Apotheker: Neue Preisordnung für Medikamente war "überfällig"
Die Apothekerkammer Mecklenburg-Vorpommern begrüßt die Vorschläge von Bundesgesundheitsminister Lauterbach zur Entspannung auf dem Medikamenten-Markt. Sie seien "höchst überfällig".
Die Vorschläge von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbauch (SPD) zur Abfederung des Mangels auf den Medikamenten-Markt sind bei den Apothekerinnen und Apothekern als "höchst überfällig" begrüßt worden. Lockerungen bei den Rabattverträgen und den Festpreisen könnten dazu führen, "dass die Produktion wieder nach hier geht und hier wieder verkauft wird", sagte Geschäftsführer der Apothekerkammer MV, Bernd Stahlhacke, NDR MV Live.
Mangel nicht sofort zu beheben
"Es ist höchste Zeit, dass an diesem System etwas angepasst wird", sagte Stahlhacke. Das bisherige System habe dazu geführt, dass die Preise ständig gesunken seien, obwohl überall die Herstellungskosten gestiegen sind. Einige Hersteller würden deshalb gar nicht mehr produzieren oder ihre Produkte dort verkaufen, wo sie bessere Preise erzielen. "In der nahen Zukunft wird diese neue Regelung nicht dafür sorgen, dass wir den Mangel sofort von heute auf morgen beheben werden", dämpfte Stahlhacke die Hoffnung auf eine schnelle Entspannung am Medikamenten-Markt: "Aber für die Zukunft erhoffen wir uns, dass es für Industrie und Hersteller wieder interessanter wird, in Europa oder in Deutschland zu produzieren und auch hier zu vertreiben."
Linke kritisiert Lauterbach
Aus der Landtagsfraktion der Linken im Landtag Mecklenburg-Vorpommerns kam scharfe Kritik an Lauterbachs Plänen: "Um die Versorgungsengpässe mit Kinderarzneimitteln zu beseitigen, will der Bundesgesundheitsminister die Kassen künftig deutlich mehr dafür bezahlen lassen", so der Abgeordnete Torsten Koplin, "allein die Profit-Maschinerie für die Pharmakonzerne anzuheizen, ist der falsche Anreiz, der letztlich zu Lasten aller Versicherten geht".
Kassen zahlen für teure Ersatz-Arznei
Lauterbach (SPD) will in der aktuellen Infektionswelle schnell gegen die Engpässe bei Kinderarzneimitteln vorgehen. Den Herstellern sollen durch die Änderungen in Deutschland für einige Medikamente höhere Preise geboten werden, wodurch der Anreiz steigt, sie auch in Deutschland zu verkaufen. Derzeit sind bestimmte Arzneien in den europäischen Nachbarländern durchaus vorhanden - allerdings zu höheren Preisen. Auch sollen die Krankenkassen die Kosten für teurere Ausweichmedikamente übernehmen, erklärte Lauterbach am Dienstag in Berlin. Längerfristig will er dafür sorgen, dass die Preisvorschriften für Kinderarzneien gelockert werden, wieder Medikamente von europäischen Herstellern ins Spiel kommen und Vorräte der preisgünstigsten Arzneien angelegt werden. Kurzfristig dürfen die Apotheken nach Lauterbachs Plänen nun wirkstoffgleiche, teurere Arzneimittel abgeben, wenn das günstigste Medikament nicht vorrätig ist oder aus Pillen Säfte machen. Die Mehrkosten werden von den Krankenkassen übernommen. Die Lieferengpässe betreffen vor allem patentfreie Medikamente, die sogenannten Generika. Neben Kinderarzneimitteln wie Fieber- und Hustensäfte sind auch einige Krebsmedikamente und Antibiotika derzeit knapp.
Produktion in Billiglohnländern
Ein Grund ist, dass die Krankenkassen mit den günstigsten Herstellern Verträge schließen müssen und die Apotheken dann nur diese Arzneimittel abgeben dürfen. Eine Folge ist, dass die Produktion in Billiglohnländern konzentriert wurde und die Zahl der Anbieter gesunken ist. Bei künftigen Ausschreibungen sollen den Plänen zufolge deshalb auch wieder Hersteller berücksichtigt werden, die Krebsmedikamente und Antibiotika in Europa produzieren.