Niedersachsen: Asyl-Kompromiss der EU stößt auf geteiltes Echo
Der Asyl-Kompromiss der Europäischen Union stößt in Niedersachsen auf ein geteiltes Echo. Am Donnerstag hatten sich die Innenministerinnen und -minister darauf geeinigt, das Asylrecht in Europa zu verschärfen.
Die niedersächsische Landesregierung begrüßt grundsätzlich, dass es nun einen Kompromiss beim Thema Asyl gibt, sagte eine Sprecherin von Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) am Freitag. Auch Innenministerin Daniela Behrens (SPD) begrüßte diesen ersten Kompromiss auf EU-Ebene, wie ein Sprecher des Innenministeriums mitteilte. Der geplante Solidaritätsmechanismus etwa sei wichtig, um künftig auch Länder in die Aufnahme von Geflüchteten einzubeziehen, die sich bisher weigerten, ihren Teil dazu beizutragen. Behrens sehe jedoch noch Bedarf, beim Schutz von Familien und Kindern nachzubessern. Das müsse sich jetzt im weiteren Verfahren ergeben, so der Sprecher.
Kritik an Kompromiss von den Grünen
Die niedersächsischen Grünen hingegen kritisierten den EU-Asylkompromiss. Die Landesvorsitzende Greta Garlichs schrieb am Donnerstagabend auf Twitter: "Heute wurde eine große zivilisatorische Errungenschaft faktisch begraben. Das ist Rückschritt, keine Lösung für die Probleme unserer Zeit."
Flüchtlingsrat findet deutliche Worte
Der Niedersächsische Städtetag sieht in dem Kompromiss einen Fortschritt. Die Pläne würden nach einem strukturierten Verfahren klingen, sagte Sprecher Stefan Wittkop. Es sei dringend notwendig gewesen, dass sich die EU endlich auf eine gemeinsame Asylpolitik verständigt. Dazu gehöre aus Sicht des Städtetages auch der Schutz der EU-Außengrenzen. Anders sieht das jedoch der Flüchtlingsrat und findet deutliche Worte: Man sei fassungslos darüber, dass ausgerechnet unter SPD und Grünen ein Abriss des Asylrechts vorangetrieben werde.
Kritik zum neuen Asylrecht auch von der AWO
Kritik zu der geplanten Reform kam auch vom AWO-Bezirksverband Hannover. "Die Flucht nach Europa ist oft von Gewalt geprägt. Es ist nicht menschenwürdig, Migranten unter haftähnlichen Bedingungen in Grenzlagern festzusetzten", sagte Marco Brunotte, Vorstandsvorsitzender des Bezirksverbands. Er verurteilte, dass auch Familien mit Kindern während der Prüfung ihres Asylantrags in den Grenzlagern untergebracht werden können. "Ich sehe hier ganz klar das Kindeswohl und die Kinderrechte verletzt". Kinder einzusperren dürfe nicht mit den Zielen und Werten der EU vereinbar sein, so Brunotte.
EU-Innenminister einigen sich auf verschärftes Asylrecht
Die EU strebt einen deutlich härteren Umgang mit Flüchtlingen ohne Bleibeperspektive an. So sollen Menschen aus als sicher geltenden Ländern künftig unter haftähnlichen Bedingungen in kontrollierte Aufnahmeeinrichtungen kommen. Dort würde dann im Normalfall innerhalb von zwölf Wochen geprüft, ob die Antragsteller Chancen auf Asyl haben - wenn nicht, sollen sie schneller in ihre Heimatländer zurückgeschickt werden. Die Bundesregierung hatte sich vergeblich dafür eingesetzt, Familien mit Kindern von den sogenannten Grenzverfahren auszunehmen. Länder, die keine Flüchtlinge aufnehmen wollen, würden zudem künftig zu Ausgleichszahlungen gezwungen, um mehr Solidarität mit den stark belasteten Mitgliedsstaaten an den EU-Außengrenzen zu gewährleisten. Das EU-Parlament kann nun noch Änderungen durchsetzen.