Amtsgericht Rostock: Prozess gegen "Trauerschwindler" verschoben
Der verurteilte "Trauerschwindler" Enrico B. muss sich erneut vor Gericht verantworten. Trotz einer früheren Haftstrafe blieb er bisher auf freiem Fuß. Der für Mittwoch angesetzte Prozess wurde auf den 2. September verschoben.
Als Enrico B. den Gerichtssaal im Mai dieses Jahres betritt, klicken etliche Kameras. Journalisten aus ganz Deutschland sind nach Rostock gereist, um beim Prozess gegen den ehemaligen Bestatter dabei zu sein. Wegen Betruges an mehreren Frauen muss sich der damals 49-jährige Enrico B. aus dem Landkreis Rostock vor dem Amtsgericht verantworten.Am Ende lautet das Urteil: Drei Jahre und zehn Monate Haft. B. habe aus Sicht des Gerichts die emotionale Notlage von Frauen ausgenutzt und sie um hohe Geldbeträge betrogen.
Fälle in der ARD Dokumentation "Der Trauerschwindler"
Wie die Richterin damals in ihrer Urteilsbegründung erklärte, hätten ihm die Frauen finanziell geholfen und seien letztendlich auf insgesamt fast 200.000 Euro sitzen geblieben. Einige der Fälle waren aus der ARD Dokumentation "Der Trauerschwindler" bekannt. Frauen, die Enrico B. angezeigt haben, kommen darin zu Wort. Er habe nie den Vorsatz gehabt, die Frauen zu betrügen, hatte der Bestatter damals über seinen Anwalt erklären lassen.
Bestatter bis heute auf freiem Fuß
Bis heute musste der Verurteilte seine Haftstrafe nicht antreten, sondern ist weiter auf freiem Fuß. Die Staatsanwaltschaft Rostock hatte gegen das Urteil vor einem Jahr Berufung eingelegt und es läuft jetzt noch ein entsprechendes Verfahren am Landgericht Rostock. Der Termin für die Berufungsverhandlung ist am 20. November, wie der NDR aus Justizkreisen erfuhr.
Erneuter Prozess - "in besonders schwerem Fall"
Der für Mittwoch angesetzte Prozess wurde auf Anfang September verschoben. Er muss sich aber wegen anderer Betrugsvorwürfe verantworten - "in besonders schwerem Fall", wie eine Sprecherin des Amtsgerichts auf NDR Anfrage mitteilte. Es geht demnach um insgesamt neun Delikte, aus der Zeit von Februar 2020 bis März 2022. So soll der Deutsche in zwei Fällen Aufträge an Handwerksfirmen vergeben haben und nie vorgehabt haben, sie zu bezahlen. Vier Taten stehen in Zusammenhang mit dem Haus eines Ehepaares, dass Enrico B. über Mittelsmänner gekauft aber nicht bezahlt haben soll. Und in drei Fällen soll er private Darlehen nicht zurückgezahlt haben. Der Schaden insgesamt betrage etwa 106.000 Euro, heißt es vom Gericht.
Bestatter in Rostock, Plau am See und Teterow
An der Seite des Angeklagten werden diesmal andere Verteidiger sitzen als noch vor einem Jahr. B.s damaliger Rechtsbeistand arbeitet inzwischen nicht mehr für ihn. Er habe schon länger keinen Kontakt mehr zu B. und überlege auch, das Mandat für das Berufungsverfahren im November 2024 am Landgericht ganz niederzulegen, sagte er dem NDR. Wohl auch ein Grund: dass B. die Anwalts-Rechnungen zuletzt nicht zahlte. Wie vor einem Jahr werden wieder einige Frauen als Zeugen aussagen. Frauen, die Enrico B. aus seiner Zeit als Bestatter in Rostock, Plau am See und Teterow kennen.
Vier Verhandlungstage im Amtsgericht Rostock
Im neuen Verfahren sind Freiheitsstrafen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren Haft möglich, heißt es von der Staatsanwaltschaft. Allerdings liegt die Strafgewalt des Amtsgerichts bei maximal vier Jahren Freiheitsstrafe. Wenn das Gericht feststellt, dass eine höhere Strafe in Betracht kommen könnte, würde das Verfahren an das Landgericht gehen. Angesetzt sind vier Verhandlungstage vor dem Schöffengericht.
Weitere Ermittlungen gegen Enrico B.
Und: Gegen Enrico B. laufen derzeit auch noch weitere Ermittlungen der Polizei. In einem Fall auch wegen mutmaßlichem Betrug. Einem Rentner aus Rostock und dessen früherem Geschäftspartner soll er ein Bestattungsunternehmen abgekauft, aber von dem geforderten Kaufpreis von 420.000, nicht alles bezahlt haben. Zudem soll auch noch Enrico B's erwachsene Tochter ohne das Wissen der Rentner als Geschäftsführerin für die Firma eingesetzt worden sein. Wie der NDR aus Ermittlerkreisen erfuhr, geht es in einem anderen Fall um einige, wohl nicht bestattete Urnen, die die Polizei bei Durchsuchungen von Enrico B's Räumlichkeiten gefunden hat.