Ein Landwirt düngt mit Gärresten aus einer Biogasanlage ein Feld. © picture alliance/dpa Foto: Julian Stratenschulte

Düngeverordnung: Weniger Düngen auf einem Drittel der Flächen

Stand: 10.01.2023 19:18 Uhr

Mecklenburg-Vorpommerns Agrarminister Till Backhaus (SPD) hat die neue Düngelandesverordnung vorgestellt. Landwirte in Mecklenburg-Vorpommern müssen die Düngung künftig auf rund einem Drittel der Felder einschränken. Die Landwirte reagierten mit Kritik. Einzelne Betroffene würden nun juristische Schritte gehen, hieß es vom Bauernverband.

Mehr Betriebe als bislang müssen verschärfte Düngeregeln beachten. In dem aktuellen Papier sind nun rund 430.000 Hektar der landwirtschaftlichen Nutzfläche rot markiert. Dort ist das Grundwasser zu stark belastet - etwa mit Nitrat. Den alten Regelungen nach waren nur 13 Prozent der Äcker und Weiden als besonders nitratbelastet eingestuft. "Wasser ist für uns die wichtigste Ressource, sie muss sauber gemacht werden", erklärte Backhaus. Die Daten wurden im vergangenen Jahr erhoben und für die neue Verordnung ausgewertet. Zugrunde gelegt wurden dafür laut Agrarministerium rund 820 Grundwasser-Messstellen.

Neue Verordnung gilt ab 1.Februar

Die EU-Kommission hatte immer wieder moniert, wie Deutschland Nitrat-belastete Gebiete ausweist. Daraufhin haben Bund und Länder im vergangenen Sommer das Vorgehen überarbeitet und die düngerechtlichen Anforderungen verschärft - deshalb auch der Anstieg der belasteten Gebiete hierzulande um etwa ein Dreifaches. Die neue Verordnung tritt zum 1. Februar in Kraft.

Den Angaben des Ministers zufolge setzt Mecklenburg-Vorpommern mit der neuen Verordnung nun die EU-Nitratrichtlinie um. Die vorangegangene Regelung auf Bundesebene habe die EU nicht akzeptiert, geklagt und recht bekommen. Wird auch die jetzt getroffene Regelung abgelehnt, droht laut Backhaus ein Bußgeld von 861.000 Euro pro Tag.

Landwirte kritisieren Methodik

Landwirte hatten schon im Vorfeld Kritik an den Plänen für die neue Verordnung geübt. Konkret moniert der Bauernverband, wie das Land bei der Ausweisung der nitratbelasteten Gebiete vorgeht - vor allem in Trinkwasserschutzgebieten. Dort gilt nun: Zeigt eine Messstelle auffällige Nitratwerte an, wird das komplette Gebiet als rot eingestuft. Für alle Landwirte dort gelten strenge Düngeregeln. Das sei ungerecht.

"Werden keine ausreichenden Mengen mehr ernten"

Marco Gemballa leitet beim Verband den Fachausschuss Pflanzenbau. Zugleich ist er Landwirt in Zinzow bei Friedland und mit seinen Feldern nun zu 100 Prozent in einem roten Gebiet. Er und viele andere betroffene Landwirte befürchten Ertragseinbußen durch die verschärften Düngeregeln: "Wenn ich die Pflanzen nicht entsprechend ihres Bedarfes ernähren darf, sondern nur 80 Prozent dessen, dann werden wir keine ausreichenden Qualitäten fürs Brotgetreide und keine ausreichenden Mengen mehr ernten." Zudem kritisiert der Bauernverband, dass immer wieder die Landwirte als die Verursacher für die Belastungen wie zu viel Nitrat im Grundwasser genannt würden, andere mögliche Einflüsse wie etwa Kläranlagen dagegen nicht.

"Da gibt es keinen Zweifel"

Bernd Lennartz ist Professor für Bodenphysik an der Universität Rostock. Er befasst sich mit Nähr- und Schadstoffen im Boden: "Es gibt auch Stickstoffeinträge auf die Flächen insgesamt aus der Atmosphäre. Aber ich würde doch meinen, dass das, was wir heute im Grundwasser finden, dass das ursächlich vor allem an der Landwirtschaft liegt. Da gibt es keinen Zweifel", sagte Bernd Lennartz, Professor für Bodenphysik an der Universität Rostock, der sich mit Nähr- und Schadstoffen im Boden befasst. Es brauche nun konsequente Maßnahmen, um das Grundwasser besser vor Nitrat und anderen Schadstoffen zu schützen. Die Düngelandesverordnung sei eine Möglichkeit, betont Lennartz.

BUND: Weniger düngen

Ähnlich argumentiert auch der BUND. Dessen Agrarexperte Burkhard Roloff betont, es müsse viel weniger gedüngt werden. Sein Fokus dabei: die Flüsse, Seen und Ostsee: "Durch zu viel Stickstoff haben wir dann schlechte ökologische Zustände. Und wenn dann noch Phosphor dazukommt, das wird ja auch gedüngt, dann entstehen Algenteppiche im Sommer. Letztlich sind die Todeszonen in der Ostsee das Ergebnis von zu viel Algenwachstum. Und dann gibt es dort kein maritimes Leben mehr."

"Einzelne Landwirte werden ihr Recht einklagen"

Für Martin Piehl vom Bauernverband ist es noch zu früh für eine abschließende Bewertung. Der genaue Wortlaut der Verordnung habe den Landwirten am Dienstag noch nicht vorgelegen, so Piehl zum NDR in MV. Er betonte, dass auch die Landwirte an sauberem Trinkwasser "hochinteressiert" seien. Die Kritik der Bauern richte sich gegen die Art der Maßnahmen, die vorgesehen sind. Der Bauernverband als solcher habe zwar kein Klagerecht, aber es werde am Ende darauf hinauslaufen, dass einzelne betroffene Landwirte "ihr Recht vor Gericht einklagen werden", ist sich Piehl sicher.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Radio MV | 10.01.2023 | 17:10 Uhr

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