV-Grüne gehen auf Distanz zu Habeck und Baerbock
Ähnlich sehen es die Grünen. Es drohe eine menschenunwürdige Unterbringung in Haftlagern, in die selbst Familien mit Kindern gebracht werden könnten, so Landtagsfraktion und Landes-Partei in einer gemeinsamen Erklärung. Mit der Asylreform sendet die EU nach Ansicht der Vize-Fraktionschefin Anne Shepley ein Signal von Abschreckung und Abschottung. "Gleichzeitig löst der Vorschlag keines unserer asylpolitischen Probleme - weder auf EU-Ebene, noch in Deutschland oder in Mecklenburg-Vorpommern", erklärte Shepley, die damit gemeinsam mit der Landesvorsitzenden Katharina Horn auf deutliche Distanz zu den Grünen-Bundesministern Robert Habeck und Annalena Baerbock ging. Beide unterstützen den Kompromiss.
Flüchtlingsrat MV: Asylrecht werde faktisch abgeschafft
Von einem "historischen Angriff auf die Menschenrechte" spricht der Flüchtlingsrat Mecklenburg-Vorpommern. Das Asylrecht werde faktisch abgeschafft. Wenn Innenministerin Nancy Faeser (SPD) diesen massiven Angriff auf Menschenrechte in Europa als Erfolg bezeichne, zeige das, "wie weit die Bereitschaft rechtspopulistische Maßnahmen umzusetzen, bereits Mainstream der deutschen Politik geworden ist", so die Vorsitzende des Flüchtlingsrats Ulrike Seemann-Katz.
Städte- und Gemeindetag: Kitas und Schulen ausbauen
Distanziert reagierte der Städte- und Gemeindetag. Man nehme die EU-Entscheidung zur Kenntnis, so der Verband in einer Mitteilung. Alle müssten sich "allerdings bewusst sein, dass weiter Menschen zu uns kommen werden und damit Unterbringung und Integration dennoch eine Daueraufgabe bleiben wird". Deshalb sei es wichtig, die sozialen Infrastrukturen wie Kitas und Schulen auszubauen.
Zustimmung von der CDU
Beifall für die Einigung kommt vom Fraktions- und Parteichef der Landes-CDU, Franz Robert Liskow. Es sei richtig, dass "die Bundesregierung von ihrem Sonderweg abrückt und auf den Kurs der Europäischen Union einschwenkt", erklärte er ebenfalls in einer Mitteilung. Das vorliegende Konzept dürfe jetzt nicht verwässert werden. Die AfD-Fraktion verzichtete auf eine Mitteilung. Der Asyl-Kompromiss beschäftigt in der kommenden Woche auch den Landtag.