CDU-Kandidat Monstadt bittet um Leihstimmen gegen AfD
Knapp zweieinhalb Wochen vor der Bundestagswahl setzt der CDU-Kandidat Monstadt im Wahlkreis Schwerin/Westmecklenburg auf die Hilfe von SPD, Linken, Grünen und FDP. Der Bundestagsabgeordnete fordert sie auf, nicht mehr die eigenen Kandidaten zu unterstützen, sondern für ihn zu werben. Die lehnen ab.
Dietrich Monstadt zieht alle Register, um zum fünften Mal in den Bundestag einzuziehen. Weil seine CDU ihn auf einen aussichtslosen Listenplatz abgeschoben hat, startet der 67-jährige Rechtsanwalt, der mit Trecker-Wahlplakaten auf sich aufmerksam machte, eine besondere Kampagne als Direktkandidat: Er fordert Schützenhilfe von den anderen Parteien. Monstadts ungewöhnliche Bitt-Briefe an die Parteien liegen dem NDR vor: Darin warnt der Bundestagsabgeordnete, der seit 16 Jahren im Parlament sitzt und auch in den eigenen Reihen nicht als Leistungsträger gilt, vor einem Erfolg des AfD-Kandidaten Leif-Erik Holm im Wahlkreis.
Hilfe gegen "Rechtspopulisten"
Monstadt schreibt, zwischen ihm und dem "Rechtspopulisten" Holm gebe es ein Kopf-an-Kopf Rennen. Nur ein Zusammengehen der demokratischen Mitte, so Monstadt, könne einen AfD-Erfolg verhindern. Deshalb bitte er um Unterstützung bei den Erststimmen. Mit der Erststimme wird der Direktkandidat gewählt. Monstadt erinnert in seinem Brief an die Verabredung bei der Oberbürgermeisterwahl in Schwerin im Juni 2023. Damals - so Monstadt - "haben wir in der Landeshauptstadt als Parteien der `Demokratischen Mitte´ fast geschlossen zusammengehalten. Mit unserer Wahlempfehlung haben wir gemeinsam den SPD-Kandidaten Dr. Rico Badenschier unterstützt und damit erfolgreich verhindert, dass eine Rechtspopulist Oberbürgermeister wird". Damals verlor Holm mit deutlichem Abstand.
Monstadt erinnerte an OB-Wahl in Schwerin
Monstadt wirbt für eine Neuauflage, appelliert an das demokratische Ehrgefühl der Mitbewerber und fordert von ihnen nun eine Allianz für sich. Es gehe darum, dass die demokratischen Parteien zusammenstünden. Er wisse, schreibt er, dass eine "Unterstützung meiner Kandidatur von Ihnen viel verlangt ist, denn nicht alle unsere politischen Inhalte sind miteinander vereinbar". Er werde bei einer erfolgreichen Wahl den Wahlkreis aber nicht nur als CDU-Kandidat, sondern "auch als Vertreter der demokratischen Mitte vertreten".
Brief auch an alle Haushalte
Zeitgleich mit dem Schreiben an die Parteien verschickte Monstadt Briefe an die Haushalte in seinem Wahlkreis. Von seiner Leihstimmen-Kampagne berichtet er dabei nicht. Allerdings warnt er vor einem Erfolg des AfD-Kandidaten. Es müsse verhindert werden, dass ein Rechtspopulist die Region im Bundestag vertrete. "Stärken Sie die Demokratie und wählen Sie mit ihrer Erststimme Dietrich Monstadt", schreibt Monstadt. Die anderen Mitbewerber hätten keine realistische Chance auf das Direktmandat.
SPD gibt sich kämpferisch
Auch mit diesem Satz hat er sich keine Freunde bei den politischen Mitbewerbern gemacht. Die lehnen Monstadts Rettungsaktion in eigener Sache ab. SPD-Generalsekretär Julian Barlen denkt nicht ans Aufgeben, vor allem nicht zugunsten Monstadts. Dessen Behauptung zur angeblichen Chancenlosigkeit der anderen Kandidaten sei "unlauter und falsch". Barlen erinnerte daran, dass seine Genossin Reem Alabali-Radovan den Wahlkreis 2021 direkt gewonnen hat, mit deutlichem Abstand vor Monstadt. "Daher ist unser erklärtes Ziel, den Wahlkreis als SPD mit Reem Alabali-Radovan wieder direkt zu gewinnen. Was denn sonst?", stellte Barlen klar.
Barlen: Monstadt steht nicht für Anti-AfD-Kurs
Außerdem sei offenkundig, dass eine starke AfD nur verhindert werde könne, wenn die eigene SPD-Kandidatin und "gerade nicht die CDU gewählt wird". Barlen nimmt Monstadt einen Anti-AfD-Kurs nicht ab: "Die Merz-CDU und auch Herr Monstadt persönlich haben im Bundestag bewiesen, dass sie die AfD nicht verhindern, sondern im Gegenteil mit ihr zur Machtausübung zusammenarbeiten". Auch Monstadt stimmte am vergangenen Mittwoch und Freitag im Bundestag für die CDU-Initiativen zu einem schärfen Migrationskurs - gemeinsam mit der AfD.
Auch Linke winkt ab
Ebenso wie Barlen will Linken-Landeschef Hennis Herbst nach dem Monstadt-Brief die Flinte nicht ins Korn werfen. Der Vorstoß des Union-Mannes sei unglaubwürdig, Monstadt stehe nicht für eine belastbare Abgrenzung zur AfD. Eine Wahlempfehlung zu dessen Gunsten schloss Herbst aus. Etwas anders äußerte sich der Grünen-Landesvorsitzende Ole Krüger. Die CDU übernehme immer wieder Positionen der AfD. Es sei Zeit, dass die Union endlich klarstelle, "wo sie wirklich steht". Krüger zeigte sich fast konziliant: "Eine Wahlempfehlung für die CDU käme nur in Betracht, "wenn Herr Monstadt öffentlich ausschließt, im Bundestag für gemeinsame Mehrheiten mit der AfD zu stimmen".
CDU-Chef: Kandidaten sind "eigenverantwortlich"
Der Schweriner FDP-Kreisvorsitzende Paul Bressel quittierte Monstadt Vorstoß kurz und knapp: "Die Wählerinnen und Wähler sind mündig genug, ihre Entscheidung eigenverantwortlich zu treffen." Die FDP Schwerin jedenfalls unterstütze "ausschließlich" den eigenen Kandidaten. Monstadts Briefe-Aktion in eigener Sache kommt in der Parteizentrale in Schwerin offenbar nicht gut an. Beifall jedenfalls bleibt aus. Der Landesvorsitzende Daniel Peters meinte, die Kandidaten würden einen "eigenverantwortlichen Wahlkampf" führen, der sich "natürlich an unserem Programm, unserer Strategie und unserer Linie orientiert".
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