Eine Maske liegt auf einem Schultisch. © picture alliance / Eibner-Pressefoto | Fleig Foto: Fleig / Eibner-Pressefoto

Corona-Spätfolgen in der Schule: Lucy gibt nicht auf

Stand: 06.02.2023 10:00 Uhr

Starke Kopfschmerzen, Müdigkeit, Konzentrationsprobleme: Seit mehr als einem Jahr hat Lucy Gohlke mit Long-Covid- und Post-Vac-Symptomen zu tun. Die 14-Jährige hofft, dass das neue Long Covid Institut in Rostock ihr helfen kann.

von Melanie Jaster, Ostseestudio Rostock

"Du siehst doch gar nicht krank aus" - diesen Satz hört Lucy häufiger. Denn auf den ersten Blick sieht man ihr nicht an, wie es ihr geht. "Ich wünsche mir, dass einfach mehr Leute Verständnis für meine Situation zeigen", sagt Lucy. Und ihre Mutter Marika Gohlke ergänzt: "Sie ist das wildeste, aufgeweckteste Mädchen gewesen vor dieser ganzen Erkrankung. Aber seitdem ist ihr Hauptaufenthaltsort das Bett."

Long-Covid- und Post-Vac-Syndrom

Es fing an, als sich Lucy Im April 2021 mit dem Coronavirus infizierte. Es blieben Erkältungssymptome, Geschmacks- und Geruchsverlust sowie leichte Kopfschmerzen. Sieben Monate später ließ sie sich gegen das Virus impfen - seitdem hat sie täglich mit starken Kopfschmerzen, Erschöpfung und Vergesslichkeit zu tun. Post-Vac-Syndrom heißt es im Fachjargon, wenn nach einer Impfung langanhaltende Symptome bleiben.

Das Paul-Ehrlich-Institut spricht von schätzungsweise 0,029 Prozent der Geimpften, bei denen schwerwiegende Nebenwirkungen auftreten. An Long Covid leiden vermutlich mehrere Millionen Menschen bundesweit - wie viele genau, dazu gibt es unterschiedliche Zahlen. Das Robert-Koch-Institut zitiert eine deutsche Studie, nach der mindestens 6,5 Prozent der Menschen betroffen sind, die sich mit Covid 19 infiziert hatten - sowie eine britische Studie, nach der es zwischen 3 und 13,7 Prozent sind. In Lucys Fall hat sich eine Long-Covid- wohl mit einer Post-Vac-Erkrankung kombiniert, so die Vermutung.

Probleme in der Schule

Die Einschränkungen wirken sich auch auf Lucys Alltag in der Schule aus. Sie besucht die 9. Klasse eines Rostocker Gymnasiums. Ob sie nach dem Schuljahr die Versetzung in die 10. Klasse schafft, weiß sie nicht. "Früher war ich eine Zweier- bis Dreier-Schülerin, jetzt bin ich eher so eine Vierer-Schülerin", beschreibt sie. Vokabeln, die sie auswendig lernt, hat sie oft im nächsten Moment schon wieder vergessen - und auch Medikamente wie Ibuprofen helfen ihr nicht. Neue Impulse erhofft sie sich jetzt vom neuen Long Covid Institut, das seit Anfang des Jahres in Rostock unter der Leitung von Dr. Jördis Frommhold Beratungen anbietet. Etwa 100 Betroffene aus ganz Deutschland haben sich dort seit Beginn des Jahres gemeldet.

Long Covid Institut vermittelt Therapieangebote

Ein wesentliches Problem vieler Long-Covid- und Post-Vac-Patienten ist laut Jördis Frommhold die sogenannte "Crash-Symptomatik": Viele leiden unter Erschöpfung, zwingen sich, durchzuhalten und mobilisieren ihre Reserven - mit dem Ergebnis, dass sich die Symptome am nächsten Tag verschlimmern, so Frommhold. Sie wirbt in diesem Zusammenhang um mehr Verständnis gerade Kindern und Jugendlichen gegenüber: "Wir brauchen dringend Unterstützung, dass die Jugendlichen auch Erholungsphasen haben, um nicht immer in diese absolute Erschöpfung zu verfallen", sagt sie. Im regulären Schulalltag sei das jedoch nicht möglich. "Wichtig ist ein ressourcenschonender Umgang mit den eigenen Möglichkeiten - und ein guter Umgang mit den eigenen Grenzen." Denn die verschieben sich laut Frommhold durch die Erkrankung - und im Gegensatz zu Erwachsenen können sich schulpflichtige Kinder nicht längerfristig krankschreiben lassen oder arbeitslos melden.

Angebot momentan für Privatpatienten

Aktuell richtet sich das Angebot des Rostocker Long Covid Instituts an Selbstzahler und Privatpatienten - perspektivisch sollen aber auch Krankenkassen involviert werden, sagt Frommhold. Den Anfang soll noch dieses Quartal die IKK machen. Das Institut bietet aktuell Beratungen vor Ort oder online an. Die sollen helfen, passende Therapien zu vermitteln. Wichtig sei vor allem, den Patienten einen Ort zu geben, an dem sie ernst genommen werden, so Frommhold. In Kürze soll auch eine Psychologin im Institut anfangen. Zusätzlich ist laut Frommhold eine Mediathek im Aufbau, die teils kostenloses, teils kostenpflichtiges Informationsmaterial bereitstelle. Long-Covid-Sprechstunden bieten auch die Rostocker und die Greifswalder Unimedizin an.

Atem- und Entspannungsübungen für Lucy

Auf Frommholds Empfehlung hin nutzt Lucy zurzeit eine App mit Atem- und eine weitere mit Entspannungsübungen. Zusätzlich geht sie zur Akupunktur, bekommt eine Gesangs- und Atemtherapie. Die Übungen tun ihr gut, sagt Lucy - grundlegende Veränderungen spüre sie im Alltag bisher aber noch nicht. "In der Zukunft wird das hoffentlich besser", sagt sie.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Radio MV | Mittagsschau kompakt | 06.02.2023 | 07:30 Uhr

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Coronavirus

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