Brasilien-Reise: Schwesig trifft Präsidenten Lula
Die brasilianische Regierung unter Präsident Lula hat ehrgeizige energiepolitische Pläne und sucht weltweit nach Partnern für ihre Projekte. Nicht nur deshalb reist die Ministerpäsidentin von MV Schwesig in dieser Woche mit einer großen Wirtschaftsdelegation durch ganz Brasilien. Es ist ihre letzte große Reise als Bundesratspräsidentin.
Dieser September ist der trockenste seit Jahren in dem größten Land Südamerikas. In der Hauptstadt Brasilia hat es seit mehr als vier Monaten nicht mehr geregnet. Überall sind am Horizont die Rauchsäulen zu sehen, ein beißender Geruch liegt über der ganzen Stadt. Dürren seien zu dieser Jahreszeit normal, heißt es, aber so massiv und so langanhaltend - daran kann sich niemand erinnern. Beunruhigend sei das, sagen die Menschen und manche fügen hinzu, das mache ihnen Angst. In Brasilien sind die Folgen des Klimawandels täglich spürbar. Die Regierung will deshalb massiv erneuerbare Energien ausbauen, setzt vor allem auf Wasserstoff, Solar und Biomasse. Firmen aus Mecklenburg-Vorpommern haben Know-How, das die brasilianischen Partner interessiert.
Biogasanlagen made in Vorpommern - Win-Win in Toledo
Einer, der schon viel Erfahrung in Brasilien hat, ist Dietrich Lehmann, der Chef der mele-Gruppe aus Torgelow, deren Geschäft die Konzeption und die Realisierung von Biogasanlagen ist. Vor zwölf Jahren war der Unternehmer das erste Mal in Brasilien. Als Teilnehmer einer Reise des Unternehmensverbands bereiste er auch den Süden. Dort gibt es viele Familien, die Schweine züchten und mästen - und ein großes Problem haben: Wohin mit der Gülle, die massenweise anfällt und für deren Entsorgung es keine Lösung gibt? So entstand über Jahre die Idee, Biogasanlagen zu bauen und die Gülle energetisch zu nutzen. Brasilianische Partner erkannten das Potenzial und schlugen ein: In dieser Woche gibt es den Spatenstich für die erste große Anlage in Toledo. Weitere sind in Planung, ein ganzes Netzwerk soll in der Region entstehen. Lehmann hat mittlerweile ein eigenes Projektbüro in Brasilien gegründet - fast 10.000 Kilometer vom Firmensitz in Vorpommern entfernt. "Eine Reise wie diese mit der Ministerpäsidentin, die ja momentan auch noch als Bundesratspräsidentin amtiert, kann wirklich Türen öffnen", sagt Lehmann. Gerade in Brasilien zähle der große Auftritt, so könne man mehr Aufmerksamkeit bekommen und Gesprächspartner finden, die man alleine als Unternehmer nicht erreichen könne.
Diese Reise ist auch organisatorisch eine Herausforderung
Eine Reise in der Größe und mit einem so ausgefeilten Programm in einer Woche zu schaffen, darauf sind auch die Organsisationsprofis von Bundesrat und der Deutschen Botschaft fast ein bisschen stolz, das spürt man am Rande in Gesprächen immer wieder. Nach den ersten gemeinsamen Tagen in Brasilia teilt sich die Reisegruppe sternförmig auf: Einige fliegen in den Norden und besuchen Pecem, wo Milliardeninvestitionen in den Bau eines großen Wasserstoffhafens fließen sollen. Andere führen Gespräche in São Paulo, dem wirtschaftlichen Zentrum von Brasilien. Schwesig reist mit der politischen Delegation in den Bundestaat Paraná, mit dem Mecklenburg-Vorpommern seit Jahren eine Partnerschaft unterhält. Insgesamt reist die Ministerpräsidentin - oder präziser gesagt natürlich die Bundesratspräsidentin - mit einer 75-köpfigen Delegation, darunter 48 Unternehmer und Repräsentanten unterschiedlichster Branchen aus dem Nordosten.
Vorpommern und Brasilien - eine besondere Geschichte
Besonders intensiv, auch das wird in Gespräche mit Unternehmern aus der Delegation immer wieder klar, sind die Kontakte in die Städte Blumenau und Pomerode. Gerade im Süden Brasiliens gibt es Landstriche, in denen ein Großteil der Bevölkerung deutsche Wurzeln hat und diese pflegt: Sie tragen nicht nur deutsche Namen, man spricht Deutsch auch im Alltag und pflegt deutsches Brauchtum. Viele Familien haben pommersche Wurzeln, denn vor genau 200 Jahren begann von dort aus ein große Auswanderungswelle nach Brasilien. Vorpommern-Greifswalds Landrat Michael Sack (CDU) ist Teil der Delegation, die diese Orte besucht. Er möchte in diesen Tagen einen Kooperationsvertrag zwischen seinem Landkreis und der Stadt Blumenau unterzeichnen. "Mir schwebt vor, dass wir die Zusammenarbeit intensivieren", so Sack. Zum Beispiel zwischen den Unis Greifswald und Blumenau in der Deutschlehrer-Ausbildung." Und warum solle es nicht auch auf der Ebene der Verwaltung einen deutsch-brasilianischen Austausch geben, um von einander zu lernen.