Bedrohter Gast in MV: Die Brandseeschwalbe
Der Küstenvogel ist in Deutschland vom Aussterben bedroht. Auch in Mecklenburg-Vorpommern hat die Brandseeschwalbe einige Herausforderungen zu meistern. Hier brütet und zieht sie ihre Jungen auf.
Die Brandseeschwalbe gehört in Deutschland und auch in Mecklenburg-Vorpommern zu den vom Aussterben bedrohten Arten. Entlang der Ostsee hat sie einige Herausforderungen zu meistern, denn hier brütet die Brandseeschwalbe ihre Jungen aus und zieht sie auf.
Vogelgrippe tötet viele Seevögel
Überall stapeln sich Fachbücher und Magazine über Seevögel im Büro von Christof Herrmann. Der Diplombiologe arbeitet im Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie in Güstrow. Er leitet auch die Arbeitsgemeinschaft Küstenvogelschutz Mecklenburg-Vorpommern. Seit fast 20 Jahren befasst sich Christof Herrmann mit der Brandseeschwalbe. Gerade wertet er Daten für den Jahresbericht aus und blickt dabei traurig auf den vergangenen Sommer zurück. "Konkret geht es um rund 230 Vogelpaare, die auf Langenwerder vor Poel gebrütet haben. Wir schätzen, dass dort etwa 30 Prozent der erwachsenen Vögel an Vogelgrippe gestorben sind. Erstmalig haben wir jetzt Ausbrüche im Sommerhalbjahr und zwar in Brutkolonien von Seevögeln, die sehr dicht beieinander brüten." Dazu gehört auch die Brandseeschwalbe.
Vogelexperte hofft auf diese Brutsaison
Europaweit sind im vergangenen Jahr mehr als 20.000 Brandseeschwalben tot aufgefunden wurden. Das sind 17 Prozent der nordwesteuropäischen Population. Christof Herrmann verweist auf aktuelle Zahlen. Auch der Naturschutzverein Jordsand möchte auf diese neue Dimension aufmerksam machen und hat deshalb die Brandseeschwalbe zum Seevogel des Jahres ernannt. Welche Folgen das vergangene Massensterben für die vom Aussterben bedrohte Art hat, ist offen. "Seeschwalben werden bis zu 30 Jahre alt. Wenn da natürlich die Altvögel, die die Reproduktion tragen, wegfallen, dann ist das schon ein Faktor, der die Population insgesamt schon beeinflusst. Aber das hängt natürlich auch davon ab, ob wir die nächsten großen Ausbrüche in den Brutkolonien haben oder ob es letztes Jahr ein singuläres Ereignis war." Christof Herrmann betont auch, dass Epidemien in der Tierwelt immer wieder vorkommen und zu Bestandsschwankungen führen. Normalerweise sterben Arten dadurch aber nicht aus.
Brandseeschwalben sind Überlebenskünstler
Vogelschützer und Wissenschaftler beringen jedes Jahr Brandseeschwalben, um wichtige Daten sammeln zu können. In Mecklenburg-Vorpommern wurden auch schon brütende Tiere gesichtet, die in Großbritannien, Dänemark oder in der Ukraine geschlüpft sind. "Ein lokaler Verlust auf Langenwerder kann also durch Zuwanderung wieder ausgeglichen werden." Darauf setzt Christof Herrmann in diesem Jahr.
Brandseeschwalben brüten immer bei Lachmöwen
Brandseeschwalben legen ab Ende April ihre Eier ab. Ende Mai schlüpft der erste Nachwuchs. Die Art brütet immer da, wo auch Lachmöwen sind, so wie auf Langenwerder. Christof Herrmann vermutet, dass Lachmöwen eine wertvolle Schutzaufgabe erfüllen. "Mehrere tausend brütende Lachmöwen wirken auf Greifvögel. Da ist ein unglaubliches Verteidigungspotential vorhanden." Im August und September ziehen die erwachsenen Brandseeschwalben mit ihren Jungtieren dann die Küste entlang, bis sie schließlich im Herbst in ihr Winterquartier aufbrechen. Das befindet sich entlang der westafrikanischen Küste und reicht bis nach Südafrika.
Auf der Heuwiese fing alles an
Die Brandseeschwalbe ist ein ausgesprochener Küstenvogel, der in Nord- und Ostsee vorkommt. Nur selten sind die Vögel im Binnenland anzutreffen. Sie siedeln sich da an, wo sie beste Brutbedingungen haben. Früher war das auf der Heuwiese der Fall, einer kleinen unbewohnten Insel westlich von Rügen. Dort wurde 1957 landesweit die erste Brutkolonie gesichtet, erzählt Christof Herrmann. "Damals hatten wir auf der Heuwiese eine riesige Lachmöwenkolonie. Aber sie verschwand und somit auch die Brandseeschwalbe." Seit 1962 brüten beide Seevögel auf Langenwerder, zwischendurch auch auf der kleinen Insel Walfisch in der Wismarbucht und auf der Insel Kirr. Doch hier gab es in der Vergangenheit viele Füchse, die die Lachmöwen und Brandseeschwalben vertrieben haben.
Fressfeinde werden bejagt
Noch gibt es eine kleine Population auf der Barther Oie mit elf Brutpaaren im vergangenen Jahr und eben die größte Kolonie auf Langenwerder. Jedes Frühjahr werden dort Füchse erlegt, damit sie keine Brandseeschwalben fressen. Und es wird ein Elektrozaun aufgestellt, der verhindern soll, dass neue Füchse auf die Vogelschutzinsel kommen. Auch Menschen, etwa Badegäste, dürfen Langenwerder nicht betreten. Christof Herrmann hofft, dass dort in diesem Sommer möglichst viele Brandseeschwalben schlüpfen werden und von der Vogelgrippe verschont bleiben.