Bibliotheken in MV werben für die Sonntagsöffnung
Durch Corona, Inflation und Energiekrise haben auch die Bibliotheken Sorgen, neue Angebote sollen neue Nutzer bringen. Der Deutsche-Bibliotheksverband fordert finanzielle Unterstützung und die Sonntagsöffnung.
Bibliotheken haben sich längst von reinen Bücher-Ausleihen zu lebendigen Lern- und Begegnungsorten entwickelt - so zumindest sehen es die Bibliotheken selbst. In Mecklenburg-Vorpommern gibt es regelmäßig Lesungen, Vorträge und Informations- und Kulturveranstaltungen für Erwachsene und Vorlesestunden und Bildungsangebote für Kinder. Bibliotheken arbeiten mit Schulen zusammen, tragen zur Leseförderung und Stärkung von Medien- und Informationskompetenz bei. Jedes Jahr am Tag der Bibliotheken öffnen viele Häuser ihre Türen: Auch in diesem Jahr gibt es Lesungen, Ausstellungen, Führungen und verschiedene Mitmach-Aktionen - unter anderem in Rostock, Schwerin, Stavenhagen, Wismar, Gadebusch, Graal-Müritz, Wustrow, Neukloster, Grevesmühlen, Rehna und Teterow.
Doch öffentliche und wissenschaftliche Bibliotheken haben aktuell auch mit den Auswirkungen von Corona, Inflation und Energiekrise zu kämpfen, sagt die Rostockerin Antje Theise. Sie ist Vorstandsmitglied im Deutschen Bibliotheksverband. Der Aktionstag solle deutlich machen, dass gerade auch kleinere Bibliotheken wichtige Kulturorte sind, die es zu schützen gilt.
Am Sonntag in die Bibliothek?
Ein seit Jahren kontrovers diskutiertes Thema flammt derzeit wieder auf: die Sonntagsöffnung der Bibliotheken. Sonntags hätten viele Menschen die Zeit, eine Bibliothek in ihrem Ort zu besuchen, sagt Antje Theise. Seit Jahren würden sich die Bibliotheken für eine Sonntagsöffnung einsetzten. Das Bundesarbeitszeitgesetz aber verbietet die Öffnung der Bibliotheken mit Personal nach wie vor. Der Deutsche Bibliotheksverband fordert aktuell eine Ausnahmeregelung, so wie es sie beispielsweise bereits für Theater, Museen, Schwimmbäder und Kinos gibt. Mehr als 700 Bibliotheksleitungen haben laut Bibliotheksverband einen offenen Brief an die Bundesregierung unterschrieben. Bei einer Öffnung an Sonntagen müsse aber auch beachtet werden, dass genug Personal vorhanden und eine entsprechende Finanzierung gegeben ist, heißt es weiter.
Gewerkschaft sieht Sonntagsöffnung kritisch
Die Gewerkschaft ver.di steht nach eigenen Angaben den Sonntagsöffnungen kritisch gegenüber. Zum einen sei strittig, ob sie einen Vorteil für die Nutzerinnen und Nutzer bringen. Zum anderen bedeuten sie mehr Arbeitszeit und gesundheitliche Belastung für die Beschäftigten. Eine mögliche Lösung: die sogenannte "Open Libary", wie es sie in anderen Bundesländern bereits gibt: Bibliotheken öffnen sonntags, allerdings ohne Fachpersonal. Besucherinnen und Besucher können die Räume und Online-Angebote nutzen sowie selbstständig Medien ausleihen. Wann und ob die Bibliotheken in Mecklenburg-Vorpommern so oder in anderer Form sonntags öffnen, ist nicht klar.
Online-Angebot wird ausgebaut
Die Möglichkeit online auf Bücher und andere Medien der Bibliotheken zuzugreifen, gibt es an vielen Standorten in Mecklenburg-Vorpommern bereits. Im Nordosten bieten 43 Bibliotheken die sogenannte "Onleihe" an. Im Jahr 2022 wurden etwa 700.000 Medien von 20.000 Nutzerinnen und Nutzern ausgeliehen. Im vergangenen Jahr wurde rund ein Fünftel aller Medien online ausgeliehen. In der Corona-Zeit war es sogar knapp ein Viertel aller Medien. "Die Onleihe wird gut angenommen", sagt auch die Leiterin der Zentral- und Stadtteilbibliotheken, Katharina Bonke. Alleine in Rostock nutzen rund 6.800 Menschen das Angebot. Der Deutsche Bibliotheksverband fordert eine gesetzliche Reglung zum Verleih von E-Books. Bürgerinnen und Bürger müssten Zugang zu aktuellen Informationen und zeitgemäßen Medien haben, unabhängig von ihren finanziellen Möglichkeiten. Das geht aus dem Bericht "Bibliotheken MV" hervor.
Preis für die Bibliothek des Jahres
Im Rahmen des Tages der Bibliotheken 2023 wird auch der Preis "Bibliothek des Jahres" und der Preis "Bibliothek des Jahres in kleinen Kommunen" verliehen. Im vergangenen Jahr wurde die Uwe-Johnson-Bibliothek in Güstrow damit ausgezeichnet - als erste Bibliothek in Mecklenburg-Vorpommern. Für Bibliotheken sei es wichtig, Initiative zu zeigen und auf sich aufmerksam zu machen, so Antje Theise. Der Personalmangel an vielen Standorten mache das jedoch sehr schwierig. Theise hofft auf mehr finanzielle Unterstützung. Da die wissenschaftlichen Bibliotheken an die Etats der Universitäten gebunden sind und damit nicht so einfach mehr Geld bekommen können, werde auch hier wegen steigender Kosten regelmäßig gespart. Das bedeutet, dass einige Bücher, aber auch Datenbanken für die Nutzerinnen und Nutzer nicht verfügbar sind.
Bibliotheksvertreter bei der Kulturkonferenz
Seit Anfang des Jahres ist Theise Geschäftsführende Vorsitzende des Landesverbandes Mecklenburg-Vorpommern im Deutschen Bibliotheksverband. Die Bibliotheken verändern sich, werden immer mehr zum Begegnungsort, sagt sie. Das sei auch der Grund, warum erstmals Vertreterinnen und Vertreter der Bibliotheken bei der Kulturkonferenz vertreten sein werden - vielleicht, weil Bibliotheken auch stärker als kulturelle Einrichtung wahrgenommen werden, so Theise. Für 2025 ist zudem eine "Nacht der Bibliotheken" in Mecklenburg -Vorpommern geplant, bei der kleine und große Bibliotheken für Interessierte öffnen und auf Ihre Arbeit aufmerksam machen.
